Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob eine Zahlung im Zusammenhang mit der Schließung eines Bahnübergangs Schadensersatz oder umsatzsteuerliches Entgelt darstellt und ob im Falle der Annahme eines steuerbaren Umsatzes dieser im Streitjahr zu erfassen ist. Der Kläger ist Landwirt. Beim Bau einer parallel zu einer Bundesstraße gelegenen Eisenbahnlinie wurden von der Eisenbahngesellschaft für die betroffenen Landwirte Übergänge über die Bahngleise geschaffen. Im Mai 1999 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die bestehenden Übergänge, Straßen und Wirtschaftswege durch den Wege- und Gewässerplan nach § 41 des Flurbereinigungsgesetzes als öffentliche bzw. gemeinschaftliche Anlagen planfestgestellt worden sind. Der Bahnübergang gewährleistete den unmittelbaren Zugang von der Hofstelle zu den jenseits der Bahntrasse gelegenen landwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen des Klägers.
Später beabsichtigte die DB Netz AG aus Gründen der Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs die Schließung von Privatweg-Bahnübergängen, u.a. auch den des Klägers. Mit Planfeststellungsbeschluss von Oktober 2003 wurde gem. § 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes der Plan der DB Netz AG für die Schließung des Bahnübergangs festgestellt. Der Kläger versuchte zunächst mit einer Klage vor dem VG gegen den Planfeststellungsbeschluss die Schließung seines Bahnübergangs zu verhindern. Mit Vereinbarung von Mai 2005 zwischen der DB Netz AG und dem Kläger stimmte der Kläger der Aufhebung des Bahnübergangs zu. Die DB Netz AG verpflichtete sich in der Vereinbarung zum Bau eines Ersatzwegs und für die aus der Bahnübergangsaufhebung resultierenden Betriebserschwernisse zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags von rd. 128.000 €. Auch die aus der Entschädigungszahlung entstehenden Steuerbelastungen sollten dem Kläger von der DB Netz AG erstattet werden.
Die Entschädigungszahlung war nach Schließung des Bahnübergangs zu zahlen. Die verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss nahm der Kläger mit Schriftsatz noch im Mai 2005 zurück. Die Schließung des Bahnübergangs erfolgte im Streitjahr 2006, der Kläger erhielt daraufhin rd. 212.000 € von der DB Netz AG. Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, der Kläger habe eine Leistung an die DB Netz AG erbracht, die nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG falle und dem Regelsteuersatz unterliege. Die an den Kläger gezahlte Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse sei umsatzsteuerliches Entgelt (Nettoentgelt: rd. 183.000 €, Umsatzsteuer: rd. 29.000 €).
Das FG gab der gegen den Umsatzsteuerbescheid gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die steuerpflichtige Leistung des Klägers im Jahr 2005 ausgeführt und folglich im Streitjahr (2006) nicht zu erfassen ist.
Bei der Rücknahme der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem VG durch den Kläger handelte es sich umsatzsteuerrechtlich um eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung. Die vom Steuerpflichtigen erbrachte streitbefangene Leistung war die im Zuge der Vereinbarung von Mai 2005 am selben Tag erklärte Klagerücknahme, so dass die Steuer gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG damit vor dem Streitjahr 2006 entstanden ist. Die Steuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen oder Teilleistungen ausgeführt worden sind (sog. Sollbesteuerung).
Die Auslegung der in der Vereinbarung von Mai 2005 abgegebenen Willenserklärungen führte dazu, dass die Leistung des Klägers in der Rücknahme der Klage am 18.05.2005 bestand. Hierauf kam es der DB Netz AG an, um Planungssicherheit zu haben und die mit einem Prozess verbundenen Risiken zu vermeiden. Auf den Zeitpunkt in den das Entgelt (hier die "Entschädigungszahlung" und die Errichtung des Ersatzwegs) entrichtet wird, kommt es für die Steuerentstehung bei der Sollversteuerung dagegen nicht an:
Auch aus Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergab sich für das Streitjahr nichts anderes. Danach gelten Lieferungen von Gegenständen außer in den in Art. 5 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG benannten Fällen und Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Die Anwendung von Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG setzt jedoch schon grundsätzlich voraus, dass der Steuerpflichtige sich auf diese Vorschrift beruft, was vorliegend jedoch nicht der Fall war.
Auf den Zeitpunkt der Entrichtung des Entgeltes kommt es für die Steuerentstehung bei Sollversteuerung nicht an. Da § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG nicht unionsrechtskonform auslegbar ist, setzt die Anwendung von Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 64 MwStSystRL) voraus, dass der Steuerpflichtige sich auf die Vorschrift beruft.