Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte als Bauingenieur und die Klägerin als Lehrerin jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses stellte der Arbeitgeber dem Kläger einen Firmenwagen sowohl für berufliche als auch für Privatfahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. In den Streitjahren 2012 bis 2016 war der Kläger im Außendienst einer Baufirma tätig.
Zur Versteuerung der privaten PKW-Nutzung wurde vom Arbeitgeber die 1%-Regelung angewendet und der geldwerte Vorteil dem Arbeitslohn hinzugerechnet. In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre beantragten die zusammenveranlagten Kläger, die private PKW-Nutzung nach den tatsächlichen Kosten zu berechnen. Anhand eines Taschenkalenders, in denen die täglichen Einsatzorte, die Gesamtkilometer, die gefahrenen Kilometer und die Zeiten aufgezeichnet wurden, ermittelten die Kläger die privat gefahrenen Kilometer. Zusätzlich ermittelten sie aus den Gesamtkosten des Fahrzeugs einen tatsächlichen Kilometersatz pro gefahrenen Kilometer. Weiterhin gab der Kläger in den Erklärungen an, die Arbeitsstätte 63-mal (2012), 62-mal (2013), 79-mal (2014), 85-mal (2015) und 71-mal (2016) aufgesucht zu haben.
Das Finanzamt lehnte den Ansatz der tatsächlichen Kosten für den überlassenen Firmenwagen des Klägers ab, da weder die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstandenen Aufwendungen durch Belege noch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt werden konnten. Für die erklärten Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte / erster Tätigkeitsstätte erkannte das Finanzamt Werbungskosten i.H.d. Entfernungspauschale ohne Abweichungen an.
Die Kläger waren der Ansicht, die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit seien um die vom Kläger berechneten Werbungskosten für seine betrieblichen Fahrten zu mindern. Hilfsweise seien in den Streitjahren vom fiktiven Sachbezug für die Fahrten Wohnung Arbeitsstätte die fiktiven Werbungskosten für diese Fahrten abzuziehen. Vorliegend sei eine Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorzunehmen, wofür keine buchhalterisch hochpräzise Dokumentation erforderlich sei. Das FG gab der Klage teilweise statt.
Die Gründe:
Der geldwerte Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte / erster Tätigkeitsstätte ist abweichend von der pauschalen Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG jeweils nach Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten mit 0,002% des Listenpreises anzusetzen. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit sind daher in den Streitjahren niedriger anzusetzen.
Nach Ansicht des erkennenden Richters erfordert eine Ausnahme von der zugrundeliegenden Typisierung bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anhand einer Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002% des Listenpreises i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer nicht zwingend die Angabe der genauen Tage (Datumsangabe), an denen der Steuerpflichtige die Arbeitsstätte aufgesucht hat. Zwar hat nach den Vorgaben der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 1.4.2011 zur "Lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte" der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat; die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht demnach nicht aus.
Allerdings sind diese Verwaltungsvorgaben für den erkennenden Richter nicht bindend. Das Gericht entscheidet nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In den Streitjahren war der Kläger im Außendienst einer Baufirma tätig. Den Eintragungen in den Taschenkalendern lässt sich entnehmen, dass der Kläger nur selten von seinem Wohnort direkt zur Arbeitsstätte / ersten Tätigkeitsstätte gefahren ist, sondern häufig zuvor Baustellen an anderen Orten aufgesucht hat. Fahrten von der Wohnung zum Kunden und danach vom Kunden zur Arbeitsstätte sind indes keine Fahrten i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
Soweit die Kläger beantragen, die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um die vom Kläger errechneten Werbungskosten unter Berücksichtigung seines Fahrtenbuches zu mindern, hat die Klage keinen Erfolg, da der Kläger das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten in den Streitjahren nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweisen kann. Auch bei Auslegung des Antrags dahingehend, den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzungsüberlassung des PKWs abweichend von der sog. 1%-Regelung nach den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen anzusetzen, hat dieser ebenfalls keinen Erfolg, da es an einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch fehlt. Die Klage ist insoweit daher abzuweisen.
Zwar hat nach BMF-Schreiben vom 1.4.2011 zur "Lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte" der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat. Allerdings sind diese Verwaltungsvorgaben für den erkennenden Richter nicht bindend.