Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Dezember 1990 mit einer Einlage von 100.000 DM einer vermögensverwaltenden GbR in der Form eines geschlossenen Immobilienfonds beigetreten; Gesellschaftszweck war die Instandsetzung, Modernisierung und Vermietung eines Mehrfamilienhauses mit einem Gesamtaufwand von bis zu 6,3 Mio. DM. Rund ein Drittel dieser Summe sollte durch Gesellschaftereinlagen, die verbleibenden zwei Drittel sollten durch Darlehen finanziert werden. Zu diesem Zweck nahm die Treuhänderin des Fonds namens der GbR ein Darlehen i.H.v. 4,7 Mio. DM auf, für das die Gesellschafter quotal entsprechend ihrem Anteil die persönliche Haftung übernahmen. Nachdem die GbR bereits 1999 in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, konnte sie ab November 2000 die fälligen Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr bedienen.
Im Januar 2009 wurde das von der GbR gehaltene Mehrfamilienhaus zwangsversteigert. Dadurch minderte sich die Zahlungsverpflichtung des Klägers entsprechend seiner Beteiligungsquote. Dieser machte den im Streitjahr 2009 an das Kreditinstitut bezahlten Gesamtbetrag i.H.v. 156.722 € im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt erkannte dies nicht an. Es ging insoweit davon aus, dass es sich bei der Rückführung des Darlehens um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele, der nicht zu Einkünften oder Werbungkosten i.S.d. § 21 EStG führen könne.
Das FG gab der Klage insoweit statt, als in den vom Kläger an das Kreditinstitut geleisteten Zahlungen ein Zinsanteil enthalten war. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Das FG war zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Kläger nachträglich - im Zuge der Nachhaftung - entrichteten rückständigen Schuldzinsen in der geltend gemachten Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Sog. "nachträgliche Schuldzinsen" können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung einer zur Vermietung bestimmten Immobilie grundsätzlich weiter als Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Darlehensverbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steht unter dem Vorbehalt der vorrangigen Schuldentilgung.
Nach diesen Grundsätzen waren die vom Kläger im Zuge seiner Nachhaftung entrichteten Schuldzinsenbeträge als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Für die Berücksichtigung von nachträglichem Zinsaufwand als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist es nicht von Bedeutung, dass dieser nicht aufgrund der ursprünglichen darlehensvertraglichen Verpflichtung (oder einer damit einhergehenden vertraglichen Haftung), sondern aufgrund einer gesetzlich geregelten Gesellschafterhaftung geleistet wurde.
Auch die Entscheidung des Steuerpflichtigen, seine Beteiligung an einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft zu veräußern, beinhaltet grundsätzlich den Entschluss, die Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung aufzugeben. Unbeschadet dessen führt eine Inanspruchnahme im Zuge der Nachhaftung (§ 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB) bei einem Steuerpflichtigen, der seine Beteiligung an der GbR gerade zur Vermeidung einer solchen persönlichen Haftung weiterveräußert hat, zu berücksichtigungsfähigem Aufwand, soweit er diesen endgültig selbst trägt.
Linkhinweis:
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