Der Sachverhalt:
Die Klägerin erbringt Dienstleistungen im Bereich der Entsorgung und hält eine Vielzahl von Beteiligungen an Gesellschaften, die ebenfalls in diesem Bereich tätig sind. Mit Wirkung vom 1.7.2002 brachte sie einen Teilbetrieb gem. § 20 UmwStG gegen die Gewährung von Gesellschaftsanteilen in die BT-GmbH ein. Danach war die Klägerin mit 49 % an der BT-GmbH beteiligt. Die übrigen 51 % der Anteile hielt die BC-GmbH des Kreises. Die Anteile der Klägerin an der BT-GmbH waren infolge des steuerneutralen Einbringungsvorgangs für die folgenden sieben Jahre nach der Einbringung als sog. einbringungsgeborene Anteile steuerverhaftet.
Die Klägerin behandelte den durch den Verkauf der Anteile an der BT-GmbH erzielten Veräußerungsgewinn als sonstigen außerordentlichen Ertrag. Diesen neutralisierte sie in voller Höhe durch die Bildung eines Sonderpostens mit Rücklagenanteil gem. R 6.6 EStR 2005 (früher R 35 EStR). Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2005 bis 2007 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und die Übertragung der durch die Veräußerung realisierten stillen Reserven auf die angeschafften Beteiligungen mangels eines drohenden behördlichen Eingriffs nicht möglich sei. Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und die Minderung der Anschaffungskosten für den Erwerb der Beteiligung nach den Grundsätzen zur Bildung der Rücklage für Ersatzbeschaffung zum Ausgleich der durch die Veräußerung der Anteile an der BT-GmbH aufgedeckten stillen Reserven zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung nach den Grundsätzen zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung lagen nicht vor.
Die Veräußerung der Anteile an der BT-GmbH erfolgte nicht zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs. Zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs scheidet ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen aus, wenn eine entsprechende Maßnahme ernstlich droht. Dabei ist anerkannt, dass ein Wirtschaftsgut auch durch Veräußerung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und der entsprechende Veräußerungsgewinn Gegenstand der Rücklage sein kann. Ein solcher Fall war hier nicht gegeben, denn das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission richtete sich nicht gegen die Klägerin, sondern gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Unabhängig davon, ob die Veräußerung der Anteile an der BT-GmbH zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs erfolgt war, lagen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung jedenfalls auch deshalb nicht vor, weil es sich bei den von der Klägerin angeschafften Beteiligungen nicht um funktionsgleiche Ersatzwirtschaftsgüter handelte. Die Rücklage für Ersatzbeschaffung ist eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahme von den allgemeinen, in § 4 Abs. 1 EStG zum Ausdruck kommenden Gewinnrealisierungsgrundsätzen. Dem Steuerpflichtigen, der ohne seinen Willen in eine Zwangslage geraten ist, soll die Entschädigung ungeschmälert für eine Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen. Diese Erwägung rechtfertigt es, dass zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung an die Stelle der aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter funktionsgleiche Ersatzgegenstände treten müssen, also Wirtschaftsgüter "die in einem gewissen Grade als mit den vernichteten identisch zu betrachten sind und daher eine Übertragung stiller Reserven nahe legen". Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
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