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"Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer" in § 3 Abs. 8 UStG

BFH 29.1.2015, V R 5/14

Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer i.S.d. § 3 Abs. 8 UStG ist die Per­son, die in ei­ge­nem Na­men eine Zol­lan­mel­dung ab­gibt oder in de­ren Na­men eine Zol­lan­mel­dung ab­ge­ge­ben wird, ohne dass es dar­auf an­kommt, ob tatsäch­lich Ein­fuhr­um­satz­steuer an­ge­fal­len ist. Als Ver­tre­ter "für Rech­nung" ei­nes an­de­ren i.S.d. Art. 5 Abs. 2 ZK han­delt nicht, wer in ei­ge­ner Per­son alle et­waig an­fal­len­den Steu­ern und sons­tige Kos­ten trägt und sein Han­deln sich für den an­de­ren un­ter kei­nem denk­ba­ren Ge­sichts­punkt wirt­schaft­lich aus­wirkt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war im Streit­jahr 2007 um­satz­steu­er­recht­li­che Or­ganträge­rin der in Deutsch­land ansässi­gen X-GmbH und der Y-GmbH. Zu ih­rem Kon­zern gehörte auch die in der Schweiz ge­schäfts­ansässige B-AG, eine En­kel­ge­sell­schaft der Kläge­rin. Die Y-GmbH, bzw. die Be­triebs­ab­tei­lung "C", führte das Buch­ge­schäft in ei­ge­nem Na­men, aber für Rech­nung, im In­ter­esse und auf Ri­siko der X-GmbH. Die Y-GmbH schloss die Verträge mit den Kun­den von "C" ab und be­lie­ferte die Kun­den im Ver­sand­han­del mit Schall­plat­ten, CD's, Vi­deo­kas­set­ten, Büchern und Ähn­li­chem.

Wie in den Vor­jah­ren ver­sandte "C" auch im Jahr 2007 Ka­ta­loge an die Kun­den, aus de­nen diese vier­teljähr­lich min­des­tens einen Ar­ti­kel per Be­stell­karte be­stel­len muss­ten. Un­ter­blieb die Be­stel­lung, ver­sandte "C" an die Kun­den für das Vier­tel­jahr einen sog. Haupt­vor­schlag. Nach­dem bis April 1998 die Be­lie­fe­rung der Kun­den vom inländi­schen Zen­tral­la­ger aus durch­geführt wurde, er­folgte die Ver­sen­dung da­nach für ganz Eu­ropa aus der Schweiz. Die Deut­sche Post AG holte die Ware aus der Schweiz ab und er­le­digte die Zoll­for­ma­litäten. Dies ge­schah, in­dem sie an der Grenze dem deut­schen Zoll einen von der Y-GmbH nicht auf amt­li­chem Vor­druck ge­fer­tig­ten "An­trag auf Frei­sch­rei­bung der Sen­dun­gen" vor­legte. Dies ent­sprach einem zwi­schen der Deut­schen Post AG und dem deut­schen Zoll­amt ab­ge­stimm­ten Ver­fah­ren.

Später stritt die Kläge­rin mit dem Fi­nanz­amt darüber, ob die Lie­fe­rung von Wa­ren (Bücher, CD's) mit einem Wa­ren­wert von bis zu 22 € aus einem in der Schweiz ge­le­ge­nen Aus­lie­fe­rungs­la­ger an im In­land ansässige Kun­den nach § 3 Abs. 8 UStG 2005 im In­land steu­er­bar war. Die Fi­nanz­behörde be­jahte dies. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Die Lie­fe­run­gen der Y-GmbH aus der Schweiz an ihre deut­schen Kun­den wa­ren gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG der Kläge­rin zu­zu­rech­nen und un­ter­la­gen im In­land der Um­satz­steuer. Die strei­ti­gen Umsätze wa­ren gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG um­satz­steu­er­bar, weil der Ort der Lie­fe­rung gem. § 3 Abs. 8 UStG im In­land lag.

Wird - wie hier - der Ge­gen­stand der Lie­fe­rung durch den Lie­fe­rer, den Ab­neh­mer oder einen vom Lie­fe­rer oder vom Ab­neh­mer be­auf­trag­ten Drit­ten befördert oder ver­sen­det, gilt die Lie­fe­rung gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG dort als aus­geführt, wo die Beförde­rung oder Ver­sen­dung an den Ab­neh­mer oder in des­sen Auf­trag an einen Drit­ten be­ginnt. Ver­sen­den liegt vor, wenn je­mand die Beförde­rung durch einen selbstständi­gen Be­auf­trag­ten ausführen oder be­sor­gen lässt. Die Ver­sen­dung be­ginnt mit der Überg­abe des Ge­gen­stan­des an den Be­auf­trag­ten, vor­lie­gend so­mit mit der Ab­ho­lung der Ge­genstände vom Lo­gis­tik­zen­trum in der Schweiz.

Ab­wei­chend von § 3 Abs. 6 UStG be­stimmt sich der Ort der Lie­fe­rung nach § 3 Abs. 8 UStG, wenn der Ge­gen­stand bei der Beförde­rung oder Ver­sen­dung aus einem Dritt­lands­ge­biet in das In­land ge­langt und der Lie­fe­rer oder sein Be­auf­trag­ter Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer ist. In die­sem Fall gilt der Ort der Lie­fe­rung als im In­land ge­le­gen. Dass Ein­fuhr­um­satz­steuer tatsäch­lich anfällt, ist nicht ent­schei­dend. Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer i.S.d. § 3 Abs. 8 UStG ist auch der­je­nige, des­sen Umsätze zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steu­er­bar, aber gem. § 5 UStG steu­er­frei sind. Der An­nahme ei­ner Lie­fe­rung im In­land stand hier da­her nicht ent­ge­gen, dass die Lie­fe­run­gen der Kläge­rin gem. § 1a der Ein­fuhr­um­satz­steuer-Be­frei­ungs­ver­ord­nung vom 11.8.1992 nicht der Ein­fuhr­um­satz­steuer un­ter­la­gen, weil es sich um Sen­dun­gen von Wa­ren mit ge­rin­gem Wert i.S.d. Art. 27 der VO (EWG) Nr. 918/83 han­delte, de­ren Ge­samt­wert je Sen­dung 22 € nicht über­stieg.

Die Kläge­rin lie­ferte die Wa­ren aus der Schweiz, einem Dritt­lands­ge­biet (§ 1 Abs. 2a S. 3 UStG). Sie ge­lang­ten bei der Ver­sen­dung in das In­land (§ 1 Abs. 2 S. 1 UStG). Die Kläge­rin war auch "Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer". Der Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer be­stimmt sich gem. § 13a Abs. 2 UStG i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG nach den Vor­schrif­ten über die Zölle. Auch an der uni­ons­recht­li­chen Aus­le­gung des Be­griffs der Ver­tre­tung un­abhängig von den ver­schie­de­nen Sprach­fas­sun­gen des Art. 5 ZK gab es keine Zwei­fel. Die Kläge­rin hatte nicht für Rech­nung der Empfänger ge­han­delt. Denn als Ver­tre­ter "für Rech­nung" ei­nes an­de­ren i.S.d. Art. 5 Abs. 2 ZK han­delt nicht, wer in ei­ge­ner Per­son alle et­waig an­fal­len­den Steu­ern und sons­tige Kos­ten trägt und sein Han­deln sich für den an­de­ren un­ter kei­nem denk­ba­ren Ge­sichts­punkt wirt­schaft­lich aus­wirkt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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