Der Sachverhalt:
Zwischen den Beteiligten ist der Ansatz einer Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. rd. 17,6 Mio. € streitig. Der Kläger ist Mehrheitsgesellschafter der Firmengruppe A-GmbH (A), deren Geschäftsführer er auch ist sowie Mehrheitsgesellschafter sämtlicher Untergesellschaften. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus dieser Tätigkeit erzielte der Kläger im Streitjahr 2012 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. Der Kläger wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Bescheid vom 04.10.2016 hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Aufgrund von Ermittlungen der für die Besteuerung der A zuständigen Veranlagungsdienststelle des Finanzamts teilte die Sachbearbeiterin der Körperschaften durch Schreiben vom 19.12.2016 der für die Einkommensbesteuerung zuständigen Veranlagungsdienststelle des Finanzamts mit, dass im Jahr 2012 bisher nicht erfasste Gewinnanteile aus der Beteiligung an der A als Einkünfte steuererhöhend zu erfassen sind.
Die Mitteilung beruht darauf, dass für die beim Beklagten geführten Gesellschaften der A-Firmengruppe die Gewinnverteilung in § 13 Nr. 3 des jeweiligen gleichlautenden Gesellschaftsvertrages geregelt ist. Danach kann eine von dem Verhältnis der Geschäftsanteile abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden. Mit Gesellschafterbeschlüssen aus dem Streitjahr 2012 wurde jeweils beschlossen, in welcher Höhe der jeweilige ausschüttbare Gewinn besteht und dass ein bestimmter Anteil hiervon ausgeschüttet wird. Die Gewinnanteile des Klägers werden nach dem Beschluss nicht ausgeschüttet und den "personenbezogenen Rücklagen" zugeführt. Die ausgeschütteten Gewinnanteile sowie die den personenbezogenen Rücklagen zugewiesenen Gewinnanteile bemessen sich jeweils an der Beteiligungshöhe und ergeben in der Summe den zuvor genannten ausschüttbaren Gewinn. Ein Kapitalertragsteuerabzug erfolgte für die Zuweisung des Gewinnanteils an die Rücklagen nicht.
Das Finanzamt ging nach Kenntnis dieses Sachverhalts von einem unmittelbaren Zufluss einer Gewinnausschüttung in voller Höhe aus. Die den personenbezogenen Rücklagen zugeführten Gewinnanteile des Klägers seien im Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen. Es erließ einen entsprechend geänderten Bescheid zur Einkommensteuer 2012.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die in die persönlichen Rücklagen des Klägers eingestellten Gewinnanteile sind diesem im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen, so dass das Finanzamt sie zu Recht als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Streitjahr erfasst hat.
Der jeweilige Gesellschafterbeschluss über die gespaltene Verwendung und die Gutschrift auf dem personenbezogenen Rücklagekonto des Klägers bewirkte im Zeitpunkt der Beschlussfassung einen Zufluss beim Kläger als beherrschender Gesellschafter jeder einzelnen Körperschaft. Durch die Beschlussfassung entstand für den Kläger ein konkreter, auszahlbarer Gewinnanspruch in Höhe des dem Rücklagekonto zugewiesenen Betrages.
Der Anspruch des Gesellschafters einer GmbH auf Auszahlung des Gewinns entsteht mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Gewinns. Er wird nach allgemeiner Meinung mit dem Gewinnverteilungsbeschluss sofort fällig, wenn nicht die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthält. Diese Rechtslage rechtfertigt es, bei einem beherrschenden Gesellschafter einen späteren Zuflusszeitpunkt der Gewinnanteile nur dann anzunehmen, wenn die Satzung bindende Regelungen über eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs enthält.
Denn wenn in der Satzung jegliche Regelungen fehlen oder diese nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes durch die Gesellschafterversammlung enthält, dann hat der beherrschende Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH es in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs zu bestimmen. Er kann damit wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über seinen Gewinnanteil verfügen. Das Hinausschieben der Fälligkeit ist unter diesen Umständen bereits als Verfügung über den Gewinnanteil zu beurteilen. Deshalb sind die Gewinnanteile dem beherrschenden Gesellschafter in einem solchen Fall im Zeitpunkt der Beschlussfassung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen. Dies gilt auch dann, wenn für die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit erforderlich ist.
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich im Streitfall nach der jeweiligen Fassung der Beschlüsse um eine sog. gespaltene Gewinnverwendung handelt, mithin der zur Ausschüttung bestimmte Gewinn teilweise für eine sofortige Ausschüttung verwendet und teilweise in eine personenbezogene Rücklage eingestellt wird.
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