Arbeitnehmer, die vorübergehend im europäischen Ausland arbeiten, aber weiter dem Sozialversicherungsrecht ihres Ansässigkeitsstaates unterliegen, benötigen eine A1-Bescheinigung und können so ihren SV-Status nachweisen. Ausgestellt wird die A1-Bescheinigung in der Regel von der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse.
In einem polnisches Recht betreffenden Vorabentscheidungsersuchen wurde dem EuGH die Frage vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen der Träger, der eine A1-Bescheinigung ausgestellt hat und der nach einer von Amts wegen durchgeführten Überprüfung Unrichtigkeiten der der ausgestellten Bescheinigung zugrunde liegenden Angaben feststellt, die Bescheinigung widerrufen darf.
Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass der Widerruf der A1-Bescheinigung möglich ist, ohne zuvor das in Art. 76 Abs. 6 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorgesehene Dialog- und Vermittlungsverfahren mit den Trägern der betreffenden Mitgliedstaaten eingeleitet zu haben, um die anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften zu bestimmen.
Hinweis: Zwar sieht Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vor, dass sich der Träger eines Mitgliedstaats, der Zweifel an der Gültigkeit oder der korrekten Darstellung des zugrundeliegenden Sachverhalts eines von dem Träger eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Dokuments an den ausstellenden Träger zu wendet hat, um ggf. den Widerruf des Dokuments zu erreichen. Der Widerruf einer A1-Bescheinigung durch den ausstellenden Träger wegen eigener Zweifel sei aber nicht auf eine Streitigkeit zwischen dem ausstellenden Träger und dem Träger eines anderen Mitgliedstaats zurückzuführen, so dass laut EuGH die Verordnungsvorgaben gerade nicht anwendbar sind.
Die Entscheidung macht deutlich, dass bei der Beantragung einer A1-Bescheinigung auf die vollständige und korrekte Darstellung des Sachverhalts genau zu achten ist, da andernfalls die Bescheinigung von dem ausstellenden Träger (auch rückwirkend) widerrufen werden kann. Während der Laufzeit der Bescheinigung ist weiter darauf zu achten, ob sich die Verhältnisse verändern, da dies anzeigepflichtig sein kann. Auch hier droht ein Widerruf, sollten sich die Verhältnisse so ändern, dass eine anderweitige Entscheidung über das anzuwendende SV-Recht zu treffen wäre und die Anzeige unterbleibt.