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Rechtsberatung

Zugang einer Kündigung per Einwurf-Einschreiben: Kein Anscheinsbeweis bei fehlendem Auslieferungsbeleg

Ver­sen­det der Ar­beit­ge­ber ein Kündi­gungs­schrei­ben per Ein­wurf-Ein­schrei­ben der Deut­schen Post AG, begründet die Kom­bi­na­tion von Ein­lie­fe­rungs­schein der Post und Sen­de­sta­tus der Post noch kei­nen Be­weis des ers­ten An­scheins für den Zu­gang beim Ar­beit­neh­mer. Er­for­der­lich ist der Aus­lie­fe­rungs­be­leg, der die Un­ter­schrift des Post­zu­stel­lers trägt.

Im­mer wie­der ist der Zu­gang von Kündi­gun­gen Thema in der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung. Für den Zu­gang trägt der Ar­beit­ge­ber die Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Nach ei­ner Ent­schei­dung des LAG Ba­den-Würt­tem­berg (Ur­teil vom 12.12.2023, Az. 15 Sa 20/23) greift der An­scheins­be­weis für den Zu­gang der Kündi­gung bei ei­ner Zu­stel­lung per Ein­wurf-Ein­schrei­ben nur, wenn der Ar­beit­ge­ber im Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren ne­ben dem Ein­lie­fe­rungs­schein auch eine Re­pro­duk­tion des Aus­lie­fe­rungs­be­legs der Sen­dung vor­legt.

Während der Ein­lie­fe­rungs­schein nur die Ab­sen­dung be­legt, er­gibt sich auch aus dem Sen­de­sta­tus noch nicht der Name des Zu­stel­lers und des­sen Bestäti­gung des Ein­wurfs. Der Aus­lie­fe­rungs­be­leg enthält hin­ge­gen Da­tum und Ort des Ein­wurfs so­wie das Na­mens­zei­chen des Zu­stel­lers.

Einen Aus­druck des elek­tro­ni­sch ar­chi­vier­ten Aus­lie­fe­rungs­be­legs er­stellt die Deut­sche Post AG nur auf An­trag und ge­gen Zah­lung ei­ner Gebühr. Da eine Re­pro­duk­tion des Aus­lie­fe­rungs­be­legs nur für einen be­grenz­ten Zeit­raum nach der Aus­lie­fe­rung (15 Mo­nate) möglich ist, sollte der Ar­beit­ge­ber bei Ein­wurf-Ein­schrei­ben stan­dardmäßig den Aus­lie­fe­rungs­be­leg an­for­dern und ab­le­gen. Kann der Aus­lie­fe­rungs­be­leg nicht re­pro­du­ziert wer­den, fällt dies in die Ri­si­kosphäre des Ab­sen­ders, also des Ar­beit­ge­bers.

Mit die­ser Ent­schei­dung liegt das LAG Ba­den-Würt­tem­berg auf ei­ner Li­nie mit dem BGH (Be­schluss vom 11.05.2023, Az. V ZR 203/22) und wei­te­ren ober­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen (LAG Nürn­berg, Ur­teil vom 15.06.2023, Az. 5 Sa 1/23; LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 18.01.2022, Az. 1 Sa 159/21). Das BAG hat diese Frage noch nicht ent­schie­den.

Hin­weis: Si­chers­ter Weg des Zu­gangs ist und bleibt die persönli­che Überg­abe des Kündi­gungs­schrei­bens an den Ar­beit­neh­mer ge­gen Emp­fangs­be­kennt­nis. Si­cher ist auch die Zu­stel­lung durch einen Bo­ten, der die Kündi­gung in den Brief­kas­ten des Ar­beit­neh­mers ein­wirft, ein Zu­stel­lungs­pro­to­koll ausfüllt und auch den Vor­gang mit Fo­tos do­ku­men­tiert. Idea­ler­weise lässt sich über das Zu­stel­lungs­pro­to­koll auch der In­halt des Um­schlags - Kündi­gungs­schrei­ben - be­wei­sen. Denn kann der Bote be­zeu­gen, wie das Kündi­gungs­schrei­ben im Ori­gi­nal in den vom ihm zu­zu­stel­len­den Um­schlag ge­legt und der Um­schlag so­dann ver­schlos­sen wurde, wird dem Ar­beit­neh­mer der Ein­wand ent­zo­gen, der Um­schlag habe le­dig­lich ein un­be­schrie­be­nes Blatt Pa­pier oder ein Schrei­ben an­de­ren In­halts ent­hal­ten oder sei leer ge­we­sen. Da­ge­gen soll­ten die Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung mit­tels ein­fa­chen Briefs oder Ein­schrei­bens mit Rück­schein ver­mei­den. In letz­te­rem Fall wirft der Zu­stel­ler le­dig­lich eine Be­nach­rich­ti­gung in den Brief­kas­ten, dass das Schrei­ben ab­ge­holt wer­den kann. Wird das Schrei­ben nicht ab­ge­holt, geht die Kündi­gung nicht zu.

 

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