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Steuerberatung

Zur Antragsbefugnis nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG

BFH v. 14.11.2018 - II R 8/16

Liegt keine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Stra­BEG be­zeich­ne­ten Ta­ten und keine Steu­er­ord­nungs­wid­rig­keit i.S.d. § 6 Stra­BEG vor, kann der ver­meint­li­che Steu­er­schuld­ner die Auf­he­bung ei­ner mit der Ab­gabe der straf­be­frei­en­den Erklärung be­wirk­ten Steu­er­fest­set­zung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Stra­BEG be­an­tra­gen. Die straf­be­frei­ende Erklärung hat mit­hin auch rechts­ge­stal­tende Wir­kung für und ge­gen den Steu­er­schuld­ner.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin ist zur Hälfte Miter­bin nach ih­rer im Sep­tem­ber 2000 ver­stor­be­nen Mut­ter. Wei­tere Miter­bin war die Toch­ter M. aus zwei­ter Ehe. M. ist im März 2006 ver­stor­ben und wurde von der Bei­ge­la­de­nen, ih­rer Toch­ter, al­lein be­erbt. Die Er­bein­set­zung der Kläge­rin und der M. war in einem no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Erb­ver­trag vor­ge­nom­men wor­den, den die Mut­ter 1969 mit ih­rem Ehe­mann ge­schlos­sen hatte. Die Mut­ter hatte zu­dem durch ein no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tes Tes­ta­ment im Hin­blick auf den Erb­teil der M. bis zum 31.3.2008 Tes­ta­ments­voll­stre­ckung an­ge­ord­net.

Im Juli 2000 ließ die Mut­ter eine Fa­mi­li­en­stif­tung nach liech­ten­stei­ni­schem Recht mit Sitz in Liech­ten­stein er­rich­ten, die sie mit einem Stif­tungs­ka­pi­tal von 30.000 CHF (um­ge­rech­net 37.783 DM) aus ih­rem Vermögen aus­stat­tete. Noch im sel­ben Mo­nat über­trug sie wei­te­res Ka­pi­tal­vermögen i.H.v. 1.962.217 DM aus ei­ge­nen Mit­teln auf die Stif­tung. Nach den Bei­sta­tu­ten der Stif­tung war die Mut­ter bis zu ih­rem Le­bens­ende al­lei­nige wirt­schaft­lich Begüns­tigte des Stif­tungs­vermögens und von des­sen Erträgen. Für die Zeit nach ih­rem Tod war in den Bei­sta­tu­ten vor­ge­se­hen, dass der Stif­tungs­ge­nuss der Bei­ge­la­de­nen i.H.v. 1.000.000 DM abzüglich der zur Si­cher­stel­lung ih­res Un­ter­halts und ih­rer Aus­bil­dung vor­weg aus­be­zahl­ten Beträge und im Übri­gen der Kläge­rin zu­ste­hen sollte.

Die für den Erb­teil der M. be­stellte Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin gab am 3.5.2004 ge­genüber dem da­mals zuständi­gen Fi­nanz­amt in der An­nahme, die Vermögensüber­tra­gung der Mut­ter auf die Stif­tung un­ter­liege der Schen­kung­steuer, eine "straf­be­frei­ende Erklärung" nach dem Stra­BEG ab und ent­rich­tete den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Stra­BEG be­rech­ne­ten Be­trag i.H.v. 50.873,50 EUR zeit­nah an das Fi­nanz­amt. Im Juni 2008 be­an­tragte die Kläge­rin beim Fi­nanz­amt die an­tei­lige Rücker­stat­tung des von der Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin auf­grund der "straf­be­frei­en­den Erklärung" be­zahl­ten Be­trags. Die Steu­er­behörde lehnte den An­trag al­ler­dings ab.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Gründe:

Das Fi­nanz­amt ist ver­pflich­tet, die mit der Ab­gabe der straf­be­frei­en­den Erklärung be­wirkte Steu­er­fest­set­zung auf­zu­he­ben. Die Kläge­rin kann ihr Auf­he­bungs­be­geh­ren auf § 10 Abs. 3 Satz 1 Stra­BEG stützen.

Es konnte da­hin­ste­hen, wer Adres­sat der Fest­set­zung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Stra­BEG ist. Denn das Recht, den An­trag nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Stra­BEG zu stel­len, steht auch dem (ver­meint­li­chen) Steu­er­schuld­ner zu. Dies folgt aus dem Um­stand, dass die straf­be­frei­ende Erklärung nicht nur straf­be­frei­ende (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Stra­BEG) und steu­er­fest­set­zende (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Stra­BEG) Wir­kung hat. Viel­mehr erlöschen, so­weit Straf- oder Bußgeld­frei­heit ein­tritt, mit Ent­rich­tung der pau­scha­len Ab­gabe auch die ge­gen den Steu­er­schuld­ner be­ste­hen­den Steu­er­an­sprüche (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Stra­BEG). Die straf­be­frei­ende Erklärung hat mit­hin auch rechts­ge­stal­tende Wir­kung für und ge­gen den Steu­er­schuld­ner. Diese Wir­kung recht­fer­tigt es, dem (ver­meint­li­chen) Steu­er­schuld­ner die Be­fug­nis zur An­trag­stel­lung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Stra­BEG un­abhängig da­von zu­zu­bil­li­gen, ob er In­halts­adres­sat der Steu­er­fest­set­zung i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 Stra­BEG ist.

Im Streit­fall war die durch die straf­be­frei­ende Erklärung be­wirkte Steu­er­fest­set­zung je­den­falls zur Be­sei­ti­gung des Rechts­scheins ih­rer Wirk­sam­keit auf­zu­he­ben. Eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Stra­BEG be­zeich­ne­ten Ta­ten oder eine Steu­er­ord­nungs­wid­rig­keit i.S.d. § 6 Stra­BEG lag nicht vor, die liech­ten­stei­ni­sche Stif­tung hatte über das Stif­tungs­vermögen nicht habe tatsäch­lich und recht­lich frei verfügen können. Durch die Vermögensüber­tra­gung auf die Stif­tung war da­her keine Schen­kung­steuer ent­stan­den.

Als ver­meint­li­che Schuld­ne­rin der Schen­kung­steuer war die Kläge­rin be­fugt, den An­trag gem. § 10 Abs. 3 Satz1 Stra­BEG zu stel­len. Auch stand der Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung der Auf­he­bung nicht ent­ge­gen. Denn die Fest­set­zungs­frist für die Steu­er­fest­set­zung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Stra­BEG war bei der Stel­lung des Auf­he­bungs­an­trags im Juni 2008 noch nicht ab­ge­lau­fen.

Link­hin­weis:

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