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Zahlungsunfähigkeit: Liquiditätsbilanz quasi abgeschafft

Mit sei­nem am 01.08.2022 veröff­ent­lich­ten Ur­teil hat der BGH eine Kehrt­wende hin­sicht­lich des Nach­wei­ses der Zah­lungs­unfähig­keit von Un­ter­neh­men voll­zo­gen und da­mit in der Pra­xis ei­nige Fra­gen zu de­ren Er­mitt­lung auf­ge­wor­fen.

Ent­ge­gen sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ent­schied der II. Zi­vil­se­nat des BGH (Ur­teil vom 28.06.2022, Az. II ZR 112/21), dass der Nach­weis der Zah­lungs­unfähig­keit durch eine An­ein­an­der­rei­hung meh­re­rer stich­tags­be­zo­ge­ner Li­qui­ditäts­sta­tus im Drei­wo­chen­zeit­raum er­bracht wer­den kann. Das Vor­lie­gen ei­ner Zah­lungs­unfähig­keit ist da­mit nicht mehr zwin­gend an­hand ei­ner Li­qui­ditäts­bi­lanz zu prüfen.

Ein Li­qui­ditäts­sta­tus kann er­heb­lich leich­ter und kos­tengüns­ti­ger er­stellt wer­den. Da­ne­ben wird die für die Zah­lungs­unfähig­keit maßgeb­li­che 10 %-Grenze früher er­reicht und eine In­sol­venz­an­trags­pflicht aus­gelöst. Für die Er­mitt­lung der Zah­lungs­unfähig­keit in der Ver­gan­gen­heit („ex post“) schafft der BGH die Li­qui­ditäts­bi­lanz da­mit quasi ab. Das Ur­teil hat je­doch auch er­heb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die ex ante-Be­ur­tei­lung. In der Be­ra­tungs­pra­xis sollte da­her aus Vor­sichtsgründen zukünf­tig dar­auf ge­ach­tet wer­den, dass eine be­ste­hende Li­qui­ditätslücke in­ner­halb des Drei­wo­chen­zeit­raums pla­ne­ri­sch ge­schlos­sen wird. So­weit dies nicht möglich ist, sind Li­qui­ditäts­sta­tus für den Drei­wo­chen­zeit­raum pla­ne­ri­sch fort­zu­ent­wi­ckeln, die ge­plante Ent­wick­lung der Li­qui­dität und fälli­gen Ver­bind­lich­kei­ten auf­zei­gen.

In dem kurz nach Veröff­ent­li­chung er­schie­ne­nen Kurz­bei­trag „Was gibt es Neues zur Er­mitt­lung der Zah­lungs­unfähig­keit?“ der in Kri­sen-, Sa­nie­rungs- und In­sol­venz­be­ra­tung (KSI), Heft 05/2022, S. 237, er­schie­nen ist, stellt Bern­hard Stef­fan das BGH-Ur­teil vom 28.06.2022 (Az. II ZR 112/21) dar und erläutert des­sen Aus­wir­kun­gen auf die Pra­xis. Ver­tie­fend wird in dem in der Zeit­schrift für Wirt­schafts­recht, Heft 39/2022, S. 1961 ff. er­schie­ne­nen Auf­satz von Bern­hard Stef­fan, Ja­nina Poppe und Sven Oberg auf das Ur­teil ein­ge­gan­gen.

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