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Quo vadis Weltpolitik? - Der Ausgang der US-Wahlen und der Handelskrieg mit China

Ukraine-Krieg, Nah­ost-Krise – die zahl­rei­chen Kon­flikte welt­weit ver­schließen mit­un­ter den Blick auf den wirt­schaft­li­chen Auf­stieg Chi­nas zu ei­ner Su­per­macht und die dar­aus re­sul­tie­ren­den welt­po­li­ti­schen Span­nun­gen. Vor al­lem die Ri­va­lität zwi­schen den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­rika und China hat dra­ma­ti­sch zu­ge­nom­men: die Wirt­schaft ist ein Mit­tel zum geo­po­li­ti­schen Zweck ge­wor­den. Wie geht die Welt­po­li­tik wei­ter nach den Wahlen in den USA, wel­che Aus­wir­kun­gen hat dies auf die Eu­ropäische Union und Deutsch­land und was be­deu­ten diese Ent­wick­lun­gen für mit­telständi­sche Un­ter­neh­men? Auf dem Karls­ru­her Mit­tel­stands­fo­rum 2024 von RSM Eb­ner Stolz zeich­nete Dr. Jo­sef Braml ein eher dy­sto­pi­sches Bild. Dr. Jo­sef Braml ist ei­ner der führen­den USA-Ex­per­ten und Eu­ro­pean Di­rec­tor of the Tri­la­te­ral Com­mis­sion, ei­ner ein­fluss­rei­chen glo­ba­len Platt­form für den Dia­log ei­nes ex­klu­si­ven Krei­ses po­li­ti­scher und wirt­schaft­li­cher Ent­schei­der/in­nen Ame­ri­kas, Eu­ro­pas und Asi­ens. Nach dem Aus­gang der US-Wahlen fra­gen wir noch­mals bei ihm nach: Quo va­dis Welt­po­li­tik un­ter Do­nald Trump?

Herr Dr. Braml, auf dem Karls­ru­her Mit­tel­stands­fo­rum spra­chen Sie von dem geoöko­no­mi­schen Wett­be­werb zwi­schen den USA und China. Wie ist die Hal­tung in den USA zu die­sem Kon­flikt und wo­mit ha­ben wir zu rech­nen?

Geoöko­no­mi­sche In­stru­mente sind zu­neh­mend wich­tig in in­ter­na­tio­na­len Kon­flik­ten. Wa­shing­ton und Pe­king nut­zen ihre Marktstärke stra­te­gi­sch. Die USA set­zen wirt­schaft­li­che Mit­tel ein, um Chi­nas Fort­schritte zu brem­sen oder rückgängig zu ma­chen. Wirt­schaft dient so­mit nicht mehr nur als Ziel, son­dern als Werk­zeug geo­st­ra­te­gi­scher Zwecke, was den Wirt­schafts­kampf zum Teil der staat­li­chen Ri­va­lität macht.

Hat der Aus­gang der Wahlen in den USA einen Ein­fluss dar­auf, wie die­ser geoöko­no­mi­sche Kon­flikt mit China aus­ge­tra­gen wird?

Un­abhängig vom Wahl­aus­gang wird die neue US-Re­gie­rung den geoöko­no­mi­schen Wett­be­werb mit China ver­schärfen, was Eu­ropa stark be­ein­flusst. Diese Span­nun­gen könn­ten eine zwei­ge­teilte, de­glo­ba­li­sierte Welt schaf­fen und eu­ropäische Un­ter­neh­men her­aus­for­dern. Die EU muss fähig wer­den, ihre Si­cher­heit und ih­ren Wohl­stand zu schützen.

Sie führ­ten aus, dass der in Eu­ropa weit­ge­hend un­be­ach­tet ge­blie­bene Chips-Act von Joe Bi­den eine wirt­schaft­li­che Kriegs­erklärung an China war. Können Sie die ak­tu­elle Lage kurz skiz­zie­ren?

Nur we­nige west­li­che Me­dien ha­ben dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sich ein um­fas­sen­der Wirt­schafts­kon­flikt zwi­schen den USA und China ab­zeich­net. Mit der Un­ter­zeich­nung des CHIPS Act am 09.08.2022 hat US-Präsi­dent Joe Bi­den Maßnah­men er­grif­fen, um Chi­nas wirt­schaft­li­chen Fort­schritt ein­zu­schränken, in­dem der Ex­port fort­schritt­li­cher Halb­lei­ter­tech­no­lo­gien nach China be­schränkt wird. Die chi­ne­si­sche Führung ist sich der Not­wen­dig­keit be­wusst, die neu­este Chip-Tech­no­lo­gie zu er­wer­ben, um in der wirt­schaft­li­chen Wert­schöpfungs­kette wei­ter auf­zu­stei­gen und hoch­mo­derne tech­ni­sche Güter und Dienst­leis­tun­gen zu pro­du­zie­ren.

Der Tech­no­lo­gie­wett­be­werb bil­det das Kernstück des chi­ne­si­sch-ame­ri­ka­ni­schen Kon­flikts; insb. hoch­ent­wi­ckelte Chip­tech­no­lo­gien gel­ten als ent­schei­dend für die zukünf­tige wirt­schaft­li­che und mi­litäri­sche Über­le­gen­heit. Neue und auf­kom­mende Tech­no­lo­gien, wie Künst­li­che In­tel­li­genz (KI), Ro­bo­tik, Big Data, Bio­tech­no­lo­gie, 3D-Druck und das In­ter­net der Dinge (IoT), wer­den als we­sent­li­che Trei­ber des Wirt­schafts­wachs­tums und der mi­litäri­schen Stärke be­trach­tet und er­for­dern alle hoch­ent­wi­ckelte Halb­lei­ter.

Ist in Deutsch­land und in Eu­ropa die Trag­weite die­ses Kon­flikts be­kannt - bzw. ver­schließen wir hier­vor lie­ber die Au­gen?

Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ver­fol­gen nun eine Po­li­tik, die dar­auf ab­zielt, Chi­nas wirt­schaft­li­ches Wachs­tum zu brem­sen, und er­mu­ti­gen ihre Verbünde­ten, ähn­li­che Maßnah­men zu er­grei­fen. Un­abhängig vom Aus­gang der ame­ri­ka­ni­schen Wahlen wird der Druck auf die Part­ner der USA zu­neh­men, um Chi­nas Fort­schritt in Schlüssel­tech­no­lo­gien ein­zu­schränken. Statt auf Ko­ope­ra­tion setzt die USA auf eine Stra­te­gie der wirt­schaft­li­chen Ent­kop­pe­lung, um das tech­no­lo­gi­sche und mi­litäri­sche Wachs­tum Chi­nas zu ver­lang­sa­men.

Die wach­sen­den Span­nun­gen zwi­schen den USA und China könn­ten in­ter­na­tio­nale Or­ga­ni­sa­tio­nen wie die WTO spal­ten und Länder wie Deutsch­land be­einträch­ti­gen, die so­wohl enge Si­cher­heits­be­zie­hun­gen zu den USA als auch wirt­schaft­li­che Ver­bin­dun­gen zu bei­den Su­permäch­ten ha­ben. Be­son­ders im Tech­no­lo­gie­be­reich, z. B. bei 5G und Hua­wei, stei­gen die Kos­ten die­ser Dop­pel­stra­te­gie. Der tech­no­po­li­ti­sche Macht­kampf könnte die USA dazu ver­an­las­sen, Verbündete zu zwin­gen, sich für einen Han­dels­part­ner zu ent­schei­den, was zu ei­ner Welt mit ame­ri­ka­ni­schen und chi­ne­si­schen Stan­dards führen könnte.

Die zukünf­tige US-Ad­mi­nis­tra­tion wird vor­aus­sicht­lich wei­ter­hin Da­ten-, Han­dels-, En­er­gie- und Fi­nanz­ströme ma­ni­pu­lie­ren, oft durch (Se­kundär-)Sank­tio­nen. Freie Märkte ge­ra­ten in den Hin­ter­grund und wer­den nur ak­zep­tiert, wenn sie der geo­st­ra­te­gi­schen Do­mi­nanz der USA die­nen. Dies be­deu­tet eine Ab­kehr vom freien Markt und der Win-Win-Phi­lo­so­phie hin zu einem mer­kan­ti­lis­ti­schen Null­sum­men­den­ken: Ein Ge­winn für einen ist ein Ver­lust für an­dere.

Sie spra­chen auf dem Karls­ru­her Mit­tel­stands­fo­rum von drei mögli­chen welt­po­li­ti­schen Sze­na­rien. Können Sie diese für un­sere Le­ser kurz erläutern?

In un­se­rem Buch „Die Traum­wand­ler“ er­in­nern mein Ko-Au­tor Mat Bur­rows und ich daran, dass die Zu­kunft of­fen ist. Wir stel­len drei Sze­na­rien vor: ein schlech­tes (neuer Kal­ter Krieg mit Wohl­stands­ver­lus­ten), ein häss­li­ches (Drit­ter Welt­krieg) und ein erträgli­ches (re­for­mierte Glo­ba­li­sie­rung 2.0 mit glo­ba­ler Ko­ope­ra­tion).

Wer in po­li­ti­schen Sze­na­rien denkt, kann die ent­schei­den­den Stell­schrau­ben zur Ver­mei­dung von Ka­ta­stro­phen bes­ser iden­ti­fi­zie­ren. Ein Ab­glei­ten in Kon­fron­ta­tion und mi­litäri­sche Kon­flikte können wir uns nicht leis­ten – we­der an­ge­sichts der glo­ba­len Ar­mut noch der Her­aus­for­de­run­gen des Kli­ma­wan­dels.

Wie kann und muss man den Tai­wan-Kon­flikt in die welt­po­li­ti­sche Ge­samt­si­tua­tion ein­ord­nen und wel­che Aus­wir­kun­gen hat das – mit Blick auf den Ukraine-Krieg - auf Eu­ropa?

Auf­grund sei­ner fort­schritt­li­chen Tech­no­lo­gien in der Halb­lei­ter­fer­ti­gung so­wie sei­ner geo­gra­fi­schen Lage be­fin­det sich Tai­wan im Brenn­punkt des Wett­be­werbs zwi­schen China und den USA. Im Ge­gen­satz zu Wirt­schafts­sank­tio­nen stellt Tai­wan ein Thema dar, bei dem Pe­king keine Zu­geständ­nisse ma­chen möchte.

In den USA herrscht die Mei­nung vor, dass China auf­grund sei­ner ei­ge­nen Wirt­schafts­krise einen Kon­flikt ver­mei­den wird. Da­bei wird je­doch oft über­se­hen, dass Chi­nas Führung un­ter Xi Jin­ping durch na­tio­na­lis­ti­sche Rhe­to­rik von in­ne­ren Pro­ble­men ab­len­ken könnte. Ei­nige Mit­glie­der der chi­ne­si­schen Elite sind so­gar der An­sicht, dass eine Krise ähn­lich der Ku­ba­krise dazu führen könnte, dass die USA Chi­nas In­ter­es­sen ernst­haf­ter berück­sich­ti­gen.

Im ak­tu­el­len Wahl­kampf strebt die Bi­den/Har­ris-Re­gie­rung da­nach, einen Kon­flikt mit China zu ver­mei­den. Sie ist be­reits stark durch den an­hal­ten­den Krieg in der Ukraine und zu­neh­mende Ver­pflich­tun­gen im Mitt­le­ren Os­ten be­an­sprucht. Den­noch kann keine US-Re­gie­rung an­ge­sichts der Be­deu­tung Asi­ens für die Zu­kunft der USA und dem zu­neh­mend anti-chi­ne­si­schen po­li­ti­schen Klima um­hin, die Un­abhängig­keit Tai­wans zu un­terstützen. Die Re­pu­bli­ka­ner kri­ti­sie­ren die Bi­den/Har­ris-Re­gie­rung be­reits dafür, ge­genüber China eine zu nach­gie­bige Hal­tung ein­zu­neh­men, ob­wohl diese Trumps wirt­schaft­li­che Be­schränkun­gen ge­gen China aus­ge­wei­tet hat und Präsi­dent Bi­den mehr­mals be­tont hat, dass die USA Tai­wan ver­tei­di­gen würden.

Tai­wan stellt für China eine noch größere Her­aus­for­de­rung dar als für die USA. China ist sich der Ri­si­ken ei­ner In­va­sion be­wusst und will diese laut Xi Jin­ping ver­mei­den. Ein sol­cher An­griff käme nur in Be­tracht, wenn alle an­de­ren Maßnah­men, wie Cy­ber­an­griffe, Zölle, Sank­tio­nen oder so­gar eine See­blo­ckade, kei­nen Er­folg zei­gen soll­ten.

Im ak­tu­el­len sino-ame­ri­ka­ni­schen Kräfte­mes­sen bleibt Eu­ropa bis­lang Zu­schauer. Im schlimms­ten Fall könnte es je­doch zum Ver­lie­rer wer­den, so­fern es nicht schnell hand­lungsfähig wird und seine In­ter­es­sen ent­schlos­sen ver­tritt.

Die Eu­ropäische Union und Deutsch­land als Ex­port­na­tion mit wich­ti­gen Han­dels­be­zie­hun­gen so­wohl in die USA als auch nach China kom­men also mas­siv zwi­schen die Fron­ten. Wie soll­ten sich die EU und Deutsch­land po­si­tio­nie­ren?

In der ak­tu­el­len Welt­ord­nung bie­tet nur ein ver­ein­tes Eu­ropa ge­nug Markt­macht und Hand­lungs­spiel­raum, um seine Ei­genständig­keit zu wah­ren. Be­griffe wie „stra­te­gi­sche Un­abhängig­keit“ ver­de­cken je­doch die man­gelnde Ent­schei­dungsfähig­keit der EU. Die EU ist be­son­ders anfällig für die Stra­te­gien von Großmäch­ten wie China und den USA. Um po­li­ti­sch wi­der­standsfähi­ger zu wer­den und hand­lungsfähi­ger zu agie­ren, sollte die EU in der Außen- und Si­cher­heits­po­li­tik auf qua­li­fi­zierte Mehr­heits­ent­schei­dun­gen set­zen statt auf Ein­stim­mig­keit. An­ge­sichts Chi­nas Auf­stieg und der verstärk­ten US-Ori­en­tie­rung nach Asien sollte Eu­ropa auch auf Selbst­ver­tei­di­gung hin­ar­bei­ten.

Wie wer­den sich die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­rika Russ­land ge­genüber po­si­tio­nie­ren?

Egal wie die US-Wahlen aus­ge­hen, Eu­ropa muss mehr in seine Ver­tei­di­gung ge­gen Russ­land und den Wie­der­auf­bau der Ukraine in­ves­tie­ren. Un­ter Trump wäre die NATO we­ni­ger verläss­lich, was höhere Aus­ga­ben für Eu­ro­pas Si­cher­heit nötig macht.

Es geht nicht darum, die „zwei Pro­zent“ des BIP für ame­ri­ka­ni­sche Waf­fen aus­zu­ge­ben. Statt­des­sen soll­ten die Eu­ropäer un­abhängige mi­litäri­sche Fähig­kei­ten ent­wi­ckeln – so­wohl kon­ven­tio­nelle als auch nu­kleare. So können sie Er­pres­sungs­ver­su­chen durch eine mögli­che zweite Trump-Re­gie­rung oder Russ­land ent­ge­gen­wir­ken.

Ist die EU der­zeit stark ge­nug, diese Rolle wahr­zu­neh­men?

Dafür wären um­fang­rei­che In­ves­ti­tio­nen nötig. In ei­ner Zeit knap­per Haus­halte könnte je­doch jede Um­schich­tung von So­zi­al­aus­ga­ben zu Ver­tei­di­gung oder Ukrai­ne­hilfe jene ex­tre­mis­ti­schen Par­teien stärken, die ih­ren Fo­kus auf an­dere po­li­ti­sche Prio­ritäten set­zen.

Durch ge­mein­same Schul­den könnte Eu­ropa gestärkt und der Wie­der­auf­bau der Ukraine fi­nan­ziert wer­den, was den Kon­flikt zwi­schen So­zial- und Ver­tei­di­gungs­aus­ga­ben ab­mil­dern würde. Statt ihre Währungs­re­ser­ven und Er­spar­nisse zur Un­terstützung der US-Wirt­schaft und -Mi­litäraus­ga­ben zu nut­zen, könn­ten eu­ropäische Länder und In­ves­to­ren diese in die Stärkung des Euro so­wie Eu­ro­pas si­cher­heits­po­li­ti­sche Fähig­kei­ten, di­gi­tale In­fra­struk­tur und Zu­kunfts­tech­no­lo­gien in­ves­tie­ren, um bes­ser für den geoöko­no­mi­schen Wett­be­werb vor­be­rei­tet zu sein.

Während China die geoöko­no­mi­schen Im­pli­ka­tio­nen der Währungs­po­li­tik er­kannt hat und Schritte un­ter­nimmt, um den Dol­lar lang­fris­tig als Welt­leitwährung ab­zulösen, sind in Eu­ropa we­nig ver­gleich­bare Bemühun­gen sicht­bar, den Euro zu ei­ner glo­ba­len Leitwährung wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Zwar nimmt welt­weit der An­teil des Euro an den Währungs­re­ser­ven zu, aber es gibt bis­lang keine weit­rei­chen­den In­itia­ti­ven, den Euro zu einem geoöko­no­mi­schen Macht­mit­tel aus­zu­bauen.

Würde sich nicht der Aus­bau des Euro zu einem geoöko­no­mi­schen Macht­mit­tel auch als Ri­si­ko­di­ver­si­fi­zie­rung für An­le­ger an­bie­ten?

Ein li­qui­der Markt für si­chere EU-An­lei­hen könnte in­ter­na­tio­na­len An­le­gern eine Möglich­keit zur Ri­si­ko­di­ver­si­fi­zie­rung bie­ten, insb. an­ge­sichts der ho­hen US-Staats­ver­schul­dung und stei­gen­der Zin­sen. Bei einem pro­gnos­ti­zier­ten Staats­de­fi­zit von 35 Bil­lio­nen US-Dol­lar und einem un­halt­ba­ren fi­nanz­po­li­ti­schen Kurs ris­kie­ren In­ves­to­ren, die in US-Staats­an­lei­hen in­ves­tie­ren, viel.

Die USA müssen wei­ter­hin über ihre Mit­tel hin­aus wirt­schaf­ten und kon­su­mie­ren, während so­ziale Si­che­rungs­sys­teme durch de­mo­gra­fi­sche Verände­run­gen un­ter Druck ge­ra­ten und mas­sive Rüstungs­aus­ga­ben ge­gen China an­fal­len. Es ist zwei­fel­haft, ob die USA ihre Schul­den je zurück­zah­len können, ohne auf ex­or­bi­tan­tes Wirt­schafts­wachs­tum oder hohe In­fla­tion zu set­zen.

Falls in­ter­na­tio­nale In­ves­to­ren das Ver­trauen in die Sta­bi­lität des Dol­lars ver­lie­ren und ihre Erlöse an­der­wei­tig re­inves­tie­ren, könn­ten Dol­lar und US-Wirt­schaft er­heb­lich un­ter Druck ge­ra­ten.

Wel­che Maßnah­men müsste Ih­rer Auf­fas­sung nach die deut­sche Bun­des­re­gie­rung drin­gend er­grei­fen?

Deutsch­land wird oft dazu auf­ge­for­dert, eine Führungs­rolle in Eu­ropa zu über­neh­men. Doch die ak­tu­elle Re­gie­rung in Ber­lin ist der­zeit stark mit in­ter­nen An­ge­le­gen­hei­ten be­schäftigt, so dass sie mo­men­tan nicht in der Lage ist, diese Ver­ant­wor­tung um­fas­send wahr­zu­neh­men.

So - und jetzt zu den mit­telständi­schen Un­ter­neh­men, die kon­kret mit der zu­neh­men­den Po­la­ri­sie­rung um­ge­hen müssen und von der Po­li­tik weit­ge­hend al­lein ge­las­sen wer­den. Was ra­ten Sie dem in­ter­na­tio­nal agie­ren­den Mit­tel­stand? Wie sollte sich die deut­sche Wirt­schaft in die­ser Ge­men­ge­lage po­si­tio­nie­ren?

Deut­sche Un­ter­neh­men mit in­ter­na­tio­na­ler Aus­rich­tung sind zu­neh­mend von den geoöko­no­mi­schen Stra­te­gien der Su­permächte USA und China be­trof­fen. Deutsch­land gehört zu den am stärks­ten glo­bal ver­netz­ten Volks­wirt­schaf­ten der Welt und ist da­her be­son­ders anfällig für die Aus­wir­kun­gen ei­ner mögli­chen De-Glo­ba­li­sie­rung. Während deut­sche Fir­men bis­her von den Vor­tei­len der Glo­ba­li­sie­rung pro­fi­tiert ha­ben, könn­ten sie an­ge­sichts ei­nes sino-ame­ri­ka­ni­schen Macht­kamp­fes und dar­aus re­sul­tie­ren­der pro­tek­tio­nis­ti­scher Maßnah­men auch Ver­luste er­lei­den.

Es ist not­wen­dig, dass deut­sche Un­ter­neh­men sich auf eine mögli­che De­glo­ba­li­sie­rung vor­be­rei­ten und ihre Lie­fer­ket­ten we­ni­ger abhängig von China ge­stal­ten, um ihre Wi­der­standsfähig­keit zu erhöhen. Un­ter­neh­men in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten und Eu­ropa ste­hen vor der Her­aus­for­de­rung, ihre „Ef­fi­zi­enz“ zu­guns­ten ei­ner höheren „Re­si­li­enz“ neu zu be­wer­ten. Kon­zepte wie „Near­shoring“, „Res­horing“ oder „Fri­end Shoring“ ge­win­nen an Be­deu­tung, da diese Ansätze dar­auf ab­zie­len, Pro­duk­ti­ons­ket­ten aus China zurück­zu­ver­la­gern.

Insb. der Tech­no­lo­gie­sek­tor steht un­ter dem Druck der Re­gie­run­gen der USA und an­de­rer Länder, die­sen Weg kon­se­quent zu ver­fol­gen. Wa­shing­ton möchte si­cher­stel­len, dass die Lie­fer­ket­ten stra­te­gi­sch wich­ti­ger In­dus­trien we­ni­ger abhängig von der chi­ne­si­schen Pro­duk­tion sind.

Selbst die Re­gio­na­li­sie­rungs­stra­te­gien ei­ni­ger deut­scher Un­ter­neh­men, die lo­kale Lie­fer­ket­ten nut­zen und Pro­dukte aus­schließlich für den asia­ti­schen Markt fer­ti­gen, könn­ten ins Sto­cken ge­ra­ten, falls der Wett­be­werb zwi­schen China und den USA es­ka­liert und die USA ihre wirt­schaft­li­che Stärke durch (Se­kundär-)Sank­tio­nen gel­tend ma­chen.

Lie­ber Herr Dr. Braml, ganz herz­li­chen Dank für das sehr ernste, aber wich­tige Ge­spräch.

Hin­weis: Zu­letzt er­schie­nen beim Ver­lag C.H.Beck sein mit Ma­thew Bur­rows ver­fass­tes Buch „Die Traum­wand­ler. Wie China und die USA in einen neuen Welt­krieg schlit­tern“ und sein wei­ter­hin ak­tu­el­ler Best­sel­ler „Die trans­at­lan­ti­sche Il­lu­sion. Die neue Welt­ord­nung und wie wir uns darin be­haup­ten können“.

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