Der Sachverhalt:
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb im Februar 1998 1.500 Aktien der F, die ihren Sitz in den USA hat, zum Tageskurs von 55,25 US-Dollar je Anteil. Zu diesem Zeitpunkt hielt F 80,7 Prozent des Nominalkapitals an der A. Die Geschäftsleitung von F legte im März 1998 die Ausgliederung der Beteiligung an der A, den sog. "Spin-off", für den 7.4.1998 fest. Infolgedessen erhielt der Kläger als Anteilseigner der F neben der Bardividende je F-Aktie einen Anteil von 0,262085 an der A, somit insgesamt 393,12 Aktien der A, zugeteilt.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der I. Senat des BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Das FG gab der Klage im zweiten Rechtgang statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der VIII. Senat des BFH auch dieses Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Zuteilung der Aktien im Rahmen des "Spin-off" um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr handelt. Die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Beurteilung der Frage, ob dies zutrifft.
Wie der I. Senat des BFH entschieden hat, handelt es sich bei der Übertragung der A-Aktien um eine im Inland zu besteuernde Sachausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG a.F. Das FG hatte nach der Zurückverweisung im zweiten Rechtsgang zu klären, ob die Übertragung der Aktien zu Lasten des Gewinns von F erfolgte oder als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. Sollte eine Rückzahlung der Einlage außerhalb der Herabsetzung des Nennkapitals vorliegen, sei die Zuteilung der Aktien über den Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG hinaus nicht steuerbar. An diese Rechtsauffassung ist der für die Entscheidung im zweiten Rechtsgang zuständig gewordene VIII. Senat des BFH gebunden, und zwar ungeachtet der vom BMF geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Urteil des I. Senats. Die Bindung an den Zurückverweisungsbeschluss eines anderen BFH-Senats dient dem höherrangigen Zweck, einen alsbaldigen Rechtsfrieden zwischen den Prozessparteien herbeizuführen.
Die Würdigung des FG, dass es sich bei der Zuteilung der Aktien um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG handelt, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die vom FG vorgenommene Würdigung des US-amerikanischen Rechts ist revisionsrechtlich zu beanstanden. Das FG hat seine Entscheidung auf das von ihm eingeholte Gutachten über die US-amerikanische Rechtslage gestützt. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass sich die Frage, ob die Zuteilung der Aktien der A als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sei, nicht nach dem maßgeblichen US-amerikanischen Handels- und Gesellschaftsrecht beantworten lasse, da die Frage der Umstrukturierung einer Kapitalgesellschaft nicht gesetzlich geregelt sei. Die Rechtsfrage sei deshalb anhand der steuerrechtlichen Regelungen zu beurteilen. Einschlägig sei vorliegend § 355 Internal Revenue Code (I.R.C.). Danach sei die Umstrukturierung nach US-amerikanischem Steuerrecht steuerfrei.
Diese vom FG zu Bestehen und Inhalt des US-amerikanischen Rechts getroffenen Feststellungen entfalten keine Bindungswirkung, weil sie in Bezug auf die entscheidungserhebliche Frage, ob es sich bei der Anteilsgewährung um eine Einlagenrückgewähr handelt, unzulänglich sind. Bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts auf ausländische Sachverhalte ist eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht vorzunehmen. Eine Vergleichbarkeit der Sachausschüttung mit einer Dividende i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG liegt dann vor, wenn sie aus vorhandenen - laufenden oder in früheren Jahren angesammelten - Jahresüberschüssen der Gesellschaft gezahlt wird. Eine Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann u.a. dann vorliegen, wenn die Leistungen der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr das Nennkapital und den im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Eine Einlagenrückgewähr kann sich auch aus der nach ausländischem Recht aufgestellten Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft ergeben.
Das Urteil des FG enthält keine Feststellungen dazu, ob es sich bei der Zuteilung der Aktien um Auszahlungen von Jahresüberschüssen der Gesellschaft oder um die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen handelt. Die Feststellungen zur Steuerfreiheit des "Spin-off" nach § 355 I.R.C. des US-amerikanischen Rechts geben hierzu keinen Aufschluss. Zwar darf nach dem für die Steuerfreiheit erforderlichen "Device-Test" die Anteilsverteilung nicht vorwiegend dazu genutzt werden, Einkünfte und Profite der ausgebenden Gesellschaft auszuschütten. Abgestellt wird dabei nach dem vom FG eingeholten Gutachten u.a. darauf, ob die Aktien zum Verkauf verteilt werden (negatives Kriterium) oder ob die Abspaltung einen eigenständigen wirtschaftlichen Zweck verfolgt (positives Kriterium). Dies lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, ob die Sachausschüttung aus dem Gewinn bzw. einer Gewinnrücklage oder aus den Einlagen finanziert wurde.
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