Der Sachverhalt:
Der Kläger wurde Ende 2013 von seiner früheren Ehefrau (B) geschieden. Der Kläger hatte Versorgungsanwartschaften aus einem Versorgungswerk i.H.v. mtl. rd. 3.000 € erworben. Daneben bestand eine Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung eines früheren Arbeitgebers des Klägers. Im Rahmen der Scheidung war eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung über den Versorgungsausgleich hinsichtlich einer betrieblichen Altersversorgung eines früheren Arbeitgebers des Klägers geschlossen worden. Die Beteiligten haben darin vereinbart, dass insoweit kein Wertausgleich bei der Scheidung erfolgt. Andere Regelungen enthielt die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht.
Im Rahmen der Scheidung wurde vom Familiengericht ein Beschluss mit u.a. folgendem Inhalt gefasst: "Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Versorgungswerk X) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. rd. 1.000 € mtl. nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 bis 6 der Satzung des Versorgungswerks X, bezogen auf den 31.12.2013, übertragen. Im Übrigen findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt." Aus dem Beschluss geht weiter hervor, dass der Kläger in der Ehezeit bei dem Versorgungswerk X ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von rd. 2.000 € mtl. erlangt hat. Dieses Anrecht ist nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von rd. 1.000 € mtl. zu Gunsten der B auszugleichen.
Aufgrund der Entscheidung des Familiengerichts erfolgte im Wege des Versorgungsausgleichs eine Übertragung der Versorgungsanwartschaft des Klägers i.H.v. rd. 1.000 € mtl. in Form der internen Teilung an B. Der Kläger nahm nach § 37 Abs. 4 der Satzung des Versorgungswerks die Möglichkeit wahr, seine durch den Versorgungsausgleich gekürzte Rentenanwartschaft durch eine am 31.8.2014 geleistete zusätzliche Zahlung i.H.v. rd. 76.000 € um die Hälfte wieder aufzufüllen. Der Kläger machte diesen Betrag als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt ordnete die Zahlung dagegen der Vermögensebene zu und berücksichtigte den Betrag im Einkommensteuerbescheid 2014 als Beitrag zur Altersvorsorge.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Zahlungen des Klägers zur Wiederauffüllung seiner Rentenanwartschaft lediglich als Sonderausgaben berücksichtigt. Eine Berücksichtigung der Wiederauffüllungszahlung als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften kommt nicht in Betracht.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist, dass sie in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen. Dementsprechend sind auch Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach Erwerbsaufwendungen und damit vorweggenommene Werbungskosten, soweit sie mit (steuerbaren) Renteneinnahmen im Zusammenhang stehen. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs hat im Streitfall zu einer Kürzung der Anwartschaft des Klägers gegenüber dem Versorgungswerk geführt.
Sowohl im Falle der internen Teilung (§ 3 Nr. 55a EStG) als auch bei externer Teilung (§ 3 Nr. 55b EStG) muss nicht mehr der Ausgleichspflichtige, sondern der Ausgleichsberechtigte die Leistungen versteuern. Dies führt beim Ausgleichspflichtigen zu einer Verringerung seiner Anwartschaft und damit zu einer Verringerung der ihm später zufließenden und von ihm zu versteuernden Versorgungsbezüge. Insoweit diente die Wiederauffüllungszahlung dazu, den teilweisen Entzug des dem Kläger zustehenden Anwartschaftsrechtes wiederherzustellen. Die Zahlung hat damit entscheidenden Einfluss auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte des Klägers bei Rentenbeginn. Sie wurde außerdem aus besteuerten Einkünften geleistet. Damit stellt die Wiederauffüllungszahlung ihrer Rechtsnatur nach Erwerbsaufwendungen und damit vorweggenommene Werbungskosten dar.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist die Wiederauffüllungszahlung trotz ihrer Rechtsnatur jedoch nur bei den Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat Altersvorsorgeaufwendungen - ungeachtet der vollen Versteuerung der späteren Leistungen - den Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zugewiesen. Dies sowie die höhenmäßige Beschränkung des Sonderausgabenabzugs sind verfassungsgemäß. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sind Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, Sonderausgaben. Beiträge sind alle Leistungen auf einen wirksam geschlossenen Versicherungsvertrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3, 3a EStG zur Erlangung des Versicherungsschutzes. Darunter fallen nach dem Wortlaut der Norm mithin auch Wiederauffüllungszahlungen nach Durchführung des Versorgungsausgleichs im Wege der internen Teilung. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus einer weiteren Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
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