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Wohnungseigentümergemeinschaften können als Verbraucher angesehen werden

BGH 24.3.2015, VIII ZR 243/13 u.a.

Eine natürli­che Per­son ver­liert ihre Schutzwürdig­keit als Ver­brau­cher nicht da­durch, dass sie - durch den Er­werb von Woh­nungs­ei­gen­tum kraft Ge­set­zes (zwin­gend) - Mit­glied ei­ner Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft wird. In­fol­ge­des­sen wird die in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung um­strit­tene Frage, ob eine Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft als Ver­brau­cher gem. § 13 BGB an­zu­se­hen ist, nun­mehr be­jaht.

Der Sach­ver­halt:
Bei den Klägern in den Ver­fah­ren Az.: VIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14 han­delte es sich um Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaf­ten. Sie hat­ten mit dem be­klag­ten Un­ter­neh­men Gas­lie­fe­rungs­verträge ab­ge­schlos­sen. Die Verträge ent­hiel­ten for­mu­larmäßige Preis­an­pas­sungs­klau­sel (sog. Span­nungs­klau­seln), nach de­nen sich der Ar­beits­preis für die Lie­fe­rung von Gas zu be­stimm­ten Zeit­punk­ten aus­schließlich in Abhängig­keit von der Preis­ent­wick­lung für Heizöl ändern sollte.

Die Kläger mach­ten gel­tend, dass sie als Ver­brau­cher an­zu­se­hen seien. Des­we­gen sei die Preis­an­pas­sungs­klau­sel gem. § 307 Abs. 1 BGB un­wirk­sam, so dass sie die vom Ver­sor­gungs­un­ter­neh­men ver­lang­ten erhöhten Beträge nicht schul­de­ten bzw. ih­nen ein Rück­for­de­rungs­an­spruch zu­stehe, so­weit sie die ver­lang­ten Beträge ge­zahlt hätten.

Im Ver­fah­ren Az.: VIII ZR 243/13 ging es da­bei um einen Be­trag von rund 184.736 € für einen Lie­fer­zeit­raum von 2 ½ Jah­ren. Das OLG hatte in al­len Ver­fah­ren ein wirk­sa­mes Preis­an­pas­sungs­recht be­jaht und des­halb zu­guns­ten des Ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens ent­schie­den. Auf die Re­vi­sion der Kläger hob der BGH die Ent­schei­dun­gen auf und wies die Sa­chen zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung um­strit­tene Frage, ob eine Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft als Ver­brau­cher gem. § 13 BGB an­zu­se­hen ist, wird nun­mehr be­jaht. Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaf­ten sind im In­ter­esse des Ver­brau­cher­schut­zes der in ihr zu­sam­men­ge­schlos­se­nen, nicht ge­werb­lich han­deln­den natürli­chen Per­so­nen re­gelmäßig einem Ver­brau­cher gleich­zu­stel­len, nämlich im­mer dann, wenn ih­nen we­nigs­tens ein Ver­brau­cher an­gehört und sie ein Rechts­ge­schäft zu einem Zweck ab­schließen, der we­der ei­ner ge­werb­li­chen noch ei­ner selbständi­gen be­ruf­li­chen Tätig­keit dient.

Schließlich ver­liert eine natürli­che Per­son ihre Schutzwürdig­keit als Ver­brau­cher nicht da­durch, dass sie - durch den Er­werb von Woh­nungs­ei­gen­tum kraft Ge­set­zes (zwin­gend) - Mit­glied ei­ner Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft wird. Hinzu kommt, dass Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaf­ten beim Ab­schluss von Rechts­ge­schäften mit Drit­ten in der Re­gel - und da­mit auch bei En­er­gie­lie­fe­rungs­verträgen, die (wie hier) der De­ckung des ei­ge­nen Be­darfs die­nen - zum Zwecke der pri­va­ten Vermögens­ver­wal­tung ih­rer Mit­glie­der und da­mit nicht zu ge­werb­li­chen Zwecken han­deln. Dies gilt auch dann, wenn eine Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft bei Ver­trags­schluss durch eine ge­werb­li­che Haus­ver­wal­tung ver­tre­ten wird. Denn für die Ab­gren­zung von un­ter­neh­me­ri­schem und pri­va­tem Han­deln i.S.d. §§ 13, 14 BGB kommt es im Fall ei­ner Stell­ver­tre­tung grundsätz­lich auf die Per­son des Ver­tre­te­nen an.

In­fol­ge­des­sen wa­ren in den Ver­fah­ren Az.: VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14 nach den vom Be­ru­fungs­ge­richt be­reits ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen und im Ver­fah­ren Az.: VIII ZR 243/13 nach dem re­vi­si­ons­recht­lich zu­grunde zu le­gen­den Sach­ver­halt von ei­ner Ver­brau­che­rei­gen­schaft der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaf­ten und da­mit von ei­ner Un­wirk­sam­keit der den streit­ge­genständ­li­chen Preis­erhöhun­gen zu­grunde lie­gen­den Ver­trags­be­stim­mun­gen aus­zu­ge­hen. Im wei­te­ren Ver­fah­ren müssen die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu dem je­weils ge­schul­de­ten Ar­beits­preis - so­wie im Ver­fah­ren Az.: VIII ZR 243/13 zur per­so­nel­len Zu­sam­men­set­zung der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft - nach­ge­holt wer­den.

Hin­ter­grund:
Ähn­li­che for­mu­larmäßig ver­ein­barte Preis­an­pas­sungs­klau­seln wie die hier ver­wen­dete hatte der Se­nat be­reits in früheren Ur­tei­len bei ei­ner Ver­wen­dung ge­genüber Un­ter­neh­mern als wirk­sam er­ach­tet (Urt. v. 14.5.2014, Az.: VIII ZR 114/13 und VIII ZR 116/13), bei ei­ner Ver­wen­dung ge­genüber Ver­brau­chern je­doch ent­schie­den, dass sie der In­halts­kon­trolle nicht stand­hal­ten, so­weit sie künf­tige Preisände­run­gen be­tref­fen (Urt. v. 24.3.2010, Az.: VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08).

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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