Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Vater des im März 2005 geborenen E. Die Kindsmutter (die Beigeladene) ist die frühere Ehefrau des Klägers. Bis zum 23.4.2008 lebte die Familie in einer gemeinsamen Wohnung. Das Kindergeld war gegenüber dem Kläger festgesetzt worden, da dieser in dem von den Eltern unterschriebenen Kindergeldantrag vom 4.4.2005 gem. § 64 Abs. 2 S. 2 EStG als Berechtigter bestimmt worden war. Der Kläger und die Beigeladene trennten sich am 24.4.2008. Die Beigeladene nahm E nach dem Auszug aus der bisherigen Wohnung in ihren Haushalt auf. In den Monaten Oktober 2008 bis Ende Dezember 2008 lebten der Kläger, die Beigeladene sowie E wegen eines Versöhnungsversuchs vorübergehend wieder in einer gemeinsamen Wohnung. Danach kam es zur endgültigen Trennung. Seither lebt die Beigeladene mit E in einem gemeinsamen Haushalt.
Das FG gab der Klage statt, soweit sie den Zeitraum Oktober 2008 bis Dezember 2008 betraf; im Übrigen wies es die Klage ab. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage vollumfänglich ab.
Die Gründe:
Das FG war zu Unrecht der Ansicht, dem Kläger stehe das Kindergeld für den Zeitraum Oktober 2008 bis Dezember 2008 aufgrund der ursprünglichen Berechtigtenbestimmung vom 4.4.2005 zu (§ 64 Abs. 2 S. 2 EStG).
Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld aufgrund des sog. Obhutsprinzips demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 S. 1 EStG). Wohnen die Eltern eines Kindes zusammen mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt, so bestimmen sie nach § 64 Abs. 2 S. 2 EStG untereinander den Berechtigten. Dies geschieht üblicherweise durch den Kindergeldantrag (§ 67 EStG). Trennen sich die Eltern eines Kindes und leben sie fortan in verschiedenen Haushalten, so verliert eine früher getroffene Berechtigtenbestimmung in der Regel ihre Bedeutung, weil dann das Kindergeld zwingend an den Elternteil zu zahlen ist, in dessen Haushalt das Kind nunmehr lebt (§ 64 Abs. 2 S. 1 EStG). Eine vormals getroffene Berechtigtenbestimmung wird daher mit der Auflösung des gemeinsamen Haushalts gegenstandslos, ohne dass es eines Widerrufs bedarf.
Nur ausnahmsweise, wenn das Kind nach der Trennung der Eltern in etwa annähernd gleichwertigem Umfang bei beiden Elternteilen lebt, wirkt die vor der Trennung getroffene Berechtigtenbestimmung fort. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall jedoch nicht vor, da sich das Kind nach der Trennung der Eltern nicht mehr im Haushalt beider Elternteile, sondern nur noch im Haushalt der Mutter aufhielt. Diese wurde dadurch vorrangig kindergeldberechtigt. Die am 24.4.2008 vollzogene Trennung führte zu einer Zäsur, welche die Rechtswirkungen der früheren gemeinsamen Willensbildung der Eltern entfallen ließ. Aus diesem Grund war eine neue Berechtigtenbestimmung erforderlich, als der Vater und die Mutter nach der Trennung vorübergehend wieder einen gemeinsamen Haushalt bildeten.
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