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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne Antrag bei Nachholung der versäumten Handlung

FG Köln 11.3.2015, 2 K 2143/13

Nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung muss auch ein der deut­schen Sprache nicht mäch­ti­ger Steu­er­pflich­ti­ger die ihm in ei­ge­ner Sa­che ob­lie­gen­den Sorg­falts­pflich­ten erfüllen. Bei einem rechts­un­kun­di­gen Steu­er­pflich­ti­gen kann ein Rechts­irr­tum über Ver­fah­rens­fra­gen nur dann zur Wie­der­ein­set­zung führen, wenn er Zwei­fel, die bei ihm hat­ten auf­kom­men müssen, recht­zei­tig klärt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine nie­derländi­sche Ge­sell­schaft. Sie stellte beim Fi­nanz­amt einen An­trag auf Vergütung von Vor­steu­ern. Die Behörde vergütete je­doch nur einen Teil der gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­ern. Der Ab­leh­nungs­be­scheid vom 28.9.2012 wurde am 1.10.2012 elek­tro­ni­sch be­kannt ge­ge­ben. Mit einem am 12.11.2012 beim Fi­nanz­amt ein­ge­gan­ge­nen Schrei­ben be­an­tragte die Kläge­rin die Vergütung von Vor­steu­ern in der ur­sprüng­lich gel­tend ge­mach­ten Höhe. Das Fi­nanz­amt wer­tete dies als ver­fris­te­ten Ein­spruch.

Die Kläge­rin ver­langte die Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand. Die zuständige Mit­ar­bei­te­rin habe sich bei Zu­stel­lung des Steu­er­be­schei­des im Ur­laub be­fun­den. Die Ur­laubs­ver­tre­tung habe das Schrei­ben nicht als Be­scheid er­kannt, da ihr die deut­schen Fach­ausdrücke nicht geläufig ge­we­sen seien. Dies habe erst die zuständige Mit­ar­bei­te­rin nach der Rück­kehr aus Ih­rem Ur­laub er­kannt, wor­auf­hin um­ge­hend die feh­len­den Be­lege beim Fi­nanz­amt ein­ge­reicht wor­den seien.

Dar­auf­hin ver­warf das Fi­nanz­amt den Ein­spruch als un­zulässig. Es war der An­sicht, dass die Ein­spruchs­frist versäumt wor­den sei. Eine Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand käme nicht in Be­tracht. Als Un­ter­neh­me­rin mit Aus­lands­be­zug habe es in der Ver­ant­wor­tung der Kläge­rin ge­le­gen, die er­for­der­li­chen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­aus­set­zun­gen recht­zei­tig zu schaf­fen, da­mit wirk­sam be­kannt ge­ge­bene Be­scheide recht­zei­tig geprüft wer­den könn­ten.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der an­ge­foch­tene Be­scheid war be­standskräftig.

Der Ein­spruch vom 12.11.2012 war ver­fris­tet. Das Fi­nanz­amt hatte zu Recht keine Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand gewährt. Die Kläge­rin war nicht ohne Ver­schul­den ver­hin­dert, die Rechts­be­helfs­frist ein­zu­hal­ten. Denn nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung muss auch ein der deut­schen Sprache nicht mäch­ti­ger Steu­er­pflich­ti­ger die ihm in ei­ge­ner Sa­che ob­lie­gen­den Sorg­falts­pflich­ten erfüllen. Diese Sorg­falts­pflicht be­steht darin, sich in an­ge­mes­se­ner Zeit eine Über­set­zung der ihm zu­ge­hen­den amt­li­chen Schriftstücke zu ver­schaf­fen und dann ent­spre­chend zu rea­gie­ren. Bei einem rechts­un­kun­di­gen Steu­er­pflich­ti­gen kann ein Rechts­irr­tum über Ver­fah­rens­fra­gen nur dann zur Wie­der­ein­set­zung führen, wenn er Zwei­fel, die bei ihm hat­ten auf­kom­men müssen, recht­zei­tig klärt.

In­fol­ge­des­sen hätte die Kläge­rin die Vor­aus­set­zun­gen dafür schaf­fen müssen, dass auch im Ur­laubs­fall der zuständi­gen Sach­be­ar­bei­te­rin deut­sche Steu­er­be­scheide recht­zei­tig über­setzt wer­den, um si­cher­zu­stel­len, dass Rechts­be­helfs­fris­ten ein­ge­hal­ten wer­den können. In­so­weit war es auch nicht be­acht­lich, dass die Ur­laubs­ver­tre­tung den streit­ge­genständ­li­chen Be­scheid als sol­chen nicht er­kannt ha­ben will, da sie für die­sen Fall ver­pflich­tet ge­we­sen wäre, sich durch eine Über­set­zung Ge­wiss­heit über den In­halt des Schrei­bens zu ver­schaf­fen.

Hin­sicht­lich der feh­len­den Anhörung vor Er­lass des streit­ge­genständ­li­chen Be­schei­des hatte das Fi­nanz­amt zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Kläge­rin spätes­tens im Ein­spruchs­ver­fah­ren die Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nahme hatte. Auch bei feh­len­der Anhörung ist in einem sol­chen Fall die Be­stands­kraft als Aus­druck des Wun­sches des Ge­setz­ge­bers, Rechts­si­cher­heit her­zu­stel­len, nicht zu durch­bre­chen.

Link­hin­weis:

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