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Weitergabe von aus dem Ankauf von sog. "Steuer-CDs" resultierenden Daten an den Landtag

FG Saarbrücken 27.4.2016, 2 V 1088/16

Der Schutz des Steu­er­ge­heim­nis­ses bzw. des Rechts auf in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung des ein­zel­nen ist durch das par­la­men­ta­ri­sche Fra­ge­recht des saarländi­schen Aus­schus­ses für Fi­nan­zen und Haus­halts­fra­gen im öff­ent­li­chen In­ter­esse ein­ge­schränkt. Bei der mit der Aufklärung ei­nes Sach­ver­halts ver­bun­de­nen Be­schaf­fung von In­for­ma­tio­nen han­delt ein par­la­men­ta­ri­scher Aus­schuss - je­den­falls ge­genüber dem be­trof­fe­nen Bürger - wie ein Ver­wal­tungs­or­gan und wird wie eine Behörde tätig. Der Fi­nanz­rechts­weg ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröff­net.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trags­geg­ner hatte sich am An­kauf sog. "Steuer-CDs", die Da­ten zu ausländi­schen Ka­pi­tal­an­la­ge­beträgen von im In­land steu­er­pflich­ti­gen Per­so­nen ent­hal­ten, be­tei­ligt. So er­warb er u.a. ein Da­ten­pa­ket von der rhein­land-pfälzi­schen Fi­nanz­ver­wal­tung aus dem Jahr 2012. Die­ses ent­hielt An­ga­ben zu Ka­pi­tal­an­la­gen von ins­ge­samt 356 saarländi­schen Steu­er­pflich­ti­gen bei der Cre­dit Suisse AG. Dar­un­ter be­fand sich auch eine Ka­pi­tal­an­lage des An­trag­stel­lers. Die Steu­er­fahn­dungs­stelle für die Fi­nanzämter des Saar­lan­des eröff­nete im April 2015 we­gen des Ver­dachts der Steu­er­hin­ter­zie­hung ge­gen den An­trag­stel­ler ein Straf­ver­fah­ren. Es wurde al­ler­dings man­gels hin­rei­chen­den Tat­ver­dachts ein­ge­stellt.

Ende des Jah­res 2015 wurde öff­ent­lich be­kannt, dass die Da­ten der vom Land Rhein­land-Pfalz er­wor­be­nen "Steuer-CD" von der zuständi­gen Steu­er­fahn­dungs­stelle über Mo­nate bzw. Jahre hin­weg nicht aus­ge­wer­tet und mögli­che Steu­er­straf­tat­bestände mit­hin nicht ver­folgt wor­den wa­ren. Dar­auf­hin be­schloss der Aus­schuss, den Mi­nis­ter für Fi­nan­zen und Eu­ropa zu er­su­chen, ihm die vollständige Liste der 356 Fälle mit sämt­li­chen darin be­find­li­chen Da­ten zur Verfügung zu stel­len. Der An­trag­stel­ler stellte dar­auf­hin den An­trag, es dem An­trags­geg­ner im Wege der einst­wei­li­gen An­ord­nung bis zum rechtskräfti­gen Ab­schluss ei­ner noch zu er­he­ben­den Klage in der Haupt­sa­che zu un­ter­sa­gen, dem Aus­schuss sei­nen Na­men und seine steu­er­li­chen Verhält­nisse zu of­fen­ba­ren.

Das FG wies den An­trag zurück. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­weg­frage die Be­schwerde zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Dem An­trag­stel­ler steht keine einst­wei­lige Maßnah­men recht­fer­ti­gende Rechts­po­si­tion i.S. ei­nes An­ord­nungs­an­spruchs zu. Ein sol­cher er­gibt sich we­der aus § 1004 Abs. 2 BGB i.V.m. § 30 AO noch aus Art. 2 Abs. 2 und 1 Abs. 1 GG bzw. aus Art. 2 S. 2 SVerf.

Zwar un­ter­lie­gen die In­for­ma­tio­nen dem Schutz des Steu­er­ge­heim­nis­ses bzw. dem Recht auf in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung. Die­ses wird je­doch durch das par­la­men­ta­ri­sche Fra­ge­recht des Aus­schus­ses ein­ge­schränkt, und die Wei­ter­gabe der Da­ten hält sich im Rah­men der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­nen Abwägung zwi­schen den In­di­vi­du­al­rech­ten des An­trag­stel­lers und dem par­la­men­ta­ri­schen Kon­troll­recht des Aus­schus­ses.

Vor­lie­gend war der Fi­nanz­rechts­weg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröff­net. Es han­delt sich nicht um eine ver­fas­sungs­recht­li­che Strei­tig­keit. Bei der mit der Aufklärung ei­nes Sach­ver­halts ver­bun­de­nen Be­schaf­fung von In­for­ma­tio­nen han­delt ein par­la­men­ta­ri­scher Aus­schuss - je­den­falls ge­genüber dem be­trof­fe­nen Bürger - wie ein Ver­wal­tungs­or­gan und wird wie eine Behörde tätig. Kor­re­spon­die­rend dazu ist auch die Er­tei­lung der Aus­kunft durch die von der An­frage be­trof­fene Behörde eine Maßnahme auf dem Ge­biet des öff­ent­li­chen Rechts und nicht des Ver­fas­sungs­rechts.

Die Strei­tig­keit be­trifft eine Ab­ga­ben­an­ge­le­gen­heit. Nach der Le­gal­de­fi­ni­tion in § 33 Abs. 2 FGO sind dies alle mit der Ver­wal­tung der Ab­ga­ben ein­schließlich der Ab­ga­ben­vergütun­gen oder sonst mit der An­wen­dung der ab­ga­ben­recht­li­chen Vor­schrif­ten durch die Fi­nanz­behörden zu­sam­menhängende An­ge­le­gen­hei­ten. Zwar wird teil­weise die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass eine sol­che Maßnahme nicht vor­liege, wenn die han­delnde Behörde le­dig­lich in Erfüllung ei­nes par­la­men­ta­ri­schen Aus­kunfts­rechts tätig werde. Da­her sei der Ver­wal­tungs­rechts­weg eröff­net, selbst wenn die Ver­let­zung des § 30 AO gerügt werde. An­de­rer­seits hat der BFH zu ei­ner Ak­ten­vor­lage an einen Un­ter­su­chungs­aus­schuss aus­geführt, dass die Re­gie­rung bzw. die Ver­wal­tung zu prüfen habe, ob über­haupt ein not­wen­di­ger Zu­sam­men­hang der In­for­ma­tion mit dem Un­ter­su­chungs­ge­gen­stand be­stehe, denn die  Re­gie­rung nehme ihre ei­gene Ver­ant­wor­tung wahr, wenn sie dafür sorge, dass ge­heim zu hal­tende Tat­sa­chen nicht ohne Not­wen­dig­keit drit­ten Stel­len, seien es sol­che der Exe­ku­tive, der Le­gis­la­tive oder der Ju­di­ka­tive, zugäng­lich ge­macht würden (BFH v. 1.12.1992, Az.: VII B 126/92).

Zu­gleich ist die Re­gie­rung nicht ver­pflich­tet, auf eine par­la­men­ta­ri­sche An­frage in der Sa­che zu ant­wor­ten, wenn die Be­ant­wor­tung der Frage be­rech­tigte Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­sen oder Grund­rechte an­de­rer ver­let­zen würde. Ein­her­ge­hend mit die­sem Recht be­steht da­mit auch die Pflicht für den An­trags­geg­ner, zu prüfen, wie dem Kon­troll­auf­trag des Par­la­ments genügt und zu­gleich das Dienst- bzw. Steu­er­ge­heim­nis ge­wahrt wer­den kann oder ob die­ses im über­ge­ord­ne­ten öff­ent­li­chen In­ter­esse durch­bro­chen wer­den muss.

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