Der Sachverhalt:
Der Kläger hat einen Weinbau-Betrieb, einen Gewerbebetrieb "Weinkommission" und erbringt landwirtschaftliche Dienstleistungen. Seine landwirtschaftlichen Umsätze versteuerte der Kläger gemäß § 24 UStG, die übrigen gem. § 20 UStG. Im Jahr 2006 hatte er sein Betriebsgebäude erweitert und ein gemischt genutztes Wohnhaus errichtet. Nach den Plänen befinden sich im Keller eine abgeschlossene Wohnung für Erntehelfer sowie Labor, Büro, Archiv und Räume für die "Weinkommission". Im Erdgeschoss befindet sich neben privaten Wohnräumen ein Empfangsraum. Im Obergeschoss sind neben weiteren privaten Wohnräumen zwei Ferienwohnungen untergebracht. Im Dezember 2008 waren Unter- und Erdgeschoss sowie die Wohnräume im Obergeschoss fertig gestellt, nicht aber die Ferienwohnungen.
Der Kläger ordnete das gesamte Gebäude seinem Unternehmen zu und beantragte in den Jahren des Leistungsbezugs den Vorsteuerabzug aus den Baukosten (für die selbst genutzte Wohnung unter Berufung auf die sog. Seeling-Rechtsprechung). Dem Weinbau-Betrieb ordnete er nach dem Flächenschlüssel einen nicht abzugsfähigen Vorsteueranteil von 11,51 % zu. In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2009 bis 2012 machte der Kläger keine Angaben zu Vorsteuerbeträgen, die nach § 15a UStG zu berichtigen wären. Diese Umsatzsteuerklärungen galten als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer landwirtschaftlichen Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass als Vermietungseinkünfte erklärte Mieteinnahmen die Wohnung für die Erntehelfer betrafen. Hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung des Kellergeschosses wurde Einigung darüber erzielt, dass dieses hälftig dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem Gewerbebetrieb zuzuordnen sei; dies führte zur Neuberechnung der Flächenanteile. Die beiden Ferienwohnungen seien 2015 noch im Rohbau gewesen. Der Prüfer meinte, dass die Voraussetzungen für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht vorlägen (§ 15a Abs. 11 UStG i.V.m. § 44 Abs. 2 UStDV).
das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Ansicht, dass bei Anwendung von § 15a Abs. 1 UStG und § 44 UStDV auf das (gesamte) "Wirtschaftsgut" und seine "erstmalige Verwendung" abzustellen sei. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Die Voraussetzungen der Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG zu Lasten des Klägers sind erfüllt. Die Bagatellgrenzen des § 15a Abs. 11 UStG i.V.m. § 44 Abs. 2 UStDV sind in Bezug auf das verwendete Berichtigungsobjekt möglicherweise überschritten. Zur Frage, ob bzw. in welchem Umfang diese Grenzen in den Streitjahren tatsächlich überschritten wurden, muss das FG allerdings weitere Feststellungen treffen.
Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG). Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Allerdings kann aus Vereinfachungsgründen (s. Überschrift zu § 44 UStDV: "Vereinfachungen bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs" und Verordnungsermächtigung in § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG) in bestimmten Fällen eine Berichtigung entfallen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut in einem Kalenderjahr die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse um weniger als zehn Prozentpunkte geändert haben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 UStDV). Das gilt wiederum nicht, wenn der Betrag, um den der Vorsteuerabzug für dieses Kalenderjahr zu berichtigen ist, 1.000 € übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 2 UStDV).
Diese nationalen Regelungen beruhen auf Art. 187 und 189 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL; zuvor Art. 20 Abs. 2 und Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--). Danach hat die Vorinstanz im Streitfall das Überschreiten der absoluten und das Erreichen der relativen Bagatellgrenze je Kalenderjahr rechtsfehlerhaft abgelehnt. Zwar lässt eine Auslegung nach dem Wortlaut gem. § 15a Abs. 1 UStG zu, das gesamte Gebäude als Bezugsobjekt der Prüfung heranzuziehen. Nach dem Zweck des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG ist normspezifisch jedoch auf das verwendete Berichtigungsobjekt abzustellen. Die in § 15a Abs. 1 UStG verwendeten Begriffe "Wirtschaftsgut" und "Grundstücke einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile" sind historisch bedingt ertragsteuerrechtlich bzw. zivilrechtlich geprägt.
"Wirtschaftsgut" i.S. des § 15a UStG und damit Berichtigungsobjekt ist bei einem in Abschnitten errichteten Gebäude der Teil, der entsprechend dem Baufortschritt in Verwendung genommen worden ist. Die in § 15a Abs. 1 UStG verwendeten Begriffe "Wirtschaftsgut" und "Grundstücke einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile" sind historisch bedingt ertragsteuerrechtlich bzw. zivilrechtlich geprägt.