Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Kirchengemeinde, die nach staatlicher Anerkennung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwarb. Sie wurde durch Urkunde des zuständigen Bischofs errichtet. Nach Nr. 1 der Errichtungsurkunde wurde die Klägerin nach Anhörung aller unmittelbar Beteiligten und des Priesterrates (gem. can. 515 § 2 Codex Iuris Canonici - CIC) durch die Vereinigung verschiedener Kirchengemeinden, u.a. der Kirchengemeinde A und der Kirchengemeinde B, neu errichtet. Die vereinigten Kirchengemeinden waren ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nach Nr. 3 der Errichtungsurkunde wurden das gesamte Vermögen der vereinigten Kirchengemeinden (einschließlich aller Forderungen, Verbindlichkeiten und Immobilien), die Kirchenbücher und die Akten der Klägerin zugeführt.
Der zuständige Regierungspräsident erkannte die bischöfliche Urkunde nach § 4 der Vereinbarung über die staatliche Mitwirkung bei der Bildung und Veränderung katholischer Kirchengemeinden zwischen dem Land NRW und den Diözesen im Land NRW vom 21.11.1960 an. Gem. § 6 dieser staatlichen Vereinbarung hat die neu errichtete Kirchengemeinde, wenn die Anerkennung erteilt wird, die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts von dem Zeitpunkt an, der in der kirchlichen Errichtungsurkunde angegeben ist, frühestens jedoch von dem Tag der Anerkennung an. Die staatliche Vereinbarung trat am 1.11.1960 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt richtete sich das Verfahren der staatlichen Anerkennung von neu errichteten Kirchengemeinden ausschließlich nach dieser Vereinbarung. Nach § 11 Abs. 3 der staatlichen Vereinbarung soll eine in Zukunft zwischen den Vertragschließenden etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung der staatlichen Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigt werden.
Die Kirchengemeinde A war mit 80 % und die Kirchengemeinde B mit 20 % am Stammkapital der grundbesitzenden E-GmbH beteiligt. Die E-GmbH war Alleingesellschafterin der ebenfalls grundbesitzenden EK-GmbH. Einige der Grundstücke lagen nicht im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts. Nach einer Außenprüfung betreffend die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer und die Grundbesitzwerte war der Prüfer der Auffassung, durch den Übergang des Kirchenvermögens auf die Klägerin seien alle Anteile an der grundbesitzenden E-GmbH unmittelbar und alle Anteile an der grundbesitzenden EK-GmbH mittelbar in der Hand der Klägerin vereinigt worden. Dabei handle es sich um einen nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Feststellungsbescheid und gab an, die Besteuerungsgrundlagen würden "gem. § 17 GrEStG gesondert festgestellt für die Vereinigung der Anteile durch die Urkunde des Bischofs von S und der Zustimmungsurkunde des zuständigen Regierungspräsidenten am Steuerstichtag". Dem Bescheid war als Anlage der Betriebsprüfungsbericht mit dem Hinweis beigefügt, dieser sei Bestandteil des Bescheids.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG werden bei einem nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG steuerbaren Rechtsgeschäft die Besteuerungsgrundlagen durch das Geschäftsleitungsfinanzamt gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks des Geschäftsleitungsfinanzamts belegenes Grundstück betroffen ist.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt, die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG). Der Tatbestand knüpft zwar an den Anspruch auf Übertragung bzw. die Vereinigung von Gesellschaftsanteilen an, erfasst aber die infolge der Vereinigung der Anteile der Gesellschaft mit Grundbesitz in einer Hand spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung von Grundstücken. Derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, wird so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Die Vereinigung von Anteilen in einer Hand i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setzt nicht voraus, dass der Erwerber sämtliche Anteile der grundstücksbesitzenden Gesellschaft unmittelbar in seine Hand bekommt. Es genügt, dass dies ganz oder teilweise mittelbar durch Zwischenschaltung einer Gesellschaft oder mehrerer Gesellschaften geschieht, an der oder an denen der Erwerber seinerseits direkt oder indirekt beteiligt.
Gegenstand der nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zu treffenden gesonderten Feststellung sind die Besteuerungsgrundlagen. Zu den Besteuerungsgrundlagen gehören die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht des jeweiligen Erwerbsvorgangs dem Grunde nach, über die als Steuerschuldner in Betracht kommenden natürlichen oder juristischen Personen und über die Finanzämter, die zur Steuerfestsetzung berufen sind. Zu den Besteuerungsgrundlagen gehört auch die Angabe der betroffenen Grundstücke. Gesondert festzustellen ist schließlich der Zeitpunkt, auf den der Grundbesitz der Gesellschaft nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG zu bewerten ist. Dies ist nach § 138 Abs. 1 Satz 1 BewG der Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 38 AO, § 14 GrEStG; Steuerstichtag), soweit nicht einer der in § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG geregelten Sonderfälle vorliegt. Die Entscheidung über den Bewertungszeitpunkt darf nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nicht den für die Bewertung der Grundstücke zuständigen Finanzämtern überlassen werden. Nur die Feststellung im Bescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG kann eine einheitliche Beurteilung dieses Zeitpunkts gewährleisten. Anzugeben ist im Feststellungsbescheid das genaue Datum des Steuerstichtags. Wird ein unzutreffendes Datum genannt, ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig. Insoweit ist der Bescheid nicht auslegungsfähig.
Vor diesem Hintergrund war der streitbefangene Feststellungsbescheid rechtswidrig, da er einen unzutreffenden (zu frühen) Steuerstichtag bezeichnete. Denn erst später hatte die Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Und nur als Rechtsträger (zumindest im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne) konnte sie einen steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG verwirklicht haben. Die Klägerin wurde mit der staatlichen Anerkennung gem. § 1 Abs. 1 der staatlichen Vereinbarung für den staatlichen Bereich rechtlich wirksam und erhielt nach § 6 der staatlichen Vereinbarung ab diesem Datum die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie konnte ab diesem Zeitpunkt am Rechtsverkehr teilnehmen, einen Grunderwerbsteuertatbestand verwirklichen und Schuldnerin der Grunderwerbsteuer i.S.d. § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG sein. Denn § 6 der staatlichen Vereinbarung hat nach seinem ausdrücklichen Wortlaut keine deklaratorische, sondern eine konstitutive Wirkung für den staatlichen Bereich. Liegt der Zeitpunkt, der in der kirchlichen Errichtungsurkunde angegeben ist, vor dem Zeitpunkt der staatlichen Anerkennung, wirkt die staatliche Anerkennung nach dem Wortlaut des § 6 der staatlichen Vereinbarung frühestens ab dem Tag der Anerkennung.
Zu den gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG gehört der Zeitpunkt der Steuerentstehung (Stichtag). Anzugeben ist das genaue Datum. Wird ein unzutreffendes Datum genannt, ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig. Erwirbt eine neu errichtete Kirchengemeinde durch staatliche Anerkennung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, kann sie erstmals zu diesem Zeitpunkt einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang verwirklichen.