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Steuerberatung

Wann ist die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes anzunehmen?

BFH 16.11.2017, VI R 63/15

Ein land­wirt­schaft­li­cher Be­trieb wird mit der Über­tra­gung sämt­li­cher land­wirt­schaft­li­cher Nutzflächen an Dritte auf­ge­ge­ben. Land­wirt­schaft­li­che Nutzflächen von mehr als 3.000 qm stel­len nicht al­lein im Hin­blick auf ihre Größe land­wirt­schaft­li­che Teil­be­triebe dar.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war Ei­gentüme­rin ei­nes ru­hen­den (ver­pach­te­ten) land- und forst­wirt­schaft­li­chen Be­trie­bes von ca. 20,7 ha. Den Ge­winn er­mit­telte sie durch Ein­nahme-Über­schuss-Rech­nung gem. § 4 Abs. 3 EStG für das land­wirt­schaft­li­che Nor­mal­wirt­schafts­jahr (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG). Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Ver­trag aus Ja­nuar 2007 über­trug die Kläge­rin im Wege der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­folge sechs Flurstücke mit ei­ner Größe von ins­ge­samt 10,4092 ha auf ihre Toch­ter T, drei Flurstücke mit ei­ner Größe von ins­ge­samt 3,5093 ha ein­schließlich Gebäude auf ih­ren En­kel­sohn E und drei Flurstücke mit ei­ner Größe von ins­ge­samt 6,8131 ha auf ihre En­kel­toch­ter F. Als Be­sitzüberg­ang war der 31.12.2006 ver­ein­bart.

In ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2007 gab die Kläge­rin keine Einkünfte aus Land- und Forst­wirt­schaft an. Das Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer zunächst erklärungs­gemäß un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung fest. Nach ei­ner Außenprüfung ver­trat der Prüfer die Auf­fas­sung, die Kläge­rin habe mit dem Ver­trag vom aus Ja­nuar 2007 alle we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen ih­res land­wirt­schaft­li­chen Be­triebs un­ent­gelt­lich über­tra­gen. Die Über­tra­gung auf drei ver­schie­dene Er­wer­ber habe zu ei­ner Be­triebs­auf­gabe (Zer­schla­gung des Be­triebs) geführt. Das Fi­nanz­amt er­ließ dar­auf­hin einen geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr, mit dem es einen Auf­ga­be­ge­winn i.H.v. 162.068 € der Be­steue­rung un­ter­warf.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Das FG hat eine Be­triebs­auf­gabe rechts­feh­ler­haft ver­neint.

Die Kläge­rin hatte ih­ren ru­hen­den land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb mit der Über­tra­gung sämt­li­cher land­wirt­schaft­li­cher Nutzflächen auf ihre Toch­ter und ihre En­kel­kin­der auf­ge­ge­ben. Denn ein land­wirt­schaft­li­cher (Ei­gen­tums-)Be­trieb wird mit der Über­tra­gung sämt­li­cher land­wirt­schaft­li­cher Nutzflächen an Dritte auf­ge­ge­ben. Im Be­reich der Land - und Forst­wirt­schaft ist der Grund und Bo­den für die Be­triebs­fortführung un­erläss­lich. Eine Be­triebs­auf­gabe liegt da­her ins­be­son­dere dann vor, wenn im Wege vor­weg­ge­nom­me­ner Erb­folge die Be­triebs­grundstücke auf meh­rere nicht mit­un­ter­neh­mer­schaft­lich ver­bun­dene Ein­zel­rechts­nach­fol­ger über­tra­gen wer­den oder nach dem Tod des Be­triebs­in­ha­bers auf die Er­ben auf­ge­teilt wer­den. Diese Vor­aus­set­zun­gen wa­ren hier erfüllt.

Der Toch­ter und den En­kel­kin­dern wur­den mit den Grundstücksüber­tra­gun­gen auch keine Be­triebe oder Teil­be­triebe über­tra­gen, die sie gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG zu Buch­wer­ten hätten fortführen können. Denn die Kläge­rin un­ter­hielt nur einen ru­hen­den Be­trieb, der nicht aus meh­re­ren Teil­be­trie­ben be­stand. Be­steht der Be­trieb in der Hand des Über­tra­gen­den nicht aus meh­re­ren (Teil-)Be­trie­ben, exis­tiert nur eine über­trag­bare Sach­ge­samt­heit. Es ist da­nach aus­ge­schlos­sen, dass den Über­neh­men­den je­weils (Teil-)Be­triebe über­tra­gen wur­den. Die von der Kläge­rin über­tra­ge­nen Grundstücke sind ins­be­son­dere nicht des­halb Teil­be­triebe, weil ihre Größe je­weils 3.000 qm über­stieg und sie für einen selbständig exis­tenzfähi­gen Be­trieb aus­rei­chende Be­triebsflächen auf­wie­sen. Zwar liegt ein land­wirt­schaft­li­cher Be­trieb in der Re­gel nicht vor, wenn die be­wirt­schaf­te­ten Grundstücksflächen ins­ge­samt nicht größer als 3.000 qm sind, so­fern es sich nicht um In­ten­siv­nut­zun­gen für Son­der­kul­tu­ren han­delt, z.B. für Gemüse-, Blu­men- und Zier­pflan­zen­an­bau, Baum­schu­len oder Wein­bau.

Dar­aus kann aber nicht ge­schlos­sen wer­den, dass land­wirt­schaft­li­che Nutzflächen von mehr als 3.000 qm al­lein im Hin­blick auf ihre Größe je­weils Teil­be­triebe dar­stel­len. Denn ein ein­zel­nes Wirt­schafts­gut, ins­be­son­dere ein land­wirt­schaft­li­ches Grundstück, mag es auch wert­voll sein und mit zu den funk­tio­nal we­sent­li­chen Grund­la­gen ei­nes Be­triebs gehören, bil­det grundsätz­lich kei­nen Teil­be­trieb. Dies gilt ins­be­son­dere dann, wenn das Grundstück im Rah­men ei­nes be­reits be­ste­hen­den land- und forst­wirt­schaft­li­chen Be­triebs be­wirt­schaf­tet wird. Ein sol­ches Grundstück stellt re­gelmäßig keine Un­ter­ein­heit i.S. ei­nes selbständi­gen Zweig­be­triebs im Rah­men ei­nes Ge­samt­un­ter­neh­mens dar. Es han­delt sich je­den­falls dann nicht um einen selbständi­gen Be­triebs­teil, wenn es nicht im Rah­men ei­nes klar und ein­deu­tig ab­grenz­ba­ren Tätig­keits­be­reichs be­wirt­schaf­tet, son­dern ebenso wie der übrige Grund­be­sitz des land- und forst­wirt­schaft­li­chen Be­triebs ver­pach­tet wird.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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