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Steuerberatung

Zum Gestaltungsmissbrauch beim An- und Verkauf von Wertpapieren

BFH 8.3.2017, IX R 5/16

Veräußert und er­wirbt der Steu­er­pflich­tige mit tag­glei­cher Ausführung Be­zugs­rechte und kann er auf­grund be­son­de­rer Umstände da­von aus­ge­hen, diese zum Ver­kaufs­preis si­cher wie­der er­wer­ben zu können, ohne die dritte Kauf­or­der fürch­ten zu müssen, kann darin ein Ge­stal­tungs­miss­brauch lie­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Höhe der Einkünfte aus dem Ver­kauf von Ak­tien. Der Kläger war im Streit­jahr 1999 als Börsen­mak­ler tätig. Am 4.11.1998 plat­zierte er zu­sam­men mit zwei Mit­ge­sell­schaf­tern nach Börsen­schluss einen Ver­kaufs­auf­trag hin­sicht­lich sei­ner Be­zugs­rechte. Vor Börseneröff­nung am 5.11.1998 plat­zierte er einen ent­spre­chen­den Kauf­auf­trag. Da­mit ge­stal­tete er sein Vor­ge­hen so, dass der am Vor­abend plat­zierte Ver­kaufs­auf­trag durch einen vor Börsen­be­ginn über­mit­tel­ten Kauf­auf­trag neu­tra­li­siert wurde.

Da dem Kläger und sei­nen Mit­ge­sell­schaf­tern als Börsen­mak­ler die Gebräuche des Börsen­han­dels und der dor­ti­gen Han­dels­sys­teme be­kannt wa­ren und der Steu­er­pflich­tige selbst für die Durchführung des Be­zugs­recht­ehan­dels und die Preis­fest­set­zung zuständig war, konnte er durch sein Vor­ge­hen dar­auf hin­wir­ken, dass am 5.11.1998 die von ihm plat­zier­ten Be­zugs­rechte zu dem von ihm und sei­nen Mit­ge­sell­schaf­tern über ihre Kauf- und Ver­kaufs­aufträge fest­ge­leg­ten Kurs aus­geführt wur­den. So wirkte er dar­auf hin, dass le­dig­lich for­mal ein In­ha­ber­wech­sel hin­sicht­lich der Be­zugs­rechte statt­ge­fun­den hatte.

Die plat­zier­ten Be­zugs­rechte wur­den dann vom Steu­er­pflich­ti­gen und sei­nen Mit­ge­sell­schaf­tern auf­grund ei­nes ge­mein­sa­men Vor­ge­hens zurücker­wor­ben. Hinzu kommt, dass der Steu­er­pflich­tige als Börsen­mak­ler tätig und mit den Ge­pflo­gen­hei­ten der ört­li­chen Börse bes­tens ver­traut war. So konnte er si­cher­stel­len, dass Ver­kaufs- und Kauf­aufträge hin­sicht­lich der strei­ti­gen Be­zugs­rechte von ihm und sei­nen Mit­ge­sell­schaf­tern in ge­gen­sei­ti­ger De­ckung zur Ausführung ka­men.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat in dem tag­glei­chen An- und Ver­kauf der Be­zugs­rechte im Jahr 1998 rich­ti­ger­weise einen Miss­brauch von Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Rechts i.S.d. § 42 AO ge­se­hen. Das FG hat den strei­ti­gen Veräußerungs­ge­winn zu Recht im Rah­men der Einkünfte aus § 17 EStG im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 1999 er­fasst und nicht den Einkünf­ten aus § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG in der im Streit­jahr gel­ten­den Fas­sung zu­ge­ord­net.

Ein Miss­brauch von Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Rechts i.S.d. § 42 AO ist ge­ge­ben, wenn eine recht­li­che Ge­stal­tung gewählt wird, die - ge­mes­sen an dem er­streb­ten Ziel - un­an­ge­mes­sen ist, der Steu­er­min­de­rung die­nen soll und durch wirt­schaft­li­che oder sonst be­acht­li­che nicht­steu­er­li­che Gründe nicht zu recht­fer­ti­gen ist. Das Mo­tiv, Steu­ern zu spa­ren, macht eine steu­er­li­che Ge­stal­tung je­doch noch nicht un­an­ge­mes­sen. Eine recht­li­che Ge­stal­tung ist erst dann un­an­ge­mes­sen, wenn der Steu­er­pflich­tige die vom Ge­setz­ge­ber vor­aus­ge­setzte Ge­stal­tung zum Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten wirt­schaft­li­chen Ziels nicht ge­braucht, son­dern dafür einen un­gewöhn­li­chen Weg wählt, auf dem nach den Wer­tun­gen des Ge­setz­ge­bers das Ziel nicht er­reich­bar sein soll.

Eine Ge­stal­tung, die über­haupt kei­nen er­kenn­ba­ren wirt­schaft­li­chen Zweck hat, kann der Be­steue­rung nicht zu­grunde ge­legt wer­den. Das ist z.B. der Fall, wenn durch meh­rere Ge­schäfte, die sich wirt­schaft­lich ge­gen­sei­tig neu­tra­li­sie­ren, le­dig­lich ein steu­er­li­cher Vor­teil er­zielt wer­den soll oder wenn die Ge­stal­tung in ih­rer wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kung durch eine ge­genläufige Ge­stal­tung kom­pen­siert wird und sich des­halb im Er­geb­nis le­dig­lich als for­male Maßnahme er­weist. In dem tag­glei­chen An- und Ver­kauf von Be­zugs­rech­ten im Jahr 1998 kann in­so­weit einen Miss­brauch von Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Rechts i.S.d. §42 AO lie­gen.

Ge­stal­tungs­miss­brauch liegt dann vor, wenn der Steu­er­pflich­tige auf­grund spe­zi­el­ler Kennt­nis der Abläufe in den Han­dels­sys­te­men von Wert­pa­pierbörsen und -han­delshäusern und der kon­kre­ten Markt­si­tua­tion, da­von aus­ge­hen kann, die von ihm zum Ver­kauf plat­zier­ten börsen­no­tier­ten Wert­pa­piere zeit- und wert­gleich und da­mit ohne Kurs­ri­siko wie­der zurücker­wer­ben zu können. Denn ein steu­er­recht­lich er­heb­li­cher Vor­gang kann dann nicht an­er­kannt wer­den, wenn er nach dem Wil­len des Steu­er­pflich­ti­gen durch ge­genläufige Rechts­akte erst ge­schaf­fen oder wie­der aus­ge­gli­chen wird und da­mit von vorn­her­ein eine wirt­schaft­li­che Be­las­tung ver­mie­den wer­den soll.

Letzt­lich fehlte hier auch ein plau­si­bler außer­steu­er­li­cher Grund für die gewählte Ge­stal­tung. Viel­mehr hatte der Steu­er­pflich­tige sich al­lein von steu­er­li­chen Mo­ti­ven lei­ten las­sen, nämlich der Veröff­ent­li­chung des Steu­er­ent­las­tungs­ge­set­zes 1999/2000/2002, das hin­sicht­lich der Veräußerungs­ge­winne nach § 17 EStG eine er­heb­li­che Ver­schlech­te­rung (Ab­schaf­fung des hal­ben Steu­er­sat­zes, Einführung der Fünf­te­lungs­re­ge­lung) mit sich brachte.

Link­hin­weis:

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