Positive Rechtsprechungsentwicklung
Um künstliche Gewinnverlagerungen ins Ausland durch Darlehensfinanzierungen innerhalb eines grenzüberschreitenden Konzerns zu vermeiden, wird bereits seit je her gefordert, dass der dabei vereinbarte Zinssatz dem entsprechen muss, was auch zwischen fremden Dritten vereinbart worden wäre. Entgegen seiner früheren einschränkenden Rechtsprechung macht der BFH in aktuellen Urteilen (zuletzt BFH-Urteil v. 13.01.2022, Az. I R 15/21; BFH-Urteil v. 09.06.2021, Az. I R 32/17) deutlich, dass auch Konzernfinanzierungen ohne Vereinbarung von Sicherheiten grundsätzlich fremdüblich sein können. Maßgeblich ist, ob auch ein fremder Dritter unter gleichen Bedingungen das Darlehen ausgereicht hätte. Zuvor noch ging der BFH davon aus, dass ein vergleichbarer Markt für unbesicherte Darlehen nicht vorliegen würde.
Damit dürften nun weit mehr Konzernfinanzierungen steuerlich anerkannt werden. Erforderlich ist aber, dass die Darlehensbedingungen, und dabei insb. die Zinssatzhöhe, marktüblich vereinbart wurden. Dabei betont der BFH, dass für die Beurteilung der Marktüblichkeit eines konzerninternen Darlehens nicht ohne Weiteres Darlehen herangezogen werden können, die eine Konzernobergesellschaft von fremden Dritten erhält. Erforderlich ist demnach vielmehr, die Finanzierung der einzelnen Konzerngesellschaft auf Basis eines stand alone-Ratings auf ihre Marktüblichkeit zu überprüfen. Insoweit hat sich die BFH-Rechtsprechung deutlich an die OECD Verrechnungspreisleitlinien 2022 angenähert. Gleichzeitig lassen sowohl die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise als auch die OECD Verrechnungspreisleitlinien 2022 sowie die Rechtsprechung Raum für eine Annäherung an das Konzernrating in Fällen, in denen Adjustierungen möglich und sachgerecht sind.
Pauschale Zinssatzermittlung vielfach nicht ausreichend
Die Marktüblichkeit der Zinssatzvereinbarung von Konzernfinanzierungen gewinnt somit an Bedeutung und wird in zunehmendem Maße zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen, nicht zuletzt in Betriebsprüfungen. Dabei zeigt die Praxiserfahrung aus vergangenen Betriebsprüfungen: Die in vielen Konzernen gängige Vorgehensweise, einen Darlehenszinssatz anhand des EURIBOR’s zzgl. eines Risikoaufschlags pauschal für alle darlehensnehmenden Einheiten der Unternehmensgruppe zu ermitteln, wird immer stärker angezweifelt. Auch das Vorgehen in der Praxis, für die Bestimmung des Risikoaufschlags auf sog. Zinsmargengitter von Banken zurückzugreifen, dürfte oftmals nicht zielführend sein, da diese regelmäßig auf Parameter abstellen, die im konzerninternen Umfeld beeinflusst werden können (z. B. Nettoverschuldungsgrad einer Konzerngesellschaft). Überdies beziehen sich die Zinsmargengitter häufig auf Kennziffern des Konzerns (konsolidiert) bzw. der Konzernobergesellschaft und gerade nicht auf einzelne Konzerngesellschaften.
Stattdessen verlangt die Finanzverwaltung eine Zinssatzermittlung anhand der im konkreten Einzelfall beim Darlehensnehmer vorliegenden Umstände. Entscheidende Kriterien hierfür sind insbesondere die Laufzeit und die Währung des ausgegebenen Darlehens sowie die Bonität des Darlehensnehmers.
Datenbankstudien können Abhilfe schaffen
Die Rechtsprechung und unsere Erfahrungen aus der Betriebsprüfungspraxis weisen deutlich darauf hin, dass pauschale Zinssatzermittlungen nicht mehr dem Standard der gebotenen Vorsicht zur Vermeidung steuerlicher Risiken entsprechen. Datenbankstudien (Benchmark Studies) auf der Grundlage von externen Vergleichsdaten können hier Abhilfe schaffen. Sie ermöglichen es dem Steuerpflichtigen, mit einem überschaubaren Aufwand, eine hinreichende Anzahl zumindest eingeschränkt vergleichbarer Werte zu identifizieren. Daraus lässt sich eine Bandbreite fremdüblicher Zinssätze ermitteln. Nach unserer Einschätzung sollte dem Steuerpflichtigen bei dieser Vorgehensweise das durch die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung geforderte ernsthafte Bemühen in Bezug auf die Zinssatzermittlung kaum in Abrede gestellt werden können.
Benchmark Studies bei Ebner Stolz
Die Bestimmung von Bandbreiten angemessener Zinssätze erfolgt bei Ebner Stolz regelmäßig in einem zweistufigen Verfahren. In einem ersten Schritt wird die Bonität des einzelnen Darlehensnehmers sowie das Risiko der konkreten Darlehensbeziehung anhand eines am Markt anerkannten Verfahrens eingeschätzt. Für diese Zwecke werden neben den Finanzkennzahlen des Darlehensnehmers weitere Faktoren und Merkmale, wie Branchen- und Länderrisiken, Darlehensbesicherungen oder der Rang des Darlehens, herangezogen. Überdies kann je nach Einzelfall ein Rückhalt im Konzern („implicit support“) bei der Bonitätseinschätzung des Darlehensnehmers zu berücksichtigen sein. Die im zweiten Schritt anschließende konkrete Ermittlung eines fremdüblichen Zinssatzes wird anhand einer datenbankgestützten Analyse von Unternehmensanleihedaten durchgeführt. Diese Vorgehensweise wurde im Grundsatz durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt und erfährt auch in Betriebsprüfungen regelmäßig Akzeptanz.
Fazit
Die aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen zeigen, dass die Bedeutung einer zutreffend begründeten und hinreichend dokumentierten Zinssatzermittlung unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zunehmend steigt. Um Gewinnkorrekturen und damit Steuerrisiken in Betriebsprüfungen zukünftig zu minimieren, ist Unternehmensgruppen daher insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Konzernfinanzierung zu empfehlen, für die Zinssatzermittlung auf Datenbankstudien zurückzugreifen, die wir aufgrund unserer Zugriffsmöglichkeiten mit überschaubarem zeitlichem und finanziellem Aufwand zeitnah durchführen können.