Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um eine 2011 gegründete Partnerschaftsgesellschaft. An ihr sind zwei Fachärztinnen sowie ein weiterer Facharzt beteiligt. Zum Leistungsangebot der Gemeinschaftspraxis gehört insbesondere die komplette Diagnostik und Therapieempfehlung. Die Praxis unterhält in diesem Zusammenhang auch ein Speziallaboratorium für Blutgerinnung inklusive eigener Molekularbiologie sowie ein Notfalldepot für sämtliche Gerinnungsfaktorkonzentrate.
Die Klägerin behandelt vornehmlich Kassenpatienten im Rahmen einer sog. integrierten Versorgung nach § 140a ff. SGB V. Dabei werden zwischen Arzt und Krankenkasse Verträge abgeschlossen, nach denen die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen zahlt, die sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln zum Inhalt haben. Der übliche Behandlungsablauf stellt sich derart dar, dass neue Patienten zunächst ca. drei Mal in der Woche in der Praxis behandelt werden. Die ersten 50 bis 100 Injektionen werden dabei durch Ärzte in der Praxis durchgeführt. Die Patienten werden dann darauf geschult, sich die Injektionen zuhause selbst zu verabreichen.
Mit dem Finanzamt stritt die Klägerin darüber, ob aufgrund der Abgabe der Präparate an die Hämatophiliepatienten (Bluter) zur Heimselbstbehandlung im Rahmen der integrierten Versorgung die gesamte Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis als gewerblich zu behandeln ist. Das Finanzamt ging davon aus. Der Ein- und Verkauf von Wirtschaftsgütern stelle eine typische originäre gewerbliche Tätigkeit dar, die der freiberuflichen Tätigkeit wesensfremd sei. Die Klägerin war der Ansicht, dass es sich bei ihr um eine insgesamt freiberuflich tätige Personengesellschaft handele. Teilweise gewerbliche Tätigkeiten, die zu einer sog. Infektion führen würden, lägen nicht vor.
Das FG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Einkünfte der Klägerin als insgesamt gewerblich qualifiziert.
Der Senat ist zwar mit der Klägerin der Auffassung, dass die Abgabe der Präparate durch die Ärzteschaft Effizienzvorteile mit sich bringt und offenkundig von den Krankenkassen aufgrund der insgesamt geringeren Kostenbelastung bevorzugt wird. Diese wirtschaftlichen Erwägungen führen aber nicht dazu, dass die Abgabe der Präparate als unselbständiger Teil der ärztlichen Heilbehandlung anzusehen wäre. Auch wenn die Patienten der Klägerin im Rahmen der Heimselbstbehandlung unstreitig einer engmaschigen Kontrolle unterliegen, ergibt sich daraus nicht die Notwendigkeit, den Patienten die für das jeweils kommende Quartal benötigten Präparate zu verkaufen. Der Verkauf kann ebenso gut durch einen Dritten erfolgen, ohne dass dies Einfluss auf die ärztliche Heilbehandlung nehmen würde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin endet die ärztliche Behandlung auch in anderen Fällen nicht an der Praxistür. Bei diversen schwerwiegenden Erkrankungen ist ebenfalls eine engmaschige Kontrolle der Patienten durch den Arzt und ggf. eine Neueinstellung der Medikation erforderlich, auch wenn der Patient beim Kauf der verschriebenen Medikamente auf die Apotheke angewiesen ist. Der Senat ist durch die Ausführungen der Klägerin in seinem Eindruck bestärkt worden, dass ein Verweis der Patienten auf die Apotheke nicht zuletzt deshalb nicht gewollt war, weil dies die aus wirtschaftlichen Erwägungen resultierenden Vorgaben der Krankenkassen nicht zuließen. Eine Notwendigkeit der Abgabe durch die behandelnden Ärzte für den Behandlungserfolg besteht hingegen gerade nicht. Aus der Ausnahme von der Apothekenpflicht in § 47 AMG kann nach Auffassung des Senats kein Rückschluss auf die steuerliche Behandlung erfolgen.
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