Der Sachverhalt:
Im Januar 2018 beantragte die Klägerin rückwirkend Kindergeld für Ihren Sohn ab Januar 2016 und legte hierfür Immatrikulationsbescheinigungen der Hochschule Z F ab dem Sommersemester 2016 bis zum Wintersemester 2017/18 vor. Hierbei handelt es sich um einen Studiengang in Teilzeit zum Erwerb des Master of Science. Hierzu gab die Klägerin an, dass ihr Sohn vom 1.12.2015 bis zum 31.12.2017 wöchentlich 34 Stunden bei der X-GmbH gearbeitet habe. Ferner reichte sie Unterlagen ein, aus denen sich ergibt, dass das Bachelorstudium bereits zum 30.11.2015 mit dem Bachelor of Science abgeschlossen worden war und sich ihr Sohn im Januar 2016 für das Masterstudium beworben hat.
Die Familienkasse lehnte die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2016 bis Dezember 2017 ab, weil der Sohn der Klägerin bereits eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium abgeschlossen habe. Es fehle an einem engen zeitlichen Zusammenhang, weil der Sohn nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss seiner ersten berufsqualifizierenden Ausbildungsmaßnahme eine Bewerbung nachgewiesen habe bzw. keine schriftliche Erklärung abgegeben habe, sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit einem konkreten Berufsziel bewerben zu wollen. Da der Sohn neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, könne er nicht mehr berücksichtigt werden.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Kindergeld für Ihren Sohn.
Gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Das Masterstudium stellt eine Ausbildung i.S.d. Vorschrift dar. Die vom Sohn der Klägerin parallel zum Masterstudiengang ausgeübte Erwerbstätigkeit von 34 Wochenstunden ist unschädlich, denn er hatte mit Abschluss des Bachelorstudiums an der Hochschule weder eine erstmalige Berufsausbildung noch ein Erststudium abgeschlossen. Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führen soll oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlichen geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.
Für die Qualifikation als einheitliche Ausbildung kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in engem zeitlichem Zusammenhang durchgeführt werden. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem vom Sohn der Klägerin durchgeführten Bachelor- und dem anschließenden Masterstudium liegt vor. Baut ein Masterstudiengang auf dem vorherigen Bachelorstudium auf, genügt dies hierfür. Auch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang ist gegeben. Hierfür ist erforderlich, dass das Kind nach Abschluss seines ersten objektiv berufsqualifizierenden Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Die Ausbildung muss zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortgesetzt werden, wobei schulorganisatorische oder andere objektive Gründe, die einer unmittelbaren Aufnahme entgegenstehen, unschädlich sind. Der Sohn der Klägerin hat sich unmittelbar nach Abschluss des Bachelorstudiengang im November 2015 zum nächst möglichen Semester (Sommersemester 2016) im Januar 2016 beworben. Die hierdurch entstandene Lücke ist allein durch organisatorische Gründe im Studienablauf zurückzuführen.
Dass der Sohn der Klägerin nicht im Dezember 2015 schriftlich die beabsichtigte Aufnahme eines Masterstudiums bei der Familienkasse angezeigt hat, steht dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang nicht entgegen. Soweit die Familienkasse aus V 6.1 Abs. 1 Satz 8 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG 2017) eine Berechtigung ableiten will, Kindergeld allein wegen einer verspäteten Erklärung zu versagen, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich bereits nicht, dass Kindergeld stets zu versagen ist, wenn die beabsichtigte Fortsetzung einer einheitlichen Ausbildung nicht im Monat nach Abschluss des ersten Ausbildungsabschnitts angezeigt wird. Vielmehr stellt die Regelung allgemein auf die Glaubhaftmachung einer Absicht ab. Im Streitfall ergibt sich die Absicht der Fortsetzung des Studiums aber bereits aus dem tatsächlichen Geschehensablauf, so dass es auf eine Glaubhaftmachung nicht mehr ankommt.
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