Die Anordnung von Kurzarbeit ermöglicht das vorübergehende Absenken der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit unter entsprechender Reduzierung des Arbeitsentgelts bei anschließender Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitszeitumfang. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses bleibt hierbei unberührt. Es kommt aber temporär zu einer Suspendierung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und – korrespondierend dazu – zum Entfallen der Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers. Insbesondere Letzteres liefert bei richtiger Handhabung und formell ordnungsgemäßer Einführung der Kurzarbeit eine rechtssichere Grundlage für die vorübergehende unmittelbare Senkung der Personalkosten. Auch eine sog. „Kurzarbeit Null“, also die Reduzierung auf eine Arbeitszeit von null Stunden und ein Arbeitsentgelt von null Euro, ist grundsätzlich möglich.
Rechtsgrundlage
Da es sich bei der Arbeitspflicht und der Entgeltzahlungspflicht um die wesentlichen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag handelt, bedarf es zur Einführung der Kurzarbeit stets einer besonderen arbeitsrechtlichen Grundlage. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, Kurzarbeit einseitig anzuordnen. Vielmehr kommen als Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine Individualvereinbarung mit dem Arbeitnehmer in Betracht. Unabhängig davon, ob eine tarifvertragliche Regelung existiert oder nicht, unterliegt die Einführung der Kurzarbeit grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Da die Einführung von Kurzarbeit regelmäßig unter erheblichem Zeitdruck erfolgt, bietet sich eine möglichst frühzeitige Information des Betriebsrats an. Besteht im Unternehmen kein Betriebsrat, hängt die Einführung der Kurzarbeit allein von der Zustimmung der Arbeitnehmer ab.
Hinweis
Erfahrungsgemäß stimmen nur wenige Arbeitnehmer einer solchen Maßnahme zu. Es bietet sich daher an, die Einführung der Kurzarbeit von einer Mindestquote an Zustimmungen seitens der Arbeitnehmer (bspw. 95 Prozent) abhängig zu machen und die möglichen Folgen, insbesondere einen drohenden Personalabbau bei Nichterreichen dieser Mindestquote in Aussicht zu stellen.
Um nicht erst unmittelbar vor der Kurzarbeit die Zustimmung der Arbeitnehmer einholen zu müssen, kann es sinnvoll sein, bereits in den Arbeitsvertrag eine Klausel aufzunehmen, nach der dem Arbeitgeber die Anordnung von Kurzarbeit gestattet ist. Diese sog. Kurzarbeitsklauseln sind unter Zugrundelegung der BAG-Rechtsprechung zwar grundsätzlich zulässig, sie müssen aber bestimmte Anforderungen erfüllen.
Hinweis
Kurzarbeitsklauseln sollten insbesondere Ausführungen zum möglichen Umfang und zur möglichen Dauer der Kurzarbeit sowie eine ausreichend bemessene Ankündigungsfrist (mindestens drei Wochen) enthalten.
Fehlt es an einer Rechtsgrundlage, behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Arbeitsentgelt in voller Höhe, auch wenn der Arbeitgeber angeordnet hat, auf Grund von Kurzarbeit nicht zur Arbeit zu erscheinen. Der Arbeitgeber befindet sich bei fehlender oder unwirksamer Rechtsgrundlage dann nämlich im Annahmeverzug nach § 615 BGB.
Kurzarbeitergeld
Ist die Kurzarbeit arbeitsrechtlich wirksam eingeführt worden, kann den Arbeitnehmern bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen das sog. Kurzarbeitergeld aus der gesetzlichen Sozialversicherung zustehen. Dieses wird als finanzielle Unterstützungsleistung von der Bundesagentur für Arbeit (BA) gewährt. Das Kurzarbeitergeld soll die mit dem Entgeltausfall verbundenen Härten für die betroffenen Arbeitnehmer abmildern sowie zur Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse und der betrieblichen Verhältnisse beitragen.
Neben der Anzeige bei der BA sowie den betrieblichen (= Betrieb mit mindestens einem Arbeitnehmer) und persönlichen Voraussetzungen (= Arbeitnehmer geht sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nach) setzt ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld nach § 95 Satz 1 SGB III einen erheblichen Arbeits- und Entgeltausfall beim Arbeitnehmer voraus. Dieser liegt u. a. vor, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Gründe ist dabei weit auszulegen. Hierzu zählen etwa ein verminderter Auftragseingang oder sinkende Absatzmöglichkeiten.
Der Arbeitgeber muss der BA die Kurzarbeit anzeigen und den erheblichen Arbeits- und Entgeltausfall unter Erläuterung der wirtschaftlichen Gründe sowie die betrieblichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Dies geschieht typischerweise – sofern ein Betriebsrat besteht – durch Übersendung der Betriebsvereinbarung oder einer Stellungnahme des Betriebsrats sowie durch Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Situation, die zur Einführung der Kurzarbeit geführt hat. Die BA erlässt auf die Anzeige hin einen schriftlichen Bescheid darüber, ob ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind (sog. Anerkennungsbescheid). Danach hat der Arbeitgeber in einem zweiten Schritt für jeden betroffenen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld zu beantragen.
Hinweis
Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist innerhalb von drei Monaten nach dem Monat, für den die Leistung beantragt wird, zu stellen. Ansonsten verfällt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Der Antrag hat zudem die Berechnungen des jeweiligen Kurzarbeitergeldes zu enthalten.
Nachdem die BA durch einen weiteren Bescheid die jeweiligen Ansprüche auf Kurzarbeitergeld bestätigt hat (sog. Leistungsbescheid), überweist sie das Geld an den Arbeitgeber, der dieses dann an die Arbeitnehmer auszahlt. Durch das Kurzarbeitergeld wird nicht die volle Entgeltdifferenz, die durch die Kurzarbeit entsteht, ausgeglichen. Vielmehr beträgt das Kurzarbeitergeld für kinderlose Arbeitnehmer 60 Prozent und für Arbeitnehmer mit Kindern 67 Prozent der Netto-Vergütungsdifferenz zwischen dem pauschalierten Netto-Soll-Entgelt und dem Netto-Ist-Entgelt. Die pauschalierten Nettoentgelte ergeben sich aus der als Anlage 1 zur sog. Kurzarbeitergeld-Nettoentgelt-Verordnung 2019 beigefügten Tabelle. Das Kurzarbeitergeld wird zudem für maximal zwölf Monate gewährt.
Rechenbeispiel
Ein Arbeitnehmer (Steuerklasse I) erhält monatlich 4.000 Euro brutto, das pauschalierte Nettoentgelt beträgt laut Tabelle ca. 2.470 Euro (Netto-Soll-Entgelt). Wegen einer wirtschaftlichen Notlage führt der Arbeitgeber für die Monate Oktober bis Dezember 2019 (wirksam) Kurzarbeit ein, der ein Arbeitsausfall von 50 Prozent zugrunde liegt. Für die Monate Oktober bis Dezember 2020 soll der Arbeitnehmer also nur 2.000 Euro brutto erhalten, das pauschalierte Nettoentgelt beträgt ca. 1.410 Euro. Die Netto-Vergütungsdifferenz beträgt daher 1.060 Euro. Das Kurzarbeitergeld, das zusätzlich zu dem gekürzten Nettogehalt gezahlt wird, beträgt 60 Prozent dieser Differenz, also 636 Euro.