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Rechtsberatung

YouTube-Kanal zu Werbezwecken kein audiovisueller Mediendienst

BGH 13.9.2018, I ZR 117/15

We­der ein beim In­ter­net­dienst YouTube zu Wer­be­zwe­cken be­trie­be­ner Vi­deo­ka­nal noch ein dort ab­ruf­ba­res Wer­be­vi­deo stel­len einen au­dio­vi­su­el­len Me­di­en­dienst i.S.v. Art. 1 Abs. 1 a der Richt­li­nie 2010/13/EU dar. Wird mit einem auf die­sem Wer­be­ka­nal ab­ruf­ba­ren Vi­deo für neue Per­so­nen­kraft­wa­gen ge­wor­ben, sind des­halb An­ga­ben über den of­fi­zi­el­len Kraft­stoff­ver­brauch und die of­fi­zi­el­len spe­zi­fi­schen CO2-Emis­sio­nen der be­wor­be­nen Mo­delle zu ma­chen.

Der Sach­ver­halt:

Die Be­klagte ver­treibt in Deutsch­land Au­to­mo­bile. Sie un­terhält bei dem In­ter­net­dienst YouTube einen Vi­deo­ka­nal, auf dem sie im Fe­bruar 2014 ein etwa fünf­zehn Se­kun­den lan­ges Werbe-Vi­deo mit einem ih­rer Au­to­mo­bile veröff­ent­lichte. Un­ter dem Vi­deo be­fand sich fol­gen­der Text: "In 5,9 Se­kun­den von 0 auf 100 km/h mit dem stärks­ten Se­ri­en­mo­tor der P. -Ge­schichte. Ent­de­cke die R. bei einem Ver­trags­part­ner in Dei­ner Nähe und lass Dich be­geis­tern."

Die in die Liste qua­li­fi­zier­ter Ein­rich­tun­gen nach § 4 UKlaG ein­ge­tra­gene Kläge­rin war der An­sicht, die Be­klagte habe bei die­ser Wer­bung An­ga­ben zum of­fi­zi­el­len Kraft­stoff­ver­brauch und den of­fi­zi­el­len CO2-Emis­sio­nen des P. R. ma­chen müssen. Das LG gab der Klage statt. Die Be­klagte hat im Be­ru­fungs­ver­fah­ren eine Un­ter­wer­fungs­erklärung ab­ge­ge­ben, wel­che die Kläge­rin an­ge­nom­men hat. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten mit der Maßgabe zurück­ge­wie­sen, dass es die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Un­ter­las­sung nach vor­ste­hend wie­der­ge­ge­be­nem An­trag aus­ge­spro­chen hat.

Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hat der Se­nat mit Be­schluss vom 12.1.2017 dem EuGH fol­gende Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt: "Be­treibt der­je­nige, der bei dem In­ter­net­dienst YouTube einen Vi­deo­ka­nal un­terhält, von dem In­ter­net­nut­zer kurze Wer­be­vi­deos für Mo­delle neuer Per­so­nen­kraft­wa­gen ab­ru­fen können, einen au­dio-vi­su­el­len Me­di­en­dienst i.S.v. Art. 1 Abs. 1 a der Richt­li­nie 2010/13/EU zur Ko­or­di­nie­rung be­stimm­ter Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Be­reit­stel­lung au­dio­vi­su­el­ler Me­di­en­dienste?"

Der EuGH hat diese Frage wie folgt be­ant­wor­tet (EuGH, Urt. v. 21.2.2018 - C-132/17 - Peu­geot Deutsch­land/Deut­sche Um­welt­hilfe): "Art. 1 Abs. 1 a der Richt­li­nie 2010/13/EU ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die De­fi­ni­tion des Be­griffs "au­dio­vi­su­el­ler Me­di­en­dienst" we­der einen Vi­deo­ka­nal wie den im Aus­gangs­ver­fah­ren in Rede ste­hen­den, auf dem die In­ter­net­nut­zer kurze Wer­be­vi­deos für Mo­delle neuer Per­so­nen­kraft­wa­gen ab­ru­fen können, noch ei­nes die­ser Vi­deos für sich ge­nom­men er­fasst."

In­fol­ge­des­sen blieb die Re­vi­sion der Be­klag­ten blieb vor dem BGH ohne Er­folg.

Gründe:

Der Kläge­rin steht der gel­tend ge­machte Un­ter­las­sungs­an­spruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.) i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 Pkw-EnVKV zu. Die Be­klagte hat ge­gen ihre Ver­pflich­tung ver­stoßen, bei der in Rede ste­hen­den Wer­bung auf ih­rem YouTube-Ka­nal für das Per­so­nen­kraft­wa­gen­mo­dell P. R. An­ga­ben zum of­fi­zi­el­len Kraft­stoff­ver­brauch und zu den of­fi­zi­el­len spe­zi­fi­schen CO2-Emis­sio­nen zu ma­chen.

Zwar sind nach § 5 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 Pkw-EnVKV Hörfunk­dienste und au­dio­vi­su­elle Me­di­en­dienste i.S.v. Art. 1 Abs. 1 a der Richt­li­nie 2010/13/EU von der Pflicht aus­ge­nom­men, den of­fi­zi­el­len Kraft­stoff­ver­brauch und die of­fi­zi­el­len spe­zi­fi­schen CO2-Emis­sio­nen der be­tref­fen­den Mo­delle neuer Per­so­nen­kraft­wa­gen an­zu­ge­ben. Eine Re­ge­lung wie in § 5 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 Pkw-EnVKV ist zwar in der Richt­li­nie 1999/94/EG nicht ausdrück­lich vor­ge­se­hen. Sie steht je­doch mit ihr im Ein­klang, weil sie auf ei­ner in der Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Emp­feh­lung der Eu­ropäischen Kom­mis­sion be­ruht.

Al­ler­dings stel­len we­der das Wer­be­vi­deo " P. R. " noch der von der Be­klag­ten be­trie­bene YouTube-Ka­nal einen au­dio­vi­su­el­len Me­di­en­dienst i.S.v. Art. 1 Abs. 1 a Zif­fer i der Richt­li­nie 2010/13/EU dar. Der Wer­be­vi­deo­ka­nal der Be­klag­ten stellt schon des­halb kei­nen au­dio­vi­su­el­len Me­di­en­dienst dar, weil er auf­grund sei­nes Wer­be­zwecks vom Gel­tungs­be­reich die­ser Vor­schrift aus­ge­schlos­sen ist. Der Haupt­zweck des Ka­nals be­steht ge­rade nicht in der Be­reit­stel­lung von Sen­dun­gen zur In­for­ma­tion, Un­ter­hal­tung oder Bil­dung der all­ge­mei­nen Öff­ent­lich­keit über elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­netze, son­dern in der Wer­bung zu rein kom­mer­zi­el­len Zwecken für die dar­ge­stellte Ware oder Dienst­leis­tung; so­weit ein Wer­be­vi­deo Zu­schauer in­for­mie­ren, un­ter­hal­ten oder auch er­zie­hen kann, ge­schieht dies nur mit dem Ziel und als Mit­tel der Wer­bung.

Der YouTube-Vi­deo­ka­nal der Be­klag­ten und das Vi­deo können zu­dem nicht als au­dio­vi­su­elle kom­mer­zi­elle Kom­mu­ni­ka­tion an­ge­se­hen wer­den, weil sie nicht ei­ner Sen­dung ge­gen Ent­gelt oder eine ähn­li­che Ge­gen­leis­tung oder als Ei­gen­wer­bung i.S.v. Art. 1 Abs. 1 h der Richt­li­nie 2010/13 bei­gefügt oder darin ent­hal­ten sind. Der von der Be­klag­ten be­trie­bene Vi­deo­ka­nal enthält nur in­di­vi­du­elle und von­ein­an­der un­abhängige Vi­deos. Diese Vi­deos sind da­mit kei­ner "Sen­dung" i.S.v. Art. 1 Abs. 1 h der Richt­li­nie 2010/13 bei­gefügt oder darin ent­hal­ten.

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