Der Sachverhalt:
Der Kläger wollte sich mit der Montage von und dem Handel mit Bauelementen selbständig machen. Er beabsichtigte, eine Ein-Mann-GmbH zu gründen, die einen bestehenden Betrieb übernehmen sollte. Zur Klärung der Rentabilität seines Vorhabens holte er ein Existenzgründungsgutachten ein. Außerdem ließ er sich rechtlich und steuerlich beraten. Die Umsetzung seiner Pläne scheiterte schließlich daran, dass ihm die Banken die Finanzierung versagten; eine GmbH gründete er nicht.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt ist verpflichtet, der eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2008 gem. § 168 S. 2 AO zuzustimmen und gegenüber dem Kläger die Umsatzsteuer auf 1.387 € festzusetzen (§ 101 S. 1 FGO).
Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Diese Anforderungen waren vorliegend erfüllt. Seit dem EuGH-Urteil "Faxworld" vom 29.4.2004 (Rz.: C-137/02) ist geklärt, dass bereits eine Vorgründungsgesellschaft, die allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtet wurde, als vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmerin angesehen werden kann, wenn diese Eingangsleistungen für die später gegründete Kapitalgesellschaft bezieht und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte.
Auch nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer muss dem (späteren) Gesellschafter einer Ein-Mann-Kapitalgesellschaft in der Vorgründungsphase der Vorsteuerabzug für seine ersten Investitionsausgaben ebenso zustehen wie der Vorgründungsgesellschaft einer (Zwei-Mann-) Kapitalgesellschaft. Dieser Einschätzung stand nicht entgegen, dass der Kläger die GmbH tatsächlich nicht gegründet hatte. Schließlich spielte es keine Rolle, dass zu keinem Zeitpunkt umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt worden waren. Denn auch der umsatzlos gebliebene sog. "erfolglose Unternehmer" kann unter bestimmten Voraussetzungen für Leistungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung seiner beabsichtigten Unternehmertätigkeit den Vorsteuerabzug vornehmen.
Im vorliegenden Fall stand zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger ernsthaft die Absicht hatte, eine Ein-Mann-Kapitalgesellschaft zu gründen und mit dieser durch Montage von bzw. dem Handel mit Bauelementen umsatzsteuerpflichtige Umsätze zu erzielen. Objektive Anhaltspunkte für eine beabsichtigte unternehmerische Tätigkeit boten die bezogenen Eingangsleistungen, da diese als unternehmensbezogene Vorbereitungshandlungen anzusehen waren. Auch die öffentlichen Projektförderungszuschüssen, die der Kläger tatsächlich erhalten hatte, belegten die konkreten Absichten des Klägers, wirtschaftlich tätig zu werden.
Allerdings ist die Rechtsfrage, ob eine Einzelperson vor Gründung einer Ein-Mann-Kapitalgesellschaft vergleichbar einer Vorgründungsgesellschaft (als "Vorgründungseinzelunternehmer") zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann, höchstrichterlich - soweit ersichtlich - bisher noch ungeklärt. Deshalb wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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