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Zum abkommensrechtlichen Grundsatz des "dealing at arm's length"

BFH 17.12.2014, I R 23/13

Der ab­kom­mens­recht­li­che Grund­satz des "dea­ling at arm's length" ermöglicht eine Einkünf­te­kor­rek­tur nach na­tio­na­len Vor­schrif­ten der Ver­trags­staa­ten nur dann, wenn der zwi­schen den ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men ver­ein­barte Preis (hier: ein Dar­le­hens­zins) sei­ner Höhe, also sei­ner An­ge­mes­sen­heit nach dem Fremd­ver­gleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht in­des­sen nicht die Kor­rek­tur ei­ner Ab­schrei­bung, die auf den Teil­wert der For­de­rung auf Rück­zah­lung der Dar­le­hens­va­luta und auf Zinsrückstände vor­zu­neh­men ist, weil die inländi­sche Mut­ter­ge­sell­schaft das Dar­le­hen ih­rer ausländi­schen (hier: US-ame­ri­ka­ni­schen) Toch­ter­ge­sell­schaft in frem­dunübli­cher Weise un­be­si­chert be­ge­ben hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, die Ende 2007 kraft Ver­schmel­zung Rechts­nach­fol­ge­rin der C-GmbH ge­wor­den war. Diese C-GmbH war al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der I-GmbH und die­ser als Or­ganträge­rin gem. §§ 14 ff. KStG 2002 und § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 2002 ver­bun­den. Die I-GmbH hatte im Jahr 2000 zu­sam­men mit einem an­de­ren Un­ter­neh­men zur Er­schließung des US-ame­ri­ka­ni­schen Mark­tes eine US-ame­ri­ka­ni­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft gegründet, an sie 60% der An­teile hielt. Diese H-Inc. war von den bei­den Ge­sell­schaf­tern mit Ei­gen­ka­pi­tal aus­ge­stat­tet wor­den und er­hielt zu­dem ein Bank­dar­le­hen von rd. 1,5 Mio. US-Dol­lar, das die Ge­sell­schaf­ter durch Bürg­schaf­ten ab­si­cher­ten.

Ende 2003 wies die Bi­lanz der H-Inc. einen nicht durch Ei­gen­ka­pi­tal ge­deck­ten Fehl­be­trag i.H.v. rd. 950.000 USD aus. Im Juni 2004 schied der an­dere Ge­sell­schaf­ter aus. Dar­auf­hin stellte die Bank das der H-Inc. gewährte Dar­le­hen fällig. Da diese nicht in der Lage war, das Bank­dar­le­hen zu be­die­nen, zahlte die C-GmbH auf die Dar­le­hens­for­de­rung. Ende De­zem­ber 2004 wies die Bi­lanz der H-Inc. so­dann einen nicht durch Ei­gen­ka­pi­tal ge­deck­ten Fehl­be­trag i.H.v. rd. 450.000 USD aus, der in den nächs­ten drei Jah­ren auf rd. 3,5 Mio. USD an­wuchs.

In den Streit­jah­ren 2004 bis 2007 gewährte die I-GmbH ih­rer US-ame­ri­ka­ni­schen Toch­ter­ge­sell­schaft mit jähr­lich 5% ver­zin­ste, un­be­si­cherte Dar­le­hen, die aus der Li­qui­dität zukünf­ti­ger Ge­winne der H-Inc. zurück­ge­zahlt wer­den soll­ten. Be­reits in dem je­wei­li­gen Jahr ih­rer Hin­gabe wur­den die Dar­le­hens­for­de­run­gen ein­zel­wert­be­rich­tigt. Die Fi­nanz­behörden er­kann­ten die Wert­be­rich­ti­gun­gen zwar dem Grunde nach an, rech­nete sie aber un­ter Hin­weis auf das BMF-Schrei­ben vom 29.3.2011 dem Ein­kom­men gem. § 1 des Ge­set­zes über die Be­steue­rung bei Aus­lands­be­zie­hun­gen (Außen­steu­er­ge­setz) in sei­ner für die Streit­jahre maßge­ben­den Fas­sung des StVer­gAbG vom 16.5.2003 (AStG a.F.) hinzu.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Zu Un­recht hatte das FG an­ge­nom­men, dass eine Teil­wert­ab­schrei­bung der Rück­zah­lungs­for­de­run­gen aus den be­ge­be­nen Dar­le­hen und der For­de­run­gen we­gen der Zinsrückstände in­folge der un­ter­blie­be­nen Be­si­che­run­gen eine auf die Rückgängig­ma­chung der Ab­schrei­bung ge­rich­tete Einkünf­te­kor­rek­tur nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. auslöst. Es be­darf je­doch noch wei­te­rer Sach­aufklärung, zum einen dazu, ob der ver­ein­barte Zins sei­ner Höhe nach an­ge­mes­sen war, zum an­de­ren dazu, ob ent­spre­chende Dar­le­hens- und Zins­for­de­run­gen als sol­che über­haupt zu ak­ti­vie­ren und be­ja­hen­den­falls, ob die vor­ge­nom­me­nen Ab­schrei­bun­gen auf die nied­ri­ge­ren Teil­werte ge­recht­fer­tigt wa­ren.

Teil­wert­ab­schrei­bun­gen auf Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen sind keine bei der Ge­winn­er­mitt­lung nicht zu berück­sich­ti­gen­den Ge­winn­min­de­run­gen i.S.v. § 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zur Ände­rung durch das JStG 2008 (s. BFH-Ur­teil v. 14.1.2009, Az.: I R 52/08). Der ab­kom­mens­recht­li­che Grund­satz des "dea­ling at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-Must­Abk (hier: nach Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989) ermöglicht eine Einkünf­te­kor­rek­tur nach na­tio­na­len Vor­schrif­ten der Ver­trags­staa­ten (hier nach § 1 Abs. 1 AStG i.d.F. des StVer­gAbG vom 16.5.2003) nur dann, wenn der zwi­schen den ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men ver­ein­barte Preis (hier: ein Dar­le­hens­zins) sei­ner Höhe, also sei­ner An­ge­mes­sen­heit nach dem Fremd­ver­gleichsmaßstab nicht standhält.

Er ermöglicht in­des­sen nicht die Kor­rek­tur ei­ner Ab­schrei­bung, die (nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG 2002) auf den Teil­wert der For­de­rung auf Rück­zah­lung der Dar­le­hens­va­luta und auf Zinsrückstände vor­zu­neh­men ist, weil die inländi­sche Mut­ter­ge­sell­schaft das Dar­le­hen ih­rer ausländi­schen (hier: US-ame­ri­ka­ni­schen) Toch­ter­ge­sell­schaft in frem­dunübli­cher Weise un­be­si­chert be­ge­ben hat (Ab­wei­chung vom BMF-Schrei­ben v. 29.3.2011). Ob die Teil­wert­ab­schrei­bung der Rück­zah­lungs­for­de­run­gen in­folge der feh­len­den Be­si­che­rung ge­recht­fer­tigt ist, be­stimmt sich (auch) nach den Maßstäben des sog. Kon­zernrück­halts (in­so­weit Bestäti­gung des BMF-Schrei­bens v. 29.3.2011).

Die Eröff­nung des zwei­ten Rechts­gangs gibt dem FG die Ge­le­gen­heit, zum einen der Frage nach­zu­ge­hen, ob die von der I-GmbH be­ge­be­nen Dar­le­hen über­haupt als sol­che ver­stan­den und in die­sem Zu­sam­men­hang als ernst­lich ge­meint an­ge­se­hen wer­den können; daran mag man nach den ta­trich­ter­lich bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen zu der prekären wirt­schaft­li­chen Lage der H-Inc. in den Zeit­punk­ten der Dar­le­hens­gewährun­gen auf den ers­ten Blick durch­aus Zwei­fel ha­ben.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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