Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine niederländische Gesellschaft. Sie stellte beim Finanzamt einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern. Die Behörde vergütete jedoch nur einen Teil der geltend gemachten Vorsteuern. Der Ablehnungsbescheid vom 28.9.2012 wurde am 1.10.2012 elektronisch bekannt gegeben. Mit einem am 12.11.2012 beim Finanzamt eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin die Vergütung von Vorsteuern in der ursprünglich geltend gemachten Höhe. Das Finanzamt wertete dies als verfristeten Einspruch.
Daraufhin verwarf das Finanzamt den Einspruch als unzulässig. Es war der Ansicht, dass die Einspruchsfrist versäumt worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand käme nicht in Betracht. Als Unternehmerin mit Auslandsbezug habe es in der Verantwortung der Klägerin gelegen, die erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen rechtzeitig zu schaffen, damit wirksam bekannt gegebene Bescheide rechtzeitig geprüft werden könnten.
Das FG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Der angefochtene Bescheid war bestandskräftig.
Der Einspruch vom 12.11.2012 war verfristet. Das Finanzamt hatte zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Klägerin war nicht ohne Verschulden verhindert, die Rechtsbehelfsfrist einzuhalten. Denn nach ständiger BFH-Rechtsprechung muss auch ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Steuerpflichtiger die ihm in eigener Sache obliegenden Sorgfaltspflichten erfüllen. Diese Sorgfaltspflicht besteht darin, sich in angemessener Zeit eine Übersetzung der ihm zugehenden amtlichen Schriftstücke zu verschaffen und dann entsprechend zu reagieren. Bei einem rechtsunkundigen Steuerpflichtigen kann ein Rechtsirrtum über Verfahrensfragen nur dann zur Wiedereinsetzung führen, wenn er Zweifel, die bei ihm hatten aufkommen müssen, rechtzeitig klärt.
Infolgedessen hätte die Klägerin die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass auch im Urlaubsfall der zuständigen Sachbearbeiterin deutsche Steuerbescheide rechtzeitig übersetzt werden, um sicherzustellen, dass Rechtsbehelfsfristen eingehalten werden können. Insoweit war es auch nicht beachtlich, dass die Urlaubsvertretung den streitgegenständlichen Bescheid als solchen nicht erkannt haben will, da sie für diesen Fall verpflichtet gewesen wäre, sich durch eine Übersetzung Gewissheit über den Inhalt des Schreibens zu verschaffen.
Hinsichtlich der fehlenden Anhörung vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides hatte das Finanzamt zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin spätestens im Einspruchsverfahren die Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Auch bei fehlender Anhörung ist in einem solchen Fall die Bestandskraft als Ausdruck des Wunsches des Gesetzgebers, Rechtssicherheit herzustellen, nicht zu durchbrechen.
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