Bei der EU-Kommission war die Zustimmung zu diesem Gesetz aufgrund deren Vorbehalts zu beihilferechtlichen Vorschriften einzuholen. Erst danach konnte das Gesetz in Kraft treten. Die Zustimmung der EU-Kommission wurde am 4.7.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I S. 908). Damit sind wichtige Änderungen des Strom- und Energiesteuerrechts überwiegend zum 1.7.2019 in Kraft getreten.
Vor allem die Voraussetzungen für bestimmte Stromsteuerbefreiungen wurden modifiziert, um auch künftig die Konformität mit dem EU-Beihilferecht zu gewährleisten. Entlastung und Nachweisführung für den Versandhandel mit Energieerzeugnissen wurden an die EU-Vorgaben angepasst. Zudem wurde für geringfügige Verfahrensabweichungen im Steueraussetzungsverfahren eine Regelung geschaffen, wonach nicht zwingend eine Besteuerung ausgelöst wird. Zugleich wurden die Durchführungsverordnungen geändert, auch enthält das Gesetz Erleichterungen bei der Erfüllung der Transparenzpflichten. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Änderungen.
Einschränkungen der Stromsteuerbefreiungen
Von besonderer Bedeutung sind die Einschränkungen der Stromsteuerbefreiungen für aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom (sog. Grünstrom und in sog. Kleinanlagen, d.h. elektrische Nennleistung bis zu 2 Megawatt - MW). Nach Auffassung der EU-Kommission handelt es sich bei diesen Befreiungen um genehmigungspflichtige staatliche Beihilfen. In ihrer früheren Fassung hätten die Stromsteuerbefreiungen dem EU-Beihilferecht nicht mehr entsprochen und daher für ein Fortgelten der Befreiungen einer Anpassung bedurft. Auch daher sah der deutsche Gesetzgeber sich zu Änderungen veranlasst.
Die Steuerbefreiung für sog. Grünstrom wird nur noch gewährt für Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei MW aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch entnommen wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG n. F.).
Das Erfordernis des Grünstromnetzes ist entfallen, allerdings ist nur noch ein „echter Selbstverbrauch“ begünstigt. Selbstverbrauch bedeutet Personenidentität zwischen dem Anlagenbetreiber und demjenigen, der den Strom zum Verbrauch entnimmt. Keine Befreiung besteht, wenn der Strom in das allgemeine Versorgungsnetz eingespeist wird. Dabei liegt eine Einspeisung auch vor, wenn der Strom lediglich kaufmännisch-bilanziell weitergegeben und daher als eingespeist behandelt wird (§ 9 Abs. 1a StromStG n. F.). Anders als im Referentenentwurf vorgesehen, schließt eine Einspeisung in ein geschlossenes Verteilernetz einen Selbstverbrauch nicht aus. Zugleich wurde der Begriff des Netzes für die allgemeine Versorgung mit Strom zwar in Anlehnung an das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) definiert, ohne dass er mit diesem inhaltsgleich sein soll. Soweit eine Stromerzeugung aus Deponiegas, Klärgas oder Biomasse nur durch eine Zünd- oder Stützfeuerung mit anderen als den vorgenannten Stoffen technisch möglich ist, ist dies unschädlich.
Die Steuerbefreiung für in sog. Kleinanlagen erzeugten Strom ist nun vor allem daran geknüpft, dass der Strom aus erneuerbaren Energieträgern oder in hocheffizienten KWK-Anlagen erzeugt wird. Dies sind ortsfeste Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme, die die Voraussetzungen nach § 53a Abs. 6 Satz 4 und 5 EnergieStG erfüllen. Auch weiterhin muss der Betreiber der Anlage den Strom Eigenerzeuger im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnehmen. Alternativ wird der Strom von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt an einen Letztverbraucher geleistet, der den Strom im räumlichen Zusammenhang zur Anlage entnimmt.
Hinweis
Die Befreiung wird damit auch weiterhin nicht nur gewährt, wenn der Betreiber an den Letztverbraucher leistet, sondern auch wenn der Strom von demjenigen, den der Betreiber mit der Stromerzeugung beauftragt hat, an Letztverbraucher geleistet wird.
Neu sind auch die Erlaubnisvorbehalte für steuerfreien Grünstrom und in Kleinanlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG erzeugten Strom. Die Erlaubnisse gelten jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen als erteilt, wenn der Antrag bis zum 31.12.2019 nachgereicht wird.
Hinweis
Die Entnahme von Strom für bestimmte Zwecke nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b StromStG ist in bestimmten Fällen aber bereits allgemein erlaubt, z. B. für die Erzeugung in Stromerzeugungsanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 1 MW aus erneuerbaren Energieträgern und unter weiteren Voraussetzungen in hocheffizienten KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 50 kW.
Überdies wurde das Kriterium der Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch festgelegt, da steuerfrei grundsätzlich nur solche erzeugten Strommengen sein können, die zeitgleich zum Verbrauch entnommen werden. Die Mengen sind daher etwa durch registrierende Lastgangmessungen zu messen, es sei denn, die Zeitgleichheit kann auf andere Weise nachgewiesen werden.
Wird in den o. g. Fällen versteuerter Strom verwendet, sieht die StromStV korrespondierend unter den dort genannten Voraussetzungen u. U. pauschalierte Entlastungen vor.
Als Auffangtatbestand für die Anlagen, die unter die neue Regelung zu den Kleinanlagen fallen, wurde § 9 Abs. 1 Nr. 6 StromStG neu geschaffen. Danach ist - losgelöst von erneuerbaren Energieträgern oder hocheffizienten KWK-Anlagen - Strom steuerfrei, der in einer Kleinanlage erzeugt und am Ort der Erzeugung verwendet wird, sofern die Anlage weder mittel- noch unmittelbar an das Netz für die allgemeine Versorgung mit Strom angeschlossen und zur Stromerzeugung nachweislich versteuerte Energieerzeugnissen eingesetzt werden.
Hinweis
Damit sollen sog. Bagatellfälle weiterhin begünstigt sein, z.B. tragbare Stromgeneratoren, Dieselaggregate etc.
Überdies gelten stationäre Batteriespeicher seit 1.7.2019 per gesetzlicher Festlegung als Teil des Versorgungsnetzes, eine Zulassung durch das zuständige Hauptzollamt ist nicht mehr nötig.
Spitzenausgleich (Strom- und Energiesteuer)
Im Zeitraum vom 21.8.2018 bis 20.8.2021 können Zertifizierungen von Energiemanagementsystemen wahlweise nach DIN EN IS0 50001:2011 oder DIN EN ISO 50001:2018 durchgeführt werden. Auch die Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung (SPaEfV) wird entsprechend angepasst.
Neuer Entlastungstatbestand
Das Energiesteuerrecht enthält einen neuen Entlastungstatbestand, der sowohl die Wirtschaft als auch die Zollverwaltung entlasten soll, wenn bei Fehlern im Steueraussetzungsverfahren eine Gesamtbetrachtung des konkreten Falles ergibt, dass die Entstehung der Energiesteuer im Ergebnis nicht gerechtfertigt ist. Die Energieerzeugnisse müssen den Berechtigten allerdings zumindest erreicht haben und abgesehen von einer unbeabsichtigten Abweichung vom Normalverfahren darf kein tatsächlicher Entzug aus dem Steueraussetzungsverfahren stattgefunden haben. Aus den gleichen Erwägungen entsteht bei Unregelmäßigkeiten im Steueraussetzungsverfahren durch geringfügige Verfahrensabweichungen bereits keine Energiesteuer.
Energie- und Stromsteuer-Transparenzverordnung
Bedeutende Anpassungen gab es auch in der sog. Energie- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV), u. a. sind die Verpflichtungen aus § 3 Abs. 1 EnSTransV nun an ein Aufkommen von 200.000 Euro oder mehr im Kalenderjahr je Steuerbegünstigung gekoppelt. Ausnahmen von der Nutzung des elektronischen Erfassungsportals sind nur noch in begründeten Härtefällen auf Antrag zulässig.
Wie im Strom- und Energiesteuerrecht üblich sind vielfach auf amtlichen Vordrucken einzelfallabhängige (Melde-) Pflichten zu erfüllen.
Hinweis
Unternehmen sollten daher vor allem prüfen, welche Steuervergünstigungen ihnen unter der neuen Rechtslage (noch) zustehen. Im Falle einer Stromsteuerbefreiung für „Grünstrom“, der Entnahme von Strom zur Stromerzeugung und für Kleinanlagen ist die jeweils notwendige Einzelerlaubnis rechtzeitig zu beantragen.