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Zur Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt

BFH 15.4.2015, I R 44/14

Eine Ver­bind­lich­keit, die nach ei­ner im Zeit­punkt der Über­schul­dung ge­trof­fe­nen Rangrück­tritts­ver­ein­ba­rung nur aus einem zukünf­ti­gen Bi­lanz­ge­winn und aus einem et­wai­gen Li­qui­da­ti­onsüber­schuss zu til­gen ist, un­ter­liegt dem Pas­si­vie­rungs­ver­bot des § 5 Abs. 2a EStG 2002. Be­ruht der hier­durch aus­gelöste Weg­fall­ge­winn auf dem Ge­sell­schafts­verhält­nis, ist er durch den An­satz ei­ner Ein­lage in Höhe des wert­hal­ti­gen Teils der be­trof­fe­nen For­de­run­gen zu neu­tra­li­sie­ren (Recht­spre­chungs­kor­rek­tur).

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH. Sie hatte von ih­rer Mut­ter­ge­sell­schaft (E-GmbH) im Zuge ei­ner Kon­zern­um­struk­tu­rie­rung Dar­le­hen i.H.v. 7 Mio. € so­wie 2,6 Mio. US-Dol­lar er­hal­ten. Für beide Dar­le­hen wur­den in ge­son­der­ten Ur­kun­den zur Ab­wen­dung der Über­schul­dung Rangrück­tritte ver­ein­bart, wo­nach sich sie Til­gung und Ver­zin­sung der Dar­le­hen nur aus künf­ti­gen Bi­lanz­ge­win­nen oder aus et­wai­gen Li­qui­da­ti­onsüber­schüssen er­ge­ben sollte. Für den Fall der In­sol­venz sollte die E-GmbH auf den Rang des § 199 S. 2 InsO zurück­tre­ten.

In ih­rem für das Streit­jahr 2005 er­stell­ten Jah­res­ab­schluss pas­si­vierte die Kläge­rin die Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten. Im An­schluss an eine Außenprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt die An­sicht, dass § 5 Abs. 2a EStG 2002 der Pas­si­vie­rung der ge­genüber der E-GmbH be­ste­hen­den Ver­bind­lich­kei­ten in der Steu­er­bi­lanz der Kläge­rin ent­ge­gen­stehe. Die Behörde änderte den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trag, setzte die Körper­schaft­steuer ent­spre­chend fest und lehnte die Fest­stel­lung ei­nes ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags für Zwecke der Fest­set­zung der Körper­schaft­steuer ab.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Ent­ge­gen der An­sicht des FG war die Kläge­rin nicht be­rech­tigt, in ih­rer Steu­er­bi­lanz die ge­genüber der E-GmbH be­ste­hen­den Dar­le­hens­schul­den zu pas­si­vie­ren.

Zwar war das FG noch zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der han­dels­recht­li­che Be­griff des Bi­lanz­ge­winns das Jah­res­er­geb­nis (Jah­resüber­schuss oder -fehl­be­trag), den Ge­winn- oder Ver­lust­vor­trag so­wie die Verände­run­gen der Rück­la­gen um­fasst. Je­doch hatte es nicht hin­rei­chend gewürdigt, dass der Ge­winn­be­griff i.S.v. § 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht nur auf den Steu­er­bi­lanz­ge­winn ab­stellt, son­dern - ent­spre­chend Wort­laut und Sinn der Re­ge­lung - auch den Sach­ver­halt er­fasst, dass die be­trof­fe­nen Ver­pflich­tun­gen nur aus künf­ti­gen (han­dels­recht­li­chen) Jah­resüber­schüssen zu erfüllen sind. So­mit konnte auch für die hier ge­trof­fene Ver­ein­ba­rung, die For­de­run­gen der E-GmbH aus künf­ti­gen Bi­lanz­ge­win­nen zu erfüllen, nichts an­de­res gel­ten.

Es war dem FG auch darin bei­zu­pflich­ten, dass eine sol­che Ab­rede dann mit ei­ner im vor­ge­nann­ten Sinne ak­tu­el­len wirt­schaft­li­chen Be­las­tung der Vermögens­lage des Schuld­ners ver­bun­den sein kann, wenn die Ver­pflich­tung aus dem sich auf­grund der Auflösung ei­ner Ka­pi­talrück­lage er­ge­ben­den Bi­lanz­ge­winn ge­tilgt wird. Gleich­wohl war zu be­ach­ten, dass die For­de­run­gen der E-GmbH nur aus einem zukünf­ti­gen Bi­lanz­ge­winn der Kläge­rin zu til­gen wa­ren und sich nach den Verhält­nis­sen des Bi­lanz­stich­tags selbst im Fall der Auflösung der Ka­pi­talrück­lage kein Bi­lanz­ge­winn hätte ein­stel­len können. Folge hier­von war zu­gleich, dass die ge­genüber der E-GmbH be­ste­hen­den Ver­pflich­tun­gen i.S.v. § 5 Abs. 2a EStG 2002 auch nur im Fall der Er­zie­lung künf­ti­ger Ge­winne zu erfüllen wa­ren.

Der Tat­be­stand des § 5 Abs. 2a EStG 2002 wurde nicht des­halb aus­ge­schlos­sen, weil die Kläge­rin nicht nur ver­pflich­tet war, die For­de­run­gen der E-GmbH aus ih­rem zukünf­ti­gen Bi­lanz­ge­winn, son­dern auch aus et­wai­gen Li­qui­da­ti­onsüber­schüssen zu til­gen. Zwar han­delt es sich beim Li­qui­da­ti­onsüber­schuss um das Vermögen, das im Fall der Li­qui­da­tion nach Veräußerung der Wirt­schaftsgüter und Be­glei­chung al­ler (übri­gen) Ver­bind­lich­kei­ten ver­bleibt; dem­gemäß be­tref­fen die Zah­lungs­pflich­ten aus einem Li­qui­da­ti­onsüber­schuss be­reits das ge­genwärtige Vermögen, sie be­las­ten aber das ge­genwärtige Vermögen (noch) nicht, da nach dem Grund­satz der Un­ter­neh­mens­fortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) der Li­qui­da­ti­ons­fall (noch) nicht berück­sich­tigt zu wer­den braucht und die Rück­la­gen bis zu die­sem Zeit­punkt noch in vol­lem Um­fang zur Ver­lust­de­ckung und zur Be­frie­di­gung der an­de­ren Gläubi­ger zur Verfügung ste­hen.

Die tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen er­laub­ten je­doch noch keine ab­schließende Be­ur­tei­lung dazu, ob der aus der Aus­bu­chung der Ver­bind­lich­kei­ten sich er­ge­bende Ge­winn um den An­satz ei­ner ver­deck­ten Ein­lage zu kürzen ist. Zwar hat der Se­nat bis­her ver­tre­ten, dass Dar­le­hen, die aus künf­ti­gen Ge­win­nen zu til­gen sind, nicht die Funk­tion von zusätz­li­chem Ei­gen­ka­pi­tal zu­kommt. Hieran hält er je­doch nicht mehr fest. Maßgeb­lich für diese Recht­spre­chungs­kor­rek­tur ist, dass der Ein­la­ge­tat­be­stand durch die Zuführung ei­nes Wirt­schafts­guts ge­kenn­zeich­net ist und hierzu nach ständi­ger Recht­spre­chung nicht nur der An­satz oder die Erhöhung ei­nes Ak­tiv­pos­tens, son­dern auch der Weg­fall oder die Ver­min­de­rung ei­nes Pas­siv­pos­tens zu rech­nen ist. Zum an­de­ren un­ter­liegt der steu­er­recht­li­che Ein­la­ge­be­griff nicht dem Maßgeb­lich­keits­grund­satz, son­dern geht mit Rück­sicht auf seine ei­genständi­gen Re­ge­lungs­zwe­cke über die­sen hin­aus.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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