Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine GmbH. Ihr satzungsgemäßes Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Über ihr Vermögen wurde mit Beschluss des AG Freiburg vom 1.5.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 12.5.2015 wurde Eigenverwaltung angeordnet und ein Sachwalter bestellt.
Das AG lehnte die Bestellung ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hatte vor dem OLG ebenso wenig Erfolg wir die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht angenommen, dass § 155 Abs. 3 S. 2 InsO nicht nur für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Verfahrens gilt, sondern für die Geschäftsjahre davor entsprechende Anwendung findet. Ist für ein vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endendes Geschäftsjahr im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits ein Abschlussprüfer bestellt, so wird die Wirksamkeit dieser Bestellung durch die Eröffnung nicht berührt.
Das AG hat die Bestellung der Beteiligten zu 2) als neue Abschlussprüferin für das mit dem 31.12.2014 endende Geschäftsjahr der Schuldnerin zu Recht abgelehnt, weil die Wirksamkeit der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Bestellung der Beteiligten zu 3) entsprechend § 155 Abs. 3 S. 2 InsO durch die Verfahrenseröffnung nicht berührt wurde. § 155 Abs. 3 S. 2 InsO wird als gesetzliche Durchbrechung der §§ 115, 116 InsO angesehen, wonach Geschäftsbesorgungsaufträge durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen. Die Vorschriften über das Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen gelten auch, wenn Eigenverwaltung angeordnet wurde mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Insolvenzverwalters der Schuldner tritt (§ 279 S. 1 InsO).
Es ist umstritten, ob § 155 Abs. 3 S. 2 InsO nur für das durch die Insolvenzeröffnung regelmäßig entstehende Rumpfgeschäftsjahr (§ 155 Abs. 2 S. 1 InsO) bis zur Insolvenzeröffnung gilt oder ob die Regelung auch auf die davorliegenden Geschäftsjahre anzuwenden ist. Der Senat hat die Frage bisher nicht entschieden. Einerseits wird vertreten, dass nach § 155 Abs. 3 S. 2 InsO die Wirksamkeit einer bereits vor der Verfahrenseröffnung vorgenommenen Bestellung eines Abschlussprüfers durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur dann nicht berührt werde, wenn sie das mit ihr endende Geschäftsjahr betreffe. Für davor liegende Geschäftsjahre habe die Bestellung nach § 155 Abs. 3 S. 1 InsO auf Antrag des Insolvenzverwalters durch das AG (neu) zu erfolgen. Andererseits wird vertreten, dass auch die Bestellung eines Abschlussprüfers für frühere Jahre von § 155 Abs. 3 S. 2 InsO erfasst und deren Wirksamkeit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt werde.
Die letztgenannte Auffassung ist richtig. Die gesetzliche Anordnung in § 155 Abs. 3 S. 2 InsO, dass die Wirksamkeit der Bestellung eines Abschlussprüfers für ein vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endendes Geschäftsjahr durch die nach der Bestellung erfolgte Eröffnung nicht berührt wird, gilt nicht nur für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Verfahrens, sondern auch für die davor liegenden Geschäftsjahre. Für die gegenteilige Auffassung spricht zwar der Wortlaut des § 155 Abs. 3 S. 2 InsO, der ausdrücklich das "Geschäftsjahr vor der Eröffnung" nennt. Richtigerweise ist aber im Hinblick auf die Geschäftsjahre, die vor dem letzten Geschäftsjahr vor der Insolvenzeröffnung liegen, von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, die durch eine analoge Anwendung des § 155 Abs. 2 S. 2 InsO zu schließen ist.
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