Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist in einem sog. Drittland ansässig und betreibt Hotels und Resorts auf einem französischen Übersee-Département. In Deutschland unterhielt sie im Streitjahr 2007 in angemieteten, 56 qm großen Räumlichkeiten ein Verbindungsbüro, in dem durchschnittlich ca. fünf Mitarbeiter tätig waren. Zu den Aufgaben des Verbindungsbüros gehörten u.a. jährliche Vertragsverhandlungen mit Reiseveranstaltern über die Überlassung von Zimmerkontingenten, die Kontrolle von Reiseveranstaltungsverträgen sowie der Darstellung der Hotels in den jeweiligen Reisekatalogen, die Erstellung und Kontrolle des Jahresbudgets für Sales und Marketing sowie die tägliche Prüfung der Auslastung der Hotels. Die Überlassung der Hotelzimmer und Resorts an die Kunden erfolgte durch die Klägerin selbst.
Im Streitjahr erhielt die Klägerin für von dem Verbindungsbüro beauftragte, verwertete bzw. bezogene Leistungen Rechnungen mit ausgewiesener deutscher Umsatzsteuer i.H.v. 30.722 € sowie acht Netto-Rechnungen ausländischer Dienstleister, mit denen diese Werbeleistungen abrechneten. Die Klägerin reichte zunächst keine Steuererklärung im allgemeinen Besteuerungsverfahren ein. Daraufhin erließ daas Finanzamt im Oktober 2009 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wurde. Im November 2014 hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Die Klägerin begehrte jedoch den Vorsteuerabzug. Während des Klageverfahrens hat sie (Juni 2016) ihre Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2007 eingereicht (festzusetzende Umsatzsteuer: ./. 30.722 €). Sie war der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Berücksichtigung der Vorsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren habe. Streitig sei allein die Frage, ob sie im Inland ansässig sei und die Umsatzsteuer für Werbeleistungen von ihr im Inland geschuldet werde.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Selbst dann, wenn das allgemeine Besteuerungsverfahren anzuwenden wäre, ist der Vorsteuerabzug der Klägerin ausgeschlossen, was aus § 15 Abs. 4b UStG folgt. Danach gelten für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schulden, die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStG (jetzt: Sätze 4 und 5) entsprechend. Die Vorschrift stellt sicher, dass die im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltenden Einschränkungen des § 18 Abs. 9 UStG, z.B. zur Gegenseitigkeit, wie bisher auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren Anwendung finden.
§ 18 Abs. 9 Satz 6 UStG (jetzt: § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG) und § 15 Abs. 4b UStG verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht. Der BFH (vgl. Urteil v. 10.4.2003 - V R 35/01) hat zum nationalen Verfassungsrecht entschieden, dass das Erfordernis der Gegenseitigkeit in § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG im Einklang mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht. Die Benachteiligung von im Drittlandgebiet ansässigen Unternehmern ist in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, weil Unternehmer, die dem Vergütungsverfahren unterliegen, im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze erzielen. Das gilt in den Fällen des § 15 Abs. 4b UStG in gleicher Weise.
Der EuGH hat zum Unionsrecht bereits entschieden, dass Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 86/560/EWG nicht ungeachtet seines klaren und genauen Wortlauts in einer Weise ausgelegt werden kann, die auf seine Berichtigung abzielt (vgl. EuGH-Urteil Kommission/ Vereinigtes Königreich vom 15.7.2010 - C-582/08). Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 86/560/EWG ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass er auf Drittländer beschränkt ist, die sich nicht auf die Meistbegünstigungsklausel nach Art. II Abs. 1 des General Agreement on Trade in Services (GATS; BGBl II 1994, 1643) berufen können (vgl. EuGH-Urteil Rizeni Letoveho Provozu vom 7.6.2007 - C-335/05). Der EuGH hält danach das Prinzip der Gegenseitigkeit ebenfalls für unionsrechtlich zulässig. Aus Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EuGrdRCh) ergibt sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - nichts anderes.
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