Gewinne sollen verstärkt dort versteuert werden, wo die wirtschaftliche Aktivität tatsächlich ausgeübt wird. Zu insgesamt 15 Themenbereichen, sog. Aktionspunkten, hat die OECD Schlüsselfragestellungen identifiziert.
Inzwischen haben sich 44 Staaten zum BEPS-Projekt bekannt, die für ca. 90% der Weltproduktion stehen. Neben den OECD-Staaten zählen auch wichtige Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien sowie Russland dazu. Zu sieben der insgesamt 15 Aktionspunkte hat die OECD bereits Berichte veröffentlicht, die von den beteiligten Staaten einstimmig angenommen wurden. Die weiteren Aktionspunkte sollen bis Ende 2015 mit Berichten und Empfehlungen abgeschlossen werden.
Für international agierende deutsche Unternehmen werden die angestrebte Einführung eines Country-by-Country Reporting, die Regelungen zu hybriden Steuergestaltungen sowie die zu erwartende Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs von besonderer praktischer Relevanz sein.
Mit dem Country-by-Country Reporting (CbCR) sollen die Finanzbehörden der einzelnen Länder deutlich mehr Informationen über die Geschäftsbeziehungen multinationaler Unternehmen in den einzelnen Ländern erhalten. Dabei geht es insbesondere um Daten zur Verteilung von Gewinnen, Steuern, Mitarbeitern und deren in den einzelnen Ländern ausgeübten Funktionen sowie der Kapital- und Vermögensausstattung. Die erforderlichen Informationen für das CbCR können in der Regel aus den existierenden Reporting-Prozessen des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe abgeleitet werden. Inwiefern die erforderlichen Daten tatsächlich verfügbar sind, sollten betroffene Unternehmen rechtzeitig prüfen. Zudem sollten die Daten mit der bestehenden Verrechnungspreis-Dokumentation abgeglichen werden, um Inkonsistenzen zu vermeiden.
Schon jetzt ist zu beobachten, dass einzelne BEPS-Themen in den Fokus des nationalen Gesetzgebers gerückt sind. Regelungen zu hybriden Steuergestaltungen zur Ausnutzung von (legalen) Steuervorteilen aus unterschiedlichen nationalen Steuervorschriften finden sich bereits in deutschen Steuervorschriften und sollen im laufenden Jahr noch detaillierter geregelt werden. Die OECD will die doppelte Nichtbesteuerung oder den doppelten Betriebsausgabenabzug in zwei Ländern verhindern, indem sie durch sog. linking rules die Besteuerung in einem Land von der steuerlichen Erfassung des Vorgangs im anderen Land abhängig macht. So soll der Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit einem hybriden Finanzierungsinstrument im Quellenstaat grundsätzlich nicht mehr möglich sein, wenn die korrespondierende Einnahme beim Zahlungsempfänger in dem anderen Staat steuerlich nicht erfasst wird. Das Erkennen und Dokumentieren dieser Fälle wird zu einem deutlichen Mehraufwand bei der Steuerberechnung und -deklaration führen.
Liegt eine Betriebsstätte in einem Land vor, hat dieses Land grundsätzlich das Recht, den in der Betriebsstätte erzielten Gewinn zu besteuern. Der Staat des Stammhauses stellt die Betriebsstättengewinne im Regelfall von der Besteuerung frei. So sehen es viele gängige Doppelbesteuerungsabkommen in Anlehnung an das OECD-Musterabkommen vor. Die OECD geht nun aber der Frage nach, wie eine künstliche Umgehung des Status „Betriebsstätte“ verhindert werden kann. In dem aktuell vorliegenden Diskussionsentwurf vom 31.10.2014 befürwortet die OECD eine Ausweitung der Betriebsstättendefinition. Ausnahmetatbestände sollen zudem verschärft werden. Sollte sich diese Auffassung unter den BEPS befürwortenden Staaten tatsächlich durchsetzen und konkret in den einzelnen DBA niederschlagen, würden Tätigkeiten im Ausland häufiger zu einer Betriebsstätte führen als bisher. Betroffen wären insbesondere Unternehmen, die ihre Geschäfte im Ausland durch einen unabhängigen Vertreter bzw. Kommissionsstrukturen ausüben.
Bei der konkreten Umsetzung der OECD-Vorgaben in nationales Recht besteht zudem noch die Gefahr, dass es dem nationalen Gesetzgeber in erster Linie um die Einmalbesteuerung im Inland geht oder sogar darum, neues Besteuerungssubstrat zu generieren. Den jüngsten Vorstoß hierzulande wagte der Bundesrat im Rahmen des sog. Jahressteuergesetzes 2015 mit dem Vorschlag eines Betriebsausgabenabzugsverbots, das dem Wortlaut nach deutlich über die Vorschläge der OECD hinausging. Zwar fand die Regelung (noch) keine Zustimmung der Bundesregierung. Die Diskussion im Gesetzgebungsprozess zeigt aber, dass das Thema BEPS bereits heute weit oben auf der Agenda im steuerpolitischen Berlin steht. Mit punktuellen Maßnahmen, die z. B. die Verlustberücksichtigung innerhalb eines Organkreises im Inland davon abhängig machen, dass sich der Verlust nicht auch im Ausland steuermindernd auswirkt, ist der deutsche Gesetzgeber bereits im Jahr 2013 im Sinne der OECD-Maßnahmen vorgeprescht - wenn auch noch nicht unter der offiziellen Bezeichnung BEPS. Angesichts der mit Hochdruck weiter geführten Verhandlungen auf internationaler Ebene ist in Kürze mit weiteren Maßnahmen zu rechnen.