In seinem Urteil vom 10.05.2023 (Az. V R 16/21, DStR 2023, S. 1654) führt der BFH zunächst aus, dass ein Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug aus Leistungen für Betriebsveranstaltungen berechtigt ist, wenn die bezogenen Leistungen nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Soll durch eine Betriebsveranstaltung das Betriebsklima durch eine gemeinsame Freizeitgestaltung verbessert werden - wie im Streitfall mit einer Weihnachtsfeier in Form eines Kochevents -, liege ein ausschließlicher Zusammenhang zum privaten Bedarf des Personals vor. Daraus resultiere grundsätzlich eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Entnahme.
Wie schon mit Urteil vom 09.12.2010 (Az. V R 17/10, BStBl. II 2012, S. 53) entschieden, ist der Unternehmer allerdings zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn eine Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine Aufmerksamkeit handelt. Ehemals wurde dazu die im Lohnsteuerrecht geltende 110 Euro-Freigrenze herangezogen, bei deren lohnsteuerlicher Prüfung laut Urteil des BFH vom 16.05.2013 (Az. VI R 94/10, BStBl. II 2015, S. 186) die Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung grundsätzlich unberücksichtigt blieben.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2015 gilt lohnsteuerlich für Betriebsveranstaltungen ein Freibetrag von 110 Euro, wobei explizit nun auch Kosten des äußeren Rahmens einzubeziehen sind (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG). Für Zwecke der Umsatzsteuer und die Beurteilung von Aufmerksamkeiten orientiert sich der BFH im vorliegenden Urteil zwar an dieser 110 Euro-Grenze, sieht darin aber auch ab dem Veranlagungszeitraum 2015 weiterhin eine Freigrenze von 110 Euro. Dies ergebe sich u. a. aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG. Dabei seien Kosten des äußeren Rahmens im Streitfall einzubeziehen, da andernfalls eine einheitliche Leistung künstlich aufgespaltet werde.
Hinweis: Die Finanzverwaltung geht laut BMF-Schreiben vom 14.10.2015 (BStBl. I 2015, S. 832, Tz. 7) ebenso davon aus, dass auch in den Veranlagungszeiträumen ab 2015 für die umsatzsteuerliche Beurteilung von Betriebsveranstaltungen unverändert eine Freigrenze von 110 Euro anzuwenden ist.