deen

Aktuelles

Vorlage des BGH an den EuG: Gilt die Fluggastrechteverordnung auch für Flüge aus der Schweiz in Drittstaaten?

Beschluss des BGH vom 9. April 2013 - X ZR 105/12
Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat dem Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Union (EuG) mit Be­schluss vom 09.04.2013 die Frage vor­ge­legt, ob die eu­ropäische Ver­ord­nung über Flug­gast­rechte auch für Flüge mit Start in der Schweiz und Ziel in einem Staat außer­halb der Eu­ropäischen Union an­wend­bar ist.
Im Aus­gangs­fall ver­langt die Kläge­rin von der Be­klag­ten auf­grund der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung eine Aus­gleichs­zah­lung in Höhe von 600 € we­gen ei­nes verspäte­ten Flu­ges.
Die Kläge­rin buchte bei der Swiss In­ter­na­tio­nal Air Lines AG einen Flug von Frank­furt am Main nach Zürich und einen di­rek­ten An­schluss­flug von Zürich nach Yaundé in Ka­me­run mit einem Zwi­schen­stopp in Duala. Der Flug von Frank­furt am Main nach Zürich er­folgte planmäßig. Der Ab­flug des An­schluss­flugs in Zürich verzögerte sich um 6 Stun­den und 10 Mi­nu­ten. Die­ser Flug en­dete tatsäch­lich in Duala. Die Kläge­rin wurde so­dann mit dem Bus von Duala nach Yaundé befördert und er­reichte die­ses Ziel am Abend des Fol­ge­tags mit ei­ner Verspätung von mehr als 20 Stun­den.
Das Amts­ge­richt hat die in­ter­na­tio­nale Zuständig­keit deut­scher Ge­richte ver­neint und die Klage als un­zulässig ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin hat das Land­ge­richt die Klage vor deut­schen Ge­rich­ten zwar für zulässig, in der Sa­che aber für un­begründet er­ach­tet. Ein Flug­gast könne einen An­spruch auf Aus­gleichs­zah­lung auch dann bei den für den ers­ten Ab­flug­ort (hier Frank­furt am Main) zuständi­gen Ge­rich­ten ein­kla­gen, wenn sich die Flug­verspätung erst im Rah­men ei­nes An­schluss­flu­ges an einem an­de­ren Ort er­eig­net habe. Der Kläge­rin stehe der gel­tend ge­machte Aus­gleichs­an­spruch je­doch nicht zu, weil die Verspätung erst bei dem An­schluss­flug ein­ge­tre­ten sei und die­ser nicht in einem Mit­glied­staat der Eu­ropäischen Union be­gon­nen habe.
Der für das Reise- und Per­so­nen­beförde­rungs­recht zuständige X. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat die Auf­fas­sung des Land­ge­richts zur in­ter­na­tio­na­len Zuständig­keit bestätigt. Er ist dem Land­ge­richt auch darin bei­ge­tre­ten, dass der Kläge­rin nur dann ein An­spruch zu­steht, wenn die Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung auch auf den Flug von Zürich nach Yaundé an­wend­bar ist. Er hält die An­wend­bar­keit der Ver­ord­nung auf sol­che Flüge je­doch für möglich, weil diese nach dem Wort­laut des Luft­ver­kehrs­ab­kom­mens zwi­schen der Schweiz und der Eu­ropäischen Union seit De­zem­ber 2006 auch für die Schweiz an­zu­wen­den ist. Ein Schwei­zer Ge­richt hat je­doch ent­schie­den, die Ver­ord­nung sei auf­grund des Ab­kom­mens nur auf Flüge an­zu­wen­den, die zwi­schen der Schweiz und einem Mit­glieds­staat der Eu­ropäischen Union oder um­ge­kehrt ver­lau­fen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat des­halb die Frage, ob die Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung auch auf Flüge von der Schweiz in einen Dritt­staat an­zu­wen­den ist, dem für die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts zuständi­gen Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Union vor­ge­legt.
Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BGH Nr. 59/2013 vom 09.03.2013
10.04.2013 nach oben

Das könnte Sie auch interessieren

EU-Kom­mis­sion muss har­mo­ni­sierte eu­ropäische Nor­men (EN) kos­ten­los zugäng­lich ma­chen

Pau­ken­schlag aus Lu­xem­burg: Der EuGH hat mit Ur­teil vom 05.03.2024 (Az. C-588/21 P) ent­schie­den, dass eine von der EU-Kom­mis­sion zur Durchführung von Har­mo­ni­sie­rungs­rechts­vor­schrif­ten in Auf­trag ge­ge­bene tech­ni­sche Norm Teil des Uni­ons­rechts ist und da­mit für jede natürli­che und ju­ris­ti­sche Per­son in der EU frei und un­ent­gelt­lich zugäng­lich sein muss.  ...lesen Sie mehr


12. Sank­ti­ons­pa­ket ge­gen Russ­land: Die „No-Rus­sia-Clause“ in Lie­fer­verträgen

Als Re­ak­tion auf den rus­si­schen An­griffs­krieg ge­gen die Ukraine hat die Eu­ropäische Union laut ei­ge­ner Aus­sage „mas­sive und bei­spiel­lose“ Sank­tio­nen ge­gen Russ­land verhängt. Im Rah­men von nun­mehr zwölf Sank­ti­ons­pa­ke­ten er­ließ die Eu­ropäische Union di­verse Ver­ord­nun­gen, die in im­mer kom­ple­xer wer­den­den Re­ge­lun­gen un­ter der Ver­wen­dung un­be­stimm­ter Rechts­be­griffe den Han­del zwi­schen insb. deut­schen Un­ter­neh­men und Russ­land um­fas­send ein­schränken. Deut­sche Un­ter­neh­men wer­den im­mer wie­der mit der Her­aus­for­de­rung kon­fron­tiert, diese Re­ge­lun­gen zu durch­drin­gen und kor­rekt an­zu­wen­den - zu­letzt auch in Be­zug auf die so­ge­nannte „No-Rus­sia-Clause“.  ...lesen Sie mehr


Der Grüne Punkt: Kol­lek­tiv­bild­marke zu Un­recht für ver­fal­len erklärt

Das EU­IPO hat zu Un­recht die Kol­lek­tiv­bild­marke "Der Grüne Punkt" für ver­fal­len erklärt. Eine Kol­lek­tiv­marke, die ein Sys­tem zur Samm­lung von Ver­pa­ckungs­abfällen be­trifft und auf der Ver­pa­ckung von Wa­ren an­ge­bracht ist, kann durch­aus auch für die ver­pack­ten Wa­ren "ernst­haft be­nutzt" wer­den.  ...lesen Sie mehr


Zu Aus­gleichs­zah­lun­gen nach der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung

Aus­gleichs­zah­lun­gen nach der Flugast­rech­te­ver­ord­nung die­nen nicht nur dem pau­scha­lier­ten Er­satz im­ma­te­ri­el­ler Schäden, son­dern sol­len es dem Flug­gast ermögli­chen, auch Er­satz sei­ner ma­te­ri­el­len Schäden zu er­lan­gen, ohne im Ein­zel­nen aufwändig de­ren Höhe dar­le­gen und be­wei­sen zu müssen. Die­nen gel­tend ge­machte rei­se­recht­li­che Er­satz­an­sprüche oder auf Ver­let­zung des Beförde­rungs­ver­trags gestützte An­sprüche (nach dem bis zum 30.6.2018 gel­ten­den Rei­se­recht) dem Aus­gleich der­sel­ben dem Rei­sen­den durch die verspätete Luft­beförde­rung ent­stan­de­nen Schäden wie be­reits zu­vor er­brachte Aus­gleichs­zah­lun­gen, ist eine An­rech­nung ge­bo­ten.  ...lesen Sie mehr


Ver­falls­ent­schei­dung bei nur in einem EU-Staat gebräuch­li­cher Mar­ken­be­zeich­nung

Das EuG hat die Ent­schei­dung des EU­IPO auf­ge­ho­ben, mit der die Rechte der In­ha­be­rin der Uni­ons­marke SPIN­NING für ver­fal­len erklärt wur­den. Eine Ver­falls­ent­schei­dung kann auch dann er­ge­hen, wenn eine Marke nur in einem ein­zi­gen Mit­glied­staat zur gebräuch­li­chen Be­zeich­nung ge­wor­den ist. Im vor­lie­gen­den Fall hätte das EU­IPO al­ler­dings die zen­trale Rolle der pro­fes­sio­nel­len Be­trei­ber auf dem Markt für Fit­ness­geräte und Fit­ness­trai­ning berück­sich­ti­gen müssen.  ...lesen Sie mehr