Im Juni 2020 legte die Bundesregierung nochmals nach und beschloss mit dem Corona-Konjunkturpaket milliardenschwere Unterstützungsmaßnahmen. Was sollten nun Unternehmen aus steuerlicher Sicht tun, um auch weiterhin ihre Liquidität zu schützen bzw. zu verbessern?
Die Zeiten des „Corona-Lockdowns“ scheinen überwunden zu sein. Die wirtschaftliche Situation der meisten Unternehmen ist jedoch eine ganz andere als vor dem Beginn der Corona-Pandemie. Umsatzrückgänge lassen sich regelmäßig nicht aufholen. Liquiditätsengpässe sind weiterhin eines der brennendsten Probleme und können ggf. existenzgefährdende Ausmaße annehmen. Wurden die ersten steuerlichen Soforthilfemaßnahmen, insb. Steuerstundungen und Herabsetzungen von Vorauszahlungen, in Anspruch genommen, besteht nun weiterer Handlungsbedarf , um sich nicht plötzlich mit sofort fälligen Steuerbeträgen konfrontiert zu sehen, die ggf. die liquiden Mittel aufzehren.
Szenario 1: Die Geschäftssituation ist weiter angespannt
Unternehmen, die weiterhin mit erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen haben, sollten nachjustieren, um nicht vom Auslaufen einer zu Beginn der Krise gewährten Steuerstundung überrascht zu werden. Die Finanzämter wurden mit BMF-Schreiben vom 19.3.2020 angewiesen, Steuerstundungen für die Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer zu gewähren, wenn Unternehmen erheblich von der Corona-Krise betroffen sind. Falls die Steuerstundung jedoch bspw. nur für drei Monate gewährt wurde, ist nun zu prüfen, ob und inwieweit die Liquiditätssituation auch nach dem Lockdown noch so angespannt ist, dass die Voraussetzungen für eine Steuerstundung weiterhin erfüllt sind. Dann sollte im Einzelfall eine Verlängerung der Stundung beantragt werden. Um den richtigen Stundungszeitraum bestimmen zu können, ist eine laufend aktualisierte Finanz- und Liquiditätsplanung unerlässlich. Auch nach dem Lockdown muss für die (verlängerte) Inanspruchnahme der Stundungsmöglichkeit die Corona-Krisenbetroffenheit durch entsprechende Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nachgewiesen werden können. Sofern bislang nur die Stundung bzw. Herabsetzung eines Teils der fälligen Steuern beantragt und gewährt wurde, könnte zudem geprüft werden, ob die aktuelle Situation des Unternehmens eine weitergehende Stundung oder Herabsetzung rechtfertigen kann, um dem Unternehmen mehr Liquidität zu verschaffen.
Eine weitere Option kann die Berücksichtigung des voraussichtlich 2020 entstehenden Verlusts im Wege eines pauschalen Verlustrücktrags sein. Zunächst gab die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 24.4.2020 vor, dass der Gewinn im Veranlagungszeitraum 2019 pauschal um 15 % verringert werden kann und darauf basierend die Steuervorauszahlungen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019 berechnet werden. Mit dem sog. Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz, dessen Entwurf die Bundesregierung am 12.6.2020 beschloss, wird die Möglichkeit der Anpassung der Vorauszahlungen für 2019 nochmals erweitert. Pauschal kann der Gesamtbetrag der Einkünfte um 30 % gemindert und darauf basierend die Vorauszahlungen für 2019 berechnet werden. Die pauschale Minderung ist auf 5 Mio. Euro (bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten auf 10 Mio. Euro) gedeckelt. Voraussetzung der Anpassung der Vorauszahlungen für 2019 ist lediglich, dass die Vorauszahlungen für 2020 bereits auf null Euro herabgesetzt sind. Im Rahmen der Steuerveranlagung für 2019 kann entsprechend ein vorläufiger Verlustrücktrag berücksichtigt werden. Wird mit der Veranlagung für 2020 dann der tatsächlich mögliche Verlustrücktrag ermittelt, ist dieser in der Steuerveranlagung 2019 nachträglich zu berücksichtigen und diese zu ändern.
Szenario 2: Es geht bergauf
Unternehmen, die vor allem in den Monaten März und April negativ von der Krise betroffen waren, nun aber eine (unerwartet) positive Entwicklung verzeichnen können, werden regelmäßig keine Verlängerung der Stundung in Anspruch nehmen können. Sie haben vielmehr dafür Sorge zu tragen, dass zum Zeitpunkt der nach Ablauf der gewährten Stundung eintretenden Fälligkeit die liquiden Mittel zur Steuerzahlung vorhanden sind. Sollte aus anderen Gründen abseits der Betroffenheit durch die Corona-Krise zur Vermeidung einer erheblichen Härte eine Verlängerung der Stundung beantragt werden, ist zu beachten, dass eine solche Stundung - anders als die durch die Corona-Krise bedingte Stundung - Stundungszinsen auslöst.
Wurden bereits Corona-bedingt die Steuervorauszahlungen für 2020 herabgesetzt und verbessert sich nun die wirtschaftliche Situation des Unternehmens gegenüber der zugrunde gelegten Planung, sollte aus Vorsichtsgründen nochmals geprüft werden, ob die Herabsetzung zutreffend und vollständig begründet wurde. Bestehen Zweifel daran, sollte ggf. eine entsprechende Heraufsetzung der Vorauszahlungen beantragt werden, um Konflikte mit der Finanzverwaltung zu vermeiden. Zudem ist dafür Sorge zu tragen, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeit einer Steuernachzahlung für 2020 ausreichend Liquidität zu deren Begleichung vorhanden ist.
Verlängerte Abgabefristen beachten
In jedem Fall ist darauf zu achten, dass Abgabefristen eingehalten werden. Wurden zur Krisenbewältigung Verlängerungen für die Abgabe von Lohnsteuer- oder Umsatzsteueranmeldungen beantragt und gewährt, weil Mitarbeiter in der Finanzabteilung fehlten und deshalb eine fristgerechte Abgabe nicht möglich war, ist nun darauf zu achten, dass die Anmeldungen innerhalb der verlängerten Abgabefrist fristgerecht eingereicht werden. Andernfalls drohen Verspätungszuschläge.