Die betroffene Stadt hatte einen Wasserkonzessionsvertrag fristgemäß gekündigt und einen neuen Vertrag mit einem überwiegend städtischen Unternehmen abgeschlossen. Nachdem sich der bisherige Vertragspartner geweigert hatte, die Anlagen der Wasserversorgung herauszugeben, hat die Stadt ihn auf Herausgabe der Anlagen verklagt. Das OLG Düsseldorf hat die Klage der Stadt abgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Az. VI - 2 U (Kart) 6/16).
Das OLG stuft die Stadt als marktbeherrschendes Unternehmen ein, das unter anderem den Bindungen des heutigen §§ 19 ff. GWB unterliegt. Gemäß Rechtsprechung des BGH handelt die Stadt bei der Vergabe von Wegerechten als Unternehmer. Sie verfügt über ein Monopol und hat einen Geschäftsverkehr bereits dadurch eröffnet, dass die Konzession ursprünglich an ein privates Unternehmen vergeben war. Die Vergabe der Konzession ohne ein diskriminierungsfreies Verfahren ist damit kartellrechtswidrig.
§ 31 GWB stellt bestimmte Verträge der Wasserwirtschaft vom Kartellverbot nach § 1 GWB frei. Das OLG hat festgestellt, dass eine Freistellung von Diskriminierungs- und Behinderungsverbot damit nicht einhergeht. Das ergebe sich unter anderem daraus, dass auch die freigestellten Verträge der Missbrauchsaufsicht unterliegen.
Eine Inhouse-Vergabe ist nach Auffassung des OLG grundsätzlich möglich. Im konkreten Fall sei aber eine solche zum einen nicht beabsichtigt gewesen und zum anderen bereits deswegen nicht möglich gewesen, weil an der Stadtwerkegesellschaft ein Privater beteiligt war. Weitere Ausführungen dazu, nach welchen Kriterien sich die Möglichkeit einer Inhouse-Vergabe richtet, hat das OLG nicht gemacht.
Im Weiteren enthält das Urteil Hinweise zur Gestaltung eines entsprechenden Verfahrens. Die Auswahlentscheidung müsse, so das OLG, verfahrensbezogene und materielle Anforderungen erfüllen. Basis dieser Anforderungen seien das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot und, wenn ein Fall der Binnenmarktrelevanz vorliegt, auch die primärrechtlichen Grundsätze des AEUV (Gleichbehandlung, Transparenz und Verhältnismäßigkeit).
Verfahrensmäßig sei zu beachten, dass die an der Konzession interessierten Unternehmen im Vorhinein erkennen können, worauf es der Gemeinde bei der Auswahlentscheidung ankommt. D.h., dass die Gemeinde den interessierten Unternehmen die Entscheidungskriterien rechtzeitig vor Angebotsabgabe mitteilt. Die Kriterien müssen noch nicht bei der Aufforderung zur Interessenbekundung mitgeteilt werden, es ist ausreichend, wenn die Kriterien in einem späteren Verfahrensbrief, jedoch vor Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, mitgeteilt würden. Zur Mitteilung der Kriterien gehört auch die Gewichtung der Kriterien. Die Bewerber müssen erkennen können, wie die einzelnen Kriterien die Entscheidung beeinflussen.
Um die materiellen Anforderungen zu erfüllen, muss der Konzessionsgeber seine Auswahlentscheidung allein nach sachlichen Kriterien treffen. Die inhaltlichen Vorgaben aus § 46 Abs. 4 EnWG sind weder unmittelbar noch analog anzuwenden. Dem öffentlichen Auftraggeber steht ein weiter Spielraum zu. Die Kriterien müssen allerdings sachbezogen und dürfen nicht willkürlich sein.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist keineswegs überraschend. Der deutsche Gesetzgeber hat sich zwar dafür entschieden, die Vergabe von Wasserkonzessionen ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des Vergaberechts auszunehmen (§ 149 Nr. 9 GWB). Eine Herausnahme des Wassersektors aus dem Anwendungsbereich des EU-Primärrechts ist dem nationalen Gesetzgeber allerdings nicht möglich. Eine Bereichsausnahme auch im Hinblick auf die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle hat der Gesetzgeber offenbar niemals beabsichtigt.
Entscheidet sich eine Kommune für eine Inhouse-Vergabe einer Wasserkonzession, werden nach wie vor die sog. „Teckal-Kriterien“ des EuGH maßgeblich sein. Es wird zu diskutieren sein, ob stattdessen die konkretisierten Kriterien für eine Inhouse-Vergabe aus § 108 GWB anzuwenden sind. Mit der Entscheidung hat das OLG Düsseldorf jedenfalls einen Sachverhalt in den Fokus gerückt, der in der Vergangenheit in kartell- und vergaberechtlicher Hinsicht eher stiefmütterlich behandelt wurde.