Aufgrund internationaler Vorgaben und Entwicklungen, insbesondere der „Leitlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos bei Geschäften des Anlagebuchs“ der Europäischen Bankenaufsicht (EBA-Leitlinien) vom Mai 2015 sowie der Standards zum „Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch“ des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS-Standards) vom April 2016 war schon längst ein Überarbeiten des BaFin-Rundschreibens 11/2011 fällig. Dies erfolgte zum 19.10.2017 mit einem Entwurf des überarbeiteten Rundschreibens, den die BaFin bis zum 17.11.2017 zur Konsultation gestellt hatte.
Das endgültige BaFin-Rundschreiben ist bislang noch nicht veröffentlicht worden. In der Zwischenzeit hat die EBA jedoch infolge der Umsetzung der BCBS-Standards (Anwendungszeitpunkt ab Januar 2018) einen neuen Entwurf ihrer überarbeiteten Leitlinien zur Konsultation bis zum 31.1.2018 gestellt.
Hinweis
Die BCBS-Standards sind im Gegensatz zu den EBA-Leitlinien rechtlich nicht bindend. Beide Regelwerke sind allerdings als Ergänzung zu einander zu sehen.
Laut dem Anschreiben der BaFin zum Entwurfsrundschreiben vom 19.10.2017 soll den zukünftigen Regeln zur Messung und Steuerung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch zwar nicht vorgegriffen werden, die EBA-Leitlinien von 2015 jedoch so implementiert werden, dass die Institute keine Anpassungen vornehmen müssen, die durch die derzeitige Überarbeitung der EBA-Leitlinien voraussichtlich wieder rückgängig zu machen wären.
Hinweis
Mit einer Veröffentlichung des endgültigen BaFin-Rundschreibens ist spätestens im Frühjahr 2018 zu rechnen.
Die wesentlichen Änderungen des Entwurfsrundschreibens stellen sich wie folgt dar:
- Der Anwenderkreis wird auf alle Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG, die nicht von der Anwendung nach § 10 Abs. 3 KWG ausgenommen sind, deutlich ausgeweitet. Das bedeutet, dass künftig z. B. Förderbanken, wie die Bürgschaftsbanken, in den Anwenderkreis einbezogen werden. Ausgenommen sind weiterhin Wertpapierhandelsbanken.
- Der Umgang mit negativen Zinsen wird präzisiert. Da im aktuellen Zinsumfeld bereits vor einer Verschiebung der Zinsstrukturkurve negative Zinsen zu beobachten sind, die EBA-Leitlinien für die Berechnung des aufsichtlichen Standardschocks jedoch eine Untergrenze von 0 % vorgeben, sollen die Zinssätze je Stützstelle auf das Minimum zwischen dem aktuellen Zinssatz und 0 % begrenzt werden.
Hinweis
Das bedeutet, dass der Zinssatz im Szenario 2 (- 200 Basispunkte) ausgehend von einem negativen Zinssatz nicht weiter abgesenkt wird und ausgehend von einem positiven Zinssatz nicht weiter als auf 0 % abgesenkt werden kann.
- Die Kreditinstitute dürfen, sofern dies in Übereinstimmung mit den institutsinternen Methoden und Verfahren zum Management und zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch erfolgt, zukünftig Margen aus den Zahlungsströmen herausrechnen. Dabei geht die Aufsicht davon aus, dass dem aus Margen resultierenden Risiko an anderer Stelle in den internen Risikosteuerungs- und -controllingprozessen angemessen Rechnung getragen wird. Die Aufsicht ist über die Vorgehensweise zu informieren.
Hinweis
Die geforderte Auskunft an die Aufsicht soll im Rahmen der vierteljährlichen Meldung zu Finanzinformationen gemäß der Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung (FinaRisikoV) erfolgen. Hierzu hat die BaFin eine Änderung der FinaRisikoV, u. a. auch in Bezug auf die Angleichung der Einreichungsfristen der FinaRisikoV-Meldung an das COREP-Meldewesen, bis zum 17.1.2018 zur Konsultation gestellt (Konsultation 18/2017 (BA)).
- Es erfolgt eine Klarstellung, dass künftig auch die Zahlungsströme aus unmittelbaren Pensionsverpflichtungen zu berücksichtigen sind. Bisher war diese Anforderung lediglich über die FAQ-Liste der BaFin zum Rundschreiben 11/2011 präzisiert.
- Das bislang mögliche Ausweichverfahren für Institute ohne barwertige Zinsrisikomessung wird abgeschafft. Diese Vorgaben finden sich analog in den novellierten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk Modul BTR 2.3 Tz. 6) wieder. Folglich müssen die Institute zukünftig in der Zinsänderungsrisikomessung beide Steuerungsperspektiven (ertragsorientierte und barwertige) berücksichtigen.
Hinweis
Die im Rahmen der novellierten MaRisk 2017 gewährte Umsetzungsfrist von einem Jahr ab deren Veröffentlichung und somit bis zum 31.10.2018 ist für die Abschaffung des Ausweichverfahrens entsprechend anzuwenden.
In der aktuellen Überarbeitung der EBA-Leitlinien werden nicht nur die BCBS-Standards implementiert, sondern auch den Anforderungen, die sich aus dem laufenden Prozess zur Änderung der CRD/CRR ergeben, Rechnung getragen. Die wesentlichen Änderungen in den überarbeiteten EBA-Leitlinien beziehen sich im Wesentlichen auf die erweiterten Vorgaben für Risikomessung und Ausreißertest. So soll bspw. eine verschärfte Risikomessung mit einer Gegenüberstellung von Barwertänderungen unter sechs vorgegebenen Zinsschockszenarien mit dem Tier-1-Kapital eines Instituts eingeführt werden. Zudem wird in diesem Fall die Meldeschwelle auf eine Barwertänderung von 15 % im Verhältnis zum Tier-1-Kapital reduziert.
Die neuen EBA-Leitlinien sollen ab dem 31.12.2018 berücksichtigt und eingehalten werden. Für kleine bis mittlere inländische Institute der Kategorie 3 und 4 gemäß den EBA-Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) gelten längere Übergangsfristen in Bezug auf bestimmte Anforderungen, die dann ab dem 30.6.2019 einzuhalten sind.
Hinweis
Insgesamt ist mit einem nicht zu vernachlässigenden Ressourcen- und Zeitaufwand bei der Umsetzung der künftigen aufsichtlichen Vorgaben zu rechnen. Die Institute sind daher angehalten, sich frühzeitig nicht nur mit den neuen Anforderungen und möglichen Spielräumen aus fachlicher Perspektive, sondern auch mit den Herausforderungen der technischen Implementierung zu befassen.