Denn: Der Austausch wettbewerblich sensibler Informationen vor der eventuell erforderlichen fusionskontrollrechtlichen Freigabe der Transaktion stellt ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten dar.
Sensibler Umgang bis zum Closing
Zwar wird anerkannt, dass ein potenzieller Unternehmenserwerber im Rahmen der Kaufverhandlungen ein legitimes Interesse daran hat, detaillierte Informationen über das Geschäft des Zielunternehmens zu erhalten. Allerdings sind die Vertragspartner bis zum Closing eigenständige Unternehmen, die sich unabhängig auf dem Markt bewegen und ihre strategischen Informationen schützen müssen. Deshalb empfiehlt es sich, Prozesse festzulegen, die den Ablauf des Informationsaustausches und die Regeln zum Umgang mit wettbewerbsrelevanten Daten vorgeben.
Bei der Implementierung dieses Prozesses sollte bis zuletzt davon ausgegangen werden, dass die Verhandlungen scheitern könnten und die andere Partei die überlassenen Informationen ggf. im Wettbewerb nutzen wird. Je wettbewerbsrelevanter die Informationen sind, desto stärker müssen sie geschützt werden. Ein Austausch wettbewerblich sensibler Informationen ist erst dann uneingeschränkt zulässig, wenn die Transaktion vollzogen ist und - bei Bedarf - die Kartellbehörden ihre Freigabe erteilt haben.
Welche Daten sind wettbewerblich sensibel?
Wettbewerblich sensibel sind solche Informationen, die Rückschlüsse auf das konkrete Wettbewerbsverhalten zulassen, beispielsweise
- Preise, Preisgestaltungen,
- Kosten,
- Kunden- und lieferantenspezifische Informationen,
- Umsätze,
- Margen,
- Bestell-, Produktions- und Absatzmengen,
- Kapazitäten,
- nicht veröffentlichte Verkaufs- und Produktionsstrategien,
- Forschungs- und Entwicklungsprojekte,
- Marketingpläne,
- Investitionen,
- Konditionen,
- strategische Planungen und Prognosen.
Wie können Informationsinteressen und Kartellrecht in Einklang gebracht werden?
Um die Informationsinteressen eines potenziellen Erwerbers und die kartellrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen, sind folgende Schritte einzuhalten:
- Kartellrechtliche Risiken erkennen
- Kontrolle aller wettbewerblich relevanten Informationen und Unterlagen auch in ihrer Zusammenschau vor der Übergabe bzw. vor Einstellung in einen Datenraum
- Beschränkung des Informationsaustauschs auf das für die jeweilige Transaktionsphase notwendige Maß
- In fortgeschrittenem Stadium ist der Austausch detaillierterer Informationen erforderlich. Ein Datenaustausch erfordert Schutzmaßnahmen. Dazu zählen neben der Schwärzung oder Aggregation von wettbewerbsrelevanten Informationen auch Clean Team-Vereinbarungen oder Black Box-Regelungen.
Clean Team
Bei einer Clean Team-Vereinbarung wird der Zugang zu sensiblen Informationen im Datenraum auf Personen beschränkt, die im Erwerbsunternehmen keine operativen Funktionen innehaben bzw. für eine gewisse Zeit nicht im operativen Geschäft tätig sind.
Wichtig: Personen im Management bzw. aus dem Einkauf oder Vertrieb dürfen nicht auf die Daten zugreifen.
Den Clean Teams sind klare Vorgaben zu machen, wie wettbewerbsrelevante Informationen behandelt und mit wem sie ausgetauscht werden dürfen. Die Informationen dürfen nicht auf frei zugänglichen Laufwerken innerhalb des Unternehmens gespeichert werden.
Erstellt das Clean Team einen zusammenfassenden Bericht für die über den Unternehmenskauf entscheidenden Personen, sind wettbewerbsrelevante Informationen unkenntlich zu machen bzw. zu aggregieren. Der Bericht sollte darüber hinaus vor der Weitergabe von einem Berater des Veräußerers und/oder einem Anwalt mit kartellrechtlicher Expertise geprüft werden.
Höchstmaß an Sicherheit mit Black Box-Vereinbarung
Ein noch höheres Maß an Sicherheit ist gewährleistet, wenn lediglich externe Berater, etwa zur Verschwiegenheit verpflichtete Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, Einblick in die vom Veräußerer zusammengestellten wettbewerblich sensiblen Informationen haben. Die externen Berater verpflichten sich, der Käuferseite nur zusammenfassende Ergebnisse, aber keine sensiblen Details zu übermitteln. Dabei werden alle Berichte vorab durch Kartellrechtsexperten der Verkäuferseite geprüft.
Für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen, ist von vornherein mit dem externen Berater vertraglich zu regeln, dass die Pflicht zur Rückgabe oder Vernichtung aller überlassenen Dokumente besteht.
Wie wir unterstützen
Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von Ebner Stolz sind berufsrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Einem Clean Team stehen wir gerne beratend zur Seite oder übernehmen diese Funktion. Gerne erbringen wir die Leistungen im Rahmen einer Black Box-Vereinbarung.
Wir analysieren, bewerten und aggregieren jeweils die vom Verkäufer in den Datenraum eingestellten wettbewerblichen Informationen, stimmen die Analyseergebnisse mit dem Verkäufer sowie dessen Rechtsanwälten ab und legen die Arbeitsergebnisse in neutralisierter Form dem Käufer vor.
Sollte die Transaktion nicht zustande kommen, geben wir die relevanten Daten zurück bzw. vernichten diese. Im Falle eines Vollzugs der Transaktion kann der Erwerber die zusammengestellten Daten nach ggf. erforderlichen kartellrechtlichen Genehmigung für seine eigenen Zwecke nutzen.