Der Sachverhalt:
Die Klägerin war zusammen mit E. Gesellschafter der S-GbR. Zum 31.5.2009 schied der E. aus. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen ging im Wege der Anwachsung auf die Klägerin über. Seit dem Juni 2009 führt die Klägerin den Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen fort.
Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass ihr bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 den gesamten Freibetrag i.H.v. 24.500 € zu gewähren sei. Für den Erhebungszeitraum 2009 sei ein einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag zu ermitteln. Dieser sei sodann zeitanteilig auf die Klägerin als Rechtnachfolgerin der S GbR und als Einzelunternehmerin zu verteilen. Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf der Grundlage des Gewerbeertrags des gesamten Erhebungszeitraums 2009 unter Berücksichtigung des vollen Freibetrags nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG zu ermitteln und dieser sodann im Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern (Klägerin als Rechtsnachfolgerin der S-GbR und Klägerin als Einzelunternehmerin) erzielten Gewerbeerträge zu verteilen ist.
Unterhält eine Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb, endet die sachliche Steuerpflicht des Gewerbebetriebs auch dann nicht, wenn - wie im Streitfall - während des Erhebungszeitraums bis auf einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheiden und deren anteiliges Gesellschaftsvermögen gem. § 738 BGB dem verbleibenden Gesellschafter zuwächst (Anwachsung). Trotz des Fortbestands der sachlichen Steuerpflicht führt die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens auf den letzten verbleibenden Gesellschafter, der das Unternehmen nunmehr als Einzelunternehmen fortführt, zu einem Wechsel der Person des Steuerschuldners. Bis zum Rechtsformwechsel ist die Personengesellschaft gem. § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer, ungeachtet des Umstands, dass dieser die Unternehmereigenschaft fehlt und die Gesellschafter die (Mit-)Unternehmer des Gewerbebetriebs sind. Der Wechsel des Steuerschuldners bedingt allerdings, dass dem jeweiligen Steuerschuldner nur der Teil der Steuerschuld zugerechnet werden kann, der auf die Dauer seiner persönlichen Steuerpflicht entfällt.
Auch im vorliegenden Fall wechselte die Steuerschuldnerschaft durch Anwachsung des Gesellschaftsvermögens auf den verbleibenden Gesellschafter. Steuerschuldnerin bis zum Rechtsformwechsel war die Gesellschaft. Deren Steuerschuldnerschaft ging allerdings durch die liquidationslose Vollbeendigung der Gesellschaft und die Anwachsung deren Vermögens auf den verbliebenen Gesellschafter auf jenen als Rechtsnachfolger über. Für die Zeit nach dem Rechtsformwechsel war der verbliebene Gesellschafter nunmehr als Einzelunternehmer Steuerschuldner. Für den Erhebungszeitraum des Formwechsels waren daher auch zwei Gewerbesteuermessbescheide jeweils für die Zeit vor und nach dem Wechsel zu erlassen.
Die Aufteilung der Steuerschuld auf zwei Steuerschuldner führt jedoch nicht dazu, dass der Gewerbesteuermessbetrag für jeden Steuerschuldner nur unter Berücksichtigung des von diesem erzielten Gewerbeertrags zu ermitteln ist. Vielmehr ist, ausgehend von dem Fortbestand der sachlichen Steuerpflicht bei einem während des Erhebungszeitraums erfolgten Rechtsformwechsel, der Gewerbesteuermessbetrag ungeachtet der verschiedenen Steuerschuldnerschaften einheitlich zu ermitteln. Maßgebend ist gem. § 10 GewStG der Gewerbeertrag, der in dem Erhebungszeitraum bezogen wurde. Dies ist der nach den Vorschriften des EStG ermittelte Gewinn, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Der Gewinn setzt sich mithin aus den für den Erhebungszeitraum ermittelten Gewinnen der Personengesellschaft und des fortgeführten Einzelunternehmens zusammen. Erst im Anschluss an die einheitliche Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags ist dieser auf die verschiedenen Steuerschuldner aufzuteilen.
Davon ausgehend ist der Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG, der auch im Fall des Rechtsformwechsels nur einmal gewährt werden kann, schon bei der Ermittlung und nicht erst bei der Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags zu berücksichtigen. Denn er bezieht sich nicht auf den von einem bestimmten Steuersubjekt bezogenen Gewinn oder Gewinnanteil, sondern auf den Ertrag, den der vom jeweiligen Rechtsträger losgelöste Gewerbebetrieb an sich erwirtschaftet hat. Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 GewStG wird der Steuermessbetrag durch die Anwendung der Steuermesszahl (§ 11 Abs. 2 GewStG) auf den Gewerbeertrag ermittelt. Der Gewerbeertrag wird dafür zunächst auf volle Hundert abgerundet und sodann um den Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG gekürzt. Die Vorschriften über die Ermittlung des Gewerbeertrags knüpfen mithin unmittelbar an die Bestimmung des Steuergegenstands in § 2 GewStG und damit an die sachliche Steuerpflicht an.
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