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Steuerberatung

Zur Anzeige der beabsichtigten Aufnahme eines Masterstudiums

FG Münster v. 31.10.2018 - 7 K 1015/18 Kg

Die be­ab­sich­tigte Auf­nahme ei­nes Mas­ter­stu­di­ums muss nicht in­ner­halb des Fol­ge­mo­nats nach Ab­schluss ei­nes Ba­che­lor­stu­di­ums bei der Fa­mi­li­en­kasse an­ge­zeigt wer­den. Die Fa­mi­li­en­kasse kann aus V 6.1 Abs. 1 Satz 8 der Dienst­an­wei­sung des Bun­des­zen­tral­amts für Steu­ern zum Kin­der­geld nach dem EStG (DA-KG 2017) keine Be­rech­ti­gung ab­lei­ten will, Kin­der­geld al­lein we­gen ei­ner verspäte­ten Erklärung zu ver­sa­gen. Aus die­ser Vor­schrift er­gibt sich be­reits nicht, dass Kin­der­geld stets zu ver­sa­gen ist, wenn die be­ab­sich­tigte Fort­set­zung ei­ner ein­heit­li­chen Aus­bil­dung nicht im Mo­nat nach Ab­schluss des ers­ten Aus­bil­dungs­ab­schnitts an­ge­zeigt wird. Viel­mehr stellt die Re­ge­lung all­ge­mein auf die Glaub­haft­ma­chung ei­ner Ab­sicht ab.

Der Sach­ver­halt:

Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist strei­tig, ob die verspätete An­zeige der Fort­set­zung ei­ner mehr­ak­ti­gen Be­rufs­aus­bil­dung zur Ver­sa­gung des Kin­der­geld­an­spruchs für vor der An­zeige ab­ge­lau­fene Berück­sich­ti­gungs­zeiträume führt. Der Sohn der Kläge­rin nahm nach Be­en­di­gung der Ge­samt­schule im Juni 2012 ein dua­les Stu­dium im Ba­che­lor­stu­di­en­gang Wirt­schafts­in­for­ma­tik auf. Da­bei ab­sol­vierte er die be­trieb­li­che Stu­di­en­zeit bei der X-IT und die theo­re­ti­schen Ab­schnitte bei der Hoch­schule Y. Die Fa­mi­li­en­kasse gewährte der Kläge­rin für die Dauer die­ser Aus­bil­dung, die nach dem Ver­trag am 31.12.2015 en­den sollte, Kin­der­geld für ih­ren Sohn und hob die Fest­set­zung ab Ja­nuar 2016 auf.

Im Ja­nuar 2018 be­an­tragte die Kläge­rin rück­wir­kend Kin­der­geld für Ih­ren Sohn ab Ja­nuar 2016 und legte hierfür Im­ma­tri­ku­la­ti­ons­be­schei­ni­gun­gen der Hoch­schule Z F ab dem Som­mer­se­mes­ter 2016 bis zum Win­ter­se­mes­ter 2017/18 vor. Hier­bei han­delt es sich um einen Stu­di­en­gang in Teil­zeit zum Er­werb des Mas­ter of Sci­ence. Hierzu gab die Kläge­rin an, dass ihr Sohn vom 1.12.2015 bis zum 31.12.2017 wöchent­lich 34 Stun­den bei der X-GmbH ge­ar­bei­tet habe. Fer­ner reichte sie Un­ter­la­gen ein, aus de­nen sich er­gibt, dass das Ba­che­lor­stu­dium be­reits zum 30.11.2015 mit dem Ba­che­lor of Sci­ence ab­ge­schlos­sen wor­den war und sich ihr Sohn im Ja­nuar 2016 für das Mas­ter­stu­dium be­wor­ben hat.

Die Fa­mi­li­en­kasse lehnte die Kin­der­geld­fest­set­zung für den Zeit­raum Ja­nuar 2016 bis De­zem­ber 2017 ab, weil der Sohn der Kläge­rin be­reits eine er­ste Be­rufs­aus­bil­dung bzw. ein Erst­stu­dium ab­ge­schlos­sen habe. Es fehle an einem en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang, weil der Sohn nicht spätes­tens im Fol­ge­mo­nat nach Ab­schluss sei­ner ers­ten be­rufs­qua­li­fi­zie­ren­den Aus­bil­dungsmaßnahme eine Be­wer­bung nach­ge­wie­sen habe bzw. keine schrift­li­che Erklärung ab­ge­ge­ben habe, sich zum nächstmögli­chen Zeit­punkt mit einem kon­kre­ten Be­rufs­ziel be­wer­ben zu wol­len. Da der Sohn ne­ben dem Stu­dium ei­ner Er­werbstätig­keit nach­ge­gan­gen sei, könne er nicht mehr berück­sich­tigt wer­den.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde zu­ge­las­sen.

Die Gründe:

Die Kläge­rin hat für den strei­ti­gen Zeit­raum einen An­spruch auf Kin­der­geld für Ih­ren Sohn.

Gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buch­stabe a) EStG be­steht ein An­spruch auf Kin­der­geld für volljährige Kin­der, die das 25. Le­bens­jahr noch nicht voll­en­det ha­ben und für einen Be­ruf aus­ge­bil­det wer­den. Das Mas­ter­stu­dium stellt eine Aus­bil­dung i.S.d. Vor­schrift dar. Die vom Sohn der Kläge­rin par­al­lel zum Mas­ter­stu­di­en­gang ausgeübte Er­werbstätig­keit von 34 Wo­chen­stun­den ist un­schädlich, denn er hatte mit Ab­schluss des Ba­che­lor­stu­di­ums an der Hoch­schule we­der eine erst­ma­lige Be­rufs­aus­bil­dung noch ein Erst­stu­dium ab­ge­schlos­sen. Für die Frage, ob be­reits der er­ste (ob­jek­tiv) be­rufs­qua­li­fi­zie­rende Ab­schluss in einem öff­ent­lich-recht­lich ge­ord­ne­ten Aus­bil­dungs­gang zum Ver­brauch der Erst­aus­bil­dung führen soll oder ob bei ei­ner mehr­ak­ti­gen Aus­bil­dung auch ein nach­fol­gen­der Ab­schluss in einem öff­ent­lich-recht­li­chen ge­ord­ne­ten Aus­bil­dungs­gang Teil der Erst­aus­bil­dung sein kann, ist dar­auf ab­zu­stel­len, ob sich der er­ste Ab­schluss als in­te­gra­ti­ver Be­stand­teil ei­nes ein­heit­li­chen Aus­bil­dungs­gangs dar­stellt.

Für die Qua­li­fi­ka­tion als ein­heit­li­che Aus­bil­dung kommt es vor al­lem dar­auf an, ob die Aus­bil­dungs­ab­schnitte in einem en­gen sach­li­chen Zu­sam­men­hang zu­ein­an­der ste­hen und in en­gem zeit­li­chem Zu­sam­men­hang durch­geführt wer­den. Ein sach­li­cher Zu­sam­men­hang zwi­schen dem vom Sohn der Kläge­rin durch­geführ­ten Ba­che­lor- und dem an­schließen­den Mas­ter­stu­dium liegt vor. Baut ein Mas­ter­stu­di­en­gang auf dem vor­he­ri­gen Ba­che­lor­stu­dium auf, genügt dies hierfür. Auch der er­for­der­li­che enge zeit­li­che Zu­sam­men­hang ist ge­ge­ben. Hierfür ist er­for­der­lich, dass das Kind nach Ab­schluss sei­nes ers­ten ob­jek­tiv be­rufs­qua­li­fi­zie­ren­den Ab­schlus­ses den wei­te­ren Aus­bil­dungs­ab­schnitt mit der ge­bo­te­nen Ziel­stre­big­keit auf­nimmt. Die Aus­bil­dung muss zum nächstmögli­chen Zeit­punkt fort­ge­setzt wer­den, wo­bei schul­or­ga­ni­sa­to­ri­sche oder an­dere ob­jek­tive Gründe, die ei­ner un­mit­tel­ba­ren Auf­nahme ent­ge­gen­ste­hen, un­schädlich sind. Der Sohn der Kläge­rin hat sich un­mit­tel­bar nach Ab­schluss des Ba­che­lor­stu­di­en­gang im No­vem­ber 2015 zum nächst mögli­chen Se­mes­ter (Som­mer­se­mes­ter 2016) im Ja­nuar 2016 be­wor­ben. Die hier­durch ent­stan­dene Lücke ist al­lein durch or­ga­ni­sa­to­ri­sche Gründe im Stu­di­en­ab­lauf zurück­zuführen.

Dass der Sohn der Kläge­rin nicht im De­zem­ber 2015 schrift­lich die be­ab­sich­tigte Auf­nahme ei­nes Mas­ter­stu­di­ums bei der Fa­mi­li­en­kasse an­ge­zeigt hat, steht dem er­for­der­li­chen en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang nicht ent­ge­gen. So­weit die Fa­mi­li­en­kasse aus V 6.1 Abs. 1 Satz 8 der Dienst­an­wei­sung des Bun­des­zen­tral­amts für Steu­ern zum Kin­der­geld nach dem EStG (DA-KG 2017) eine Be­rech­ti­gung ab­lei­ten will, Kin­der­geld al­lein we­gen ei­ner verspäte­ten Erklärung zu ver­sa­gen, ist die­ser Auf­fas­sung nicht zu fol­gen. Aus die­ser Vor­schrift er­gibt sich be­reits nicht, dass Kin­der­geld stets zu ver­sa­gen ist, wenn die be­ab­sich­tigte Fort­set­zung ei­ner ein­heit­li­chen Aus­bil­dung nicht im Mo­nat nach Ab­schluss des ers­ten Aus­bil­dungs­ab­schnitts an­ge­zeigt wird. Viel­mehr stellt die Re­ge­lung all­ge­mein auf die Glaub­haft­ma­chung ei­ner Ab­sicht ab. Im Streit­fall er­gibt sich die Ab­sicht der Fort­set­zung des Stu­di­ums aber be­reits aus dem tatsäch­li­chen Ge­sche­hens­ab­lauf, so dass es auf eine Glaub­haft­ma­chung nicht mehr an­kommt.

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