Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und betreibt seine Kanzlei in der Rechtsform einer GmbH. Der Kläger ist ebenfalls Anwalt. Beide Seiten waren ursprünglich über eine Stellenanzeige für die GmbH in Kontakt geraten. In der Folgezeit entwickelten sie das Projekt einer Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft mit dem Beklagten als alleinigem Gründer und dem Kläger als alleinigem Vorstand.
Am selben Tag unterzeichneten der Kläger sowie die drei Mitglieder des Aufsichtsrats in den Räumen des Notariats den Vorstandsdienstvertrag mit der Laufzeit von 1.7.2014 bis zum 30.6.2015. Die Gesellschaft wurde darin als "L. Rechtsanwaltsaktiengesellschaft" bezeichnet. Ob die Unterzeichnung dieses Dienstvertrages kurz vor oder kurz nach der Unterzeichnung der Gründungsurkunde erfolgt war, blieb zwischen den Parteien streitig. In der Folgezeit kam es zur Unterzeichnung eines weiteren Vorstandsdienstvertrages, der bis auf die Bezeichnung der Gesellschaft als "L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft" mit dem Vertrag aus Juli 2014 inhaltsgleich war und von allen Beteiligten unterschrieben wurde.
Eine Einzahlung des Beklagten auf das Grundkapital der AG erfolgte nicht. Ebenso wenig kam es zu einer Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister. Der Kläger erhielt keinerlei Zahlungen. Im November 2014 bzw. Februar 2015 kündigte eine Rechtsanwältin namens des Beklagten den Vorstandsdienstvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. behaupteter verbotener Konkurrenztätigkeit des Klägers. Die Voraussetzungen einer formalen Wirksamkeit dieser Kündigungen (Zugang, Vollmacht) blieben zwischen den Parteien streitig. Kurz darauf kündigte der Kläger seinerseits das Dienstverhältnis wegen Nichtzahlung der vereinbarten Vergütung und machte gegen den Beklagten Ansprüche auf Vergütung bzw. Schadensersatz aus einem Vorstandsdienstvertrag geltend.
Das LG gab den Zahlungsanträgen des Klägers statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten war vor dem OLG teilweise erfolgreich.
Die Gründe:
Zwar hatte das LG im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die vereinbarte Vergütung aus dem Vorstandsdienstvertrag aus Juli 2014 zu bezahlen. Die Laufzeit des Vertrages bedarf aber der Anpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, so dass im Ergebnis die Vergütung vom Vertragsbeginn am 1.7.2014 bis einschließlich Dezember 2014 als geschuldet anzusehen ist.
Der Vorstandsdienstvertrag aus Juli 2014 war zwischen dem Kläger und der AG wirksam zustande gekommen. Mit der notariellen Beurkundung der Gründung einer AG kommt eine sog. Vor-AG zustande. Es handelt sich um eine juristische Person eigener Art, die - nach allgemeiner Ansicht jedenfalls für mit der Gründung zusammenhängende Rechtsgeschäfte - rechtsfähig ist; unerheblich ist, ob es sich um eine Einpersonengründung handelt. Die Vor-AG wird - wie die spätere Aktiengesellschaft - gegenüber dem Vorstand nach § 112 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten.
Der Wirksamkeit des Vertrages stand nicht entgegen, dass er auf eine L. Rechtsanwaltsaktiengesellschaft lautete, während sich die Gründungsurkunde auf eine L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft bezog. Es konnte auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Vertragschließenden den Vertrag zwischen dem Kläger und der an diesem Tag gegründeten Gesellschaft zustande bringen wollten: falsa demonstratio non nocet.
Unzutreffend war der Einwand des Beklagten, dass bei der Unterschrift des letzten Aufsichtsratsmitglieds die Vor AG nicht mehr bestand und folglich auch nicht wirksam vertreten werden konnte. Die E-V. AG endet nämlich, wenn der Gründer seinen Gründungswillen endgültig aufgibt. Aus Gründen der Klarheit der Vermögenszuordnung ist die endgültige Aufgabe des Gründungswillens jedoch kein reines Internum. Vielmehr bedarf es für die Beendigung der V. AG eines (nicht notwendig rechtsgeschäftlichen) nach außen erkennbaren Anknüpfungspunktes für die Aufgabe des Gründungswillens. In diesem Fall geht das Vermögen der E. V. AG ipso iure auf den Gründer über, ohne dass es einer Liquidation bedürfte. Aus einem bereits abgeschlossenen Vorstandsdienstvertrag mit einem Dritten ist daher der Gründer berechtigt und verpflichtet.
Der Vertrag zwischen den Parteien endete jedoch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage am 31.12.2014. Die Vetragschließenden gingen bei Vertragsschluss davon aus, dass die AG durch Eintragung ins Handelsregister entstehen oder zumindest die Vorgesellschaft fortbestehen würde. Denn ansonsten hätte der Abschluss des Vorstandsdienstvertrages keinen Sinn gemacht. Mit dem Ende der V. AG hatten sich damit die dem Vertrag zugrunde gelegten Umstände schwerwiegend geändert und war damit die Geschäftsgrundlage für den Vorstandsdienstvertrag i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB entfallen.
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