Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Streitjahr 2008 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen erzielt. In seiner Einkommensteuererklärung aus Juni 2009 nahm er zu Beiträgen für eigene kapitalgedeckte Rentenversicherungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG mit Laufzeitbeginn nach dem 31.12.2004 keine Eintragungen vor. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß fest und sandte die beigefügten Belege mit Ausnahme der Bescheinigungen über Kapitalerträge und der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung an den Kläger zurück.
Der Kläger trug vor, dass er die Beiträge für die Basisrenten-Versicherung bei der Erstellung der Steuererklärung zwar zutreffend in die - zugleich in Kopie vorgelegte - Entwurfsfassung des Mantelbogens eingetragen, sodann aber bei der Fertigung der Reinschrift diese Eintragung versehentlich nicht übernommen habe. Damit liege ein schlichter Übertragungsfehler vor, den das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit übernommen habe. Dieser Fehler sei für das Finanzamt offensichtlich gewesen, da der Steuererklärung eine Bescheinigung der Versicherung über die geleisteten Versicherungsbeiträge beigefügt gewesen sei.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings ist unter dem Az.: X R 20/15 ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
Die Gründe:
Die Ablehnung der Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung 2008 in Bezug auf die Berücksichtigung der Beiträge für die Basisrenten-Versicherung als Sonderausgaben war rechtswidrig.
Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Das Tatbestandsmerkmal "ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" setzt voraus, dass die Unrichtigkeit einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich ist, d.h. dass es sich um einen "mechanischen" Fehler handelt, der ebenso "mechanisch", also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann.
Eine offenbare Unrichtigkeit kann auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung enthaltene offenbare, d.h. für das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt. Eine offenbare Unrichtigkeit bei der Übernahme von Angaben des Steuerpflichtigen als eigene ist gegeben, wenn sie sich ohne weiteres aus der Steuererklärung des Steuerpflichtigen, deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergibt, weil der Fehler auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Ist jedoch die mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor.
Infolgedessen handelte es sich hier bei der Nichtberücksichtigung der zwar nicht im Mantelbogen, aber in der beiliegenden Bescheinigung der Versicherung ausgewiesenen Beiträge für die Basisrenten-Versicherung - vorbehaltlich der noch ausstehenden Klärung des Ausschlusses eines Anspruches auf Auszahlungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG - um eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO. Die in der dem Finanzamt mit der Steuererklärung vorgelegten Bescheinigung der Versicherung ausgewiesenen Beiträge der Basisrenten-Versicherung begründeten einen offensichtlichen Widerspruch zu den Eintragungen in der Steuererklärung. Die nur theoretische Möglichkeit der Nichterfassung dieser Beiträge als Sonderausgaben aufgrund eines Rechtsirrtums oder einer unterlassenen Sachverhaltsermittlung reichte nicht aus.
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