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Rücklage für Ersatzbeschaffung für den Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils

FG Münster 23.6.2016, 2 K 3762/12 G,F

Es ist an­er­kannt, dass ein Wirt­schafts­gut auch durch Veräußerung aus dem Be­triebs­vermögen aus­schei­den und der ent­spre­chende Veräußerungs­ge­winn Ge­gen­stand der Rück­lage sein kann. Die Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung ist eine auf Bil­lig­keits­erwägun­gen be­ru­hende Aus­nahme von den all­ge­mei­nen, in § 4 Abs. 1 EStG zum Aus­druck kom­men­den Ge­winn­rea­li­sie­rungs­grundsätzen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin er­bringt Dienst­leis­tun­gen im Be­reich der Ent­sor­gung und hält eine Viel­zahl von Be­tei­li­gun­gen an Ge­sell­schaf­ten, die eben­falls in die­sem Be­reich tätig sind. Mit Wir­kung vom 1.7.2002 brachte sie einen Teil­be­trieb gem. § 20 Um­wStG ge­gen die Gewährung von Ge­sell­schafts­an­tei­len in die BT-GmbH ein. Da­nach war die Kläge­rin mit 49 % an der BT-GmbH be­tei­ligt. Die übri­gen 51 % der An­teile hielt die BC-GmbH des Krei­ses. Die An­teile der Kläge­rin an der BT-GmbH wa­ren in­folge des steu­erneu­tra­len Ein­brin­gungs­vor­gangs für die fol­gen­den sie­ben Jahre nach der Ein­brin­gung als sog. ein­brin­gungs­ge­bo­rene An­teile steu­er­ver­haf­tet.

Am 3.7.2002 schlos­sen die Kläge­rin und die BC-GmbH einen Kon­sor­ti­al­ver­trag mit dem Ziel, den bei der BC-GmbH an­ge­sie­del­ten Auf­trag zur um­fas­sen­den Durchführung der Auf­ga­ben der öff­ent­lich-recht­li­chen Ab­fall­ent­sor­gung im Kreis auf die BT-GmbH zu über­tra­gen. Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 21.12.2005 veräußerte die Kläge­rin ihre An­teile an der BT-GmbH an die BC-GmbH. Dem Ver­kauf der An­teile war die Ein­lei­tung ei­nes Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­rens der EU ge­gen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land vor­aus­ge­gan­gen. Die EU-Kom­mis­sion ver­trat die An­sicht, dass die BC-GmbH durch die Ver­gabe der Müll­ent­sor­gungs­leis­tun­gen ohne eu­ro­pa­weite Aus­schrei­bung di­rekt an die BT-GmbH ge­gen die Richt­li­nie 92/50/EWG ver­stoßen habe.

Die Kläge­rin be­han­delte den durch den Ver­kauf der An­teile an der BT-GmbH er­ziel­ten Veräußerungs­ge­winn als sons­ti­gen außer­or­dent­li­chen Er­trag. Die­sen neu­tra­li­sierte sie in vol­ler Höhe durch die Bil­dung ei­nes Son­der­pos­tens mit Rück­la­gen­an­teil gem. R 6.6 EStR 2005 (früher R 35 EStR). Nach ei­ner Be­triebsprüfung bei der Kläge­rin für die Jahre 2005 bis 2007 ge­langte der Prüfer zu der Auf­fas­sung, dass die Bil­dung ei­ner Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung und die Über­tra­gung der durch die Veräußerung rea­li­sier­ten stil­len Re­ser­ven auf die an­ge­schaff­ten Be­tei­li­gun­gen man­gels ei­nes dro­hen­den behörd­li­chen Ein­griffs nicht möglich sei. Das Fi­nanz­amt folgte die­sen Fest­stel­lun­gen.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Bil­dung ei­ner Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung und die Min­de­rung der An­schaf­fungs­kos­ten für den Er­werb der Be­tei­li­gung nach den Grundsätzen zur Bil­dung der Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung zum Aus­gleich der durch die Veräußerung der An­teile an der BT-GmbH auf­ge­deck­ten stil­len Re­ser­ven zu Recht ab­ge­lehnt. Die Vor­aus­set­zun­gen zur Ver­mei­dung ei­ner Ge­winn­rea­li­sie­rung nach den Grundsätzen zur Bil­dung ei­ner Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung la­gen nicht vor.

Die Veräußerung der An­teile an der BT-GmbH er­folgte nicht zur Ver­mei­dung ei­nes behörd­li­chen Ein­griffs. Zur Ver­mei­dung ei­nes behörd­li­chen Ein­griffs schei­det ein Wirt­schafts­gut aus dem Be­triebs­vermögen aus, wenn eine ent­spre­chende Maßnahme ernst­lich droht. Da­bei ist an­er­kannt, dass ein Wirt­schafts­gut auch durch Veräußerung aus dem Be­triebs­vermögen aus­schei­den und der ent­spre­chende Veräußerungs­ge­winn Ge­gen­stand der Rück­lage sein kann. Ein sol­cher Fall war hier nicht ge­ge­ben, denn das Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren der EU-Kom­mis­sion rich­tete sich nicht ge­gen die Kläge­rin, son­dern ge­gen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land.

Un­abhängig da­von, ob die Veräußerung der An­teile an der BT-GmbH zur Ver­mei­dung ei­nes behörd­li­chen Ein­griffs er­folgt war, la­gen die Vor­aus­set­zun­gen für die Bil­dung ei­ner Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung je­den­falls auch des­halb nicht vor, weil es sich bei den von der Kläge­rin an­ge­schaff­ten Be­tei­li­gun­gen nicht um funk­ti­ons­glei­che Er­satz­wirt­schaftsgüter han­delte. Die Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung ist eine auf Bil­lig­keits­erwägun­gen be­ru­hende Aus­nahme von den all­ge­mei­nen, in § 4 Abs. 1 EStG zum Aus­druck kom­men­den Ge­winn­rea­li­sie­rungs­grundsätzen. Dem Steu­er­pflich­ti­gen, der ohne sei­nen Wil­len in eine Zwangs­lage ge­ra­ten ist, soll die Ent­schädi­gung un­ge­schmälert für eine Er­satz­be­schaf­fung zur Verfügung ste­hen. Diese Erwägung recht­fer­tigt es, dass zur Bil­dung ei­ner Rück­lage für Er­satz­be­schaf­fung an die Stelle der aus dem Be­triebs­vermögen aus­ge­schie­de­nen Wirt­schaftsgüter funk­ti­ons­glei­che Er­satz­ge­genstände tre­ten müssen, also Wirt­schaftsgüter "die in einem ge­wis­sen Grade als mit den ver­nich­te­ten iden­ti­sch zu be­trach­ten sind und da­her eine Über­tra­gung stil­ler Re­ser­ven nahe le­gen". Diese Vor­aus­set­zun­gen la­gen hier nicht vor.

Link­hin­weis:

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