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Rechtsberatung

Zulässigkeit von Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest

OLG Stuttgart 5.4.2018, 2 U 99/17

Dem Test­ver­an­stal­ter kommt nach höchstrich­ter­li­cher Recht­spre­chung bei der Aus­wahl der Prüfungs­me­tho­den ein er­heb­li­cher Spiel­raum zu, des­sen Grenze erst über­schrit­ten ist, wenn das Vor­ge­hen sach­lich nicht mehr dis­ku­ta­bel er­scheint. Der Her­stel­ler, der we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen zurückhält, kann später die Wer­bung des Kon­kur­ren­ten mit des­sen Test­sieg nicht mehr ver­hin­dern (hier: Wil­kin­son ./. Gil­lette).

Der Sach­ver­halt:
Im Jahr 2010 führte die Stif­tung Wa­ren­test einen Ver­gleichs­test von Nass­ra­sie­rern mit Wech­sel­klin­gen durch (Heft 12/2010). Da­bei lan­de­ten die Ra­sie­rer von Gil­lette auf den ers­ten fünf Plätzen. Das neu ein­geführte Mo­dell von Wil­kin­son Sword "Hy­dro 5" be­legte nach dem schon ei­nige Jahre al­ten "Mach3"-Ra­sie­rer von Gil­lette den sechs­ten Platz. Gil­lette stellte an­schließend das Test­er­geb­nis in der Wer­bung mit dem Wer­be­spruch her­aus: "Laut Stif­tung Wa­ren­test- Die 5 bes­ten Ra­sie­rer kom­men von Gil­lette".

Wil­kin­son Sword be­an­tragte ein Ver­bot die­ser Wer­bung. Das Un­ter­neh­men war der An­sicht, dass der Ver­brau­cher über die Ob­jek­ti­vität der Test­durchführung in die Irre geführt wor­den sei. Die Stif­tung Wa­ren­test habe bei dem Test grobe Feh­ler ge­macht. Die zwei­ma­lige An­wen­dung je­des Ra­sie­rers durch alle Test­per­so­nen habe nicht aus­ge­reicht. Al­len 32 Test­per­so­nen hätte für je­den ge­tes­te­ten Ra­sie­rer eine Ein­gewöhnungs­phase von fünf Ta­gen ein­geräumt wer­den müssen. Die den Test­per­so­nen zur Verfügung ge­stell­ten Ra­sie­rer hätten zu­dem an­ony­mi­siert wer­den müssen, um die Be­ur­tei­lung nicht durch die Marke zu be­ein­flus­sen.

Ein wei­te­rer Nach­teil sei da­durch ent­stan­den, dass bei je­der Ra­sur neue Klin­gen ein­ge­setzt wor­den seien. Die Klin­gen von Wil­kin­son Sword ent­hiel­ten eine PTFE-Be­schich­tung (Tef­lon), die sich erst im Ver­laufe der ers­ten Ra­sur ent­ferne.

Das LG gab der Klage statt. Im Be­ru­fungs­ver­fah­ren hat das OLG die Ent­schei­dung auf­ge­ho­ben und die Klage ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­sion wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Dem Test­ver­an­stal­ter kommt nach der höchstrich­ter­li­chen Recht­spre­chung (BGH-Urt. v. 9.12.1975, Az.: VI ZR 157/73) bei der Aus­wahl der Prüfungs­me­tho­den ein er­heb­li­cher Spiel­raum zu, des­sen Grenze erst über­schrit­ten ist, wenn das Vor­ge­hen sach­lich nicht mehr dis­ku­ta­bel er­scheint. Dem­nach muss die Un­ter­su­chung neu­tral, sach­kun­dig und in dem Bemühen um Ob­jek­ti­vität durch­geführt wer­den. Erfüllt der Test diese Vor­aus­set­zun­gen, darf mit den Test­er­geb­nis­sen auch ge­wor­ben wer­den.

In­fol­ge­des­sen war die Wer­bung mit dem Test­er­geb­nis im vor­lie­gen­den Fall nicht un­lau­ter. Maßgeb­li­che Be­deu­tung da­bei hat­ten die Be­ra­tun­gen in dem Fach­bei­rat - einem von der Stif­tung Wa­ren­test vor je­dem Test mit un­ter­schied­li­chen Fach­leu­ten kon­sul­tier­ten Gre­mium - so­wie die Stel­lung­nah­men der Her­stel­ler zu dem ih­nen vorab über­sand­ten Prüfpro­gramm. Wil­kin­son Sword - ob­wohl im Fach­bei­rat ver­tre­ten - hatte nicht be­an­stan­det, dass die Teil­neh­mer je­den Ra­sier­ap­pa­rat ohne vor­he­rige Ein­gewöhnungs­phase le­dig­lich zwei Mal an­wen­de­ten.

Außer­dem hatte Wil­kin­son Sword nicht dar­ge­stellt, dass eine An­ony­mi­sie­rung der Ra­sier­ap­pa­rate ohne Verände­rung der Hand­ha­bung möglich war. Zu­dem be­steht - an­ders als etwa beim Test von Le­bens­mit­teln - bei Her­ren-Nass­ra­sie­rern kein all­ge­mei­ner Kon­sens über die Not­wen­dig­keit ei­ner An­ony­mi­sie­rung.

Wil­kin­son Sword hatte auch vor der Test­durchführung nicht auf die Be­son­der­heit der PTFE-be­schich­te­ten Klin­gen hin­ge­wie­sen. Der Stif­tung Wa­ren­test war des­halb nicht be­kannt ge­we­sen, dass die Klin­gen bei ei­ni­gen Pro­duk­ten von Wil­kin­son Sword erst während der ers­ten Ra­sur ihre op­ti­male Schärfe er­rei­chen. Der Her­stel­ler, der we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen zurückhält, kann später die Wer­bung des Kon­kur­ren­ten mit des­sen Test­sieg nicht mehr ver­hin­dern.

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