Hintergrund der Entscheidung
Laut Urteil des BFH vom 15.02.2023 (Az. XI R 24/22 (XI R 22/18), DStR 2023, S. 1531) ist der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen einer Führungsholding zu versagen, die nicht in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den Umsätzen Dritter (der Tochtergesellschaften) stehen und keinen Eingang in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze finden.
In dem Urteilsfall bezog eine Holdinggesellschaft Architekten- und Planungsleistungen, die sie jedoch nicht für ihre eigenen steuerpflichtigen Ausgangsleistungen verwendete, sondern in ihre Tochtergesellschaften als Gesellschafterbeitrag einlegte. Bei Direktbezug durch die jeweilige Tochtergesellschaft wäre der Vorsteuerabzug ausgeschlossen gewesen, weil die Leistungen auf Ebene der Tochtergesellschaft in steuerfreie Grundstücksumsätze eingingen. Neben den unentgeltlichen Gesellschafterbeiträgen erbrachte die Holding entgeltliche Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen an die Tochtergesellschaft.
Hinweis: Auf die EuGH-Entscheidung haben wir bereits im September 2022 mit einem Umsatzsteuer Impuls hingewiesen (vgl. Umsatzsteuer Impuls vom 15.09.2022). Die Gesellschafterbeiträge führten auf Ebene der Holding nicht zu einer Versteuerung als unentgeltliche Wertabgabe, da Gegenstand der Sachleistungen reine Dienstleistungen (Werkleistungen) und keine Einlage körperlicher Gegenstände bspw. in Form von Werklieferungen waren.
Was bedeutet das für Sie in der Praxis?
Grundsätzlich bestätigen EuGH und BFH die bisher aufgestellten Grundsätze zum Vorsteuerabzugsrecht einer Führungsholding. Ein Vorsteuerabzugsrecht aus Allgemeinaufwendungen ist grundsätzlich gegeben, da insoweit ein Bezug für die wirtschaftliche Tätigkeit und damit eine Berücksichtigung in den Kostenelementen der Holding unterstellt wird. Einschränkungen bestehen bspw. dann, wenn die Holding auch steuerfreie Umsätze (etwa im Zusammenhang mit Darlehensgewährungen) tätigt.
Allerdings ist nunmehr auch bei einer reinen Führungsholding ein Leistungsbezug für den außerunternehmerischen Bereich mit Beschränkungen beim Vorsteuerabzug denkbar, zumindest dann - wie dieser außergewöhnliche Fall gezeigt hat -, wenn die Leistungsbezüge unmittelbar für Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften bestimmt sind.
Hinweis: Generell sollten Holdinggesellschaften bei Leistungsbezug den Konnex zur eigenen unternehmerischen Tätigkeit - wie bisher - ausreichend dokumentieren. Hierbei gilt es fortan, den durch den EuGH aufgezeigten Rahmen zu beachten. Die Möglichkeit entgeltlicher Leistungserbringungen sollte geprüft und - soweit möglich - implementiert werden.
Unternehmen, die von der dem Urteil zugrundeliegenden (nicht alltäglichen) Gestaltungsoption Gebrauch gemacht haben, sollten mit einem steuerlichen Berater abstimmen, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Generell gilt, dass Holdinggesellschaften beim Bezug von Dienstleistungen ausreichend den Bezug für das eigene Unternehmen dokumentieren sollten.