Der Sachverhalt:
Die Klägerin hat als zuständige Einzugsstelle einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen des Nichtabführens der für mehrere Arbeitnehmer der U-GmbH für den Monat September 2002 geschuldeten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung geltend gemacht. Der Beklagte war (jedenfalls) seit Anfang September 2002 nach seinen Angaben als Lagerarbeiter und Fahrer für die GmbH tätig. Er erwarb von dem Schwager seiner Ehefrau, der Mehrheitsgesellschafter blieb, einen Geschäftsanteil von 10 % an der GmbH. Mit Beschluss vom 19.9.2002 wurde der Beklagte Geschäftsführer der GmbH. Im Februar 2003 wurde er wieder abberufen und veräußerte seine Geschäftsanteile.
Der Beklagte legte im November 2013 Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein und machte geltend, dass die öffentliche Zustellung unwirksam sei. Das LG verwarf den Einspruch wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig. Das Berufungsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Rechtsfehlerhaft hatte das Berufungsgericht aus der Feststellung der objektiven Pflichtwidrigkeit gefolgert, es sei Sache des Beklagten, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er nicht zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Damit hatte es die für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB maßgebende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Vielmehr trägt der Sozialversicherungsträger, der den Geschäftsführer einer GmbH wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266a Abs. 1 StGB in Anspruch nimmt, für den Vorsatz des Beklagten die Darlegungs- und Beweislast auch dann, wenn die objektive Pflichtwidrigkeit des beanstandeten Verhaltens feststeht. Die danach erforderliche positive Feststellung, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt habe, war im vorliegenden Berufungsurteil jedoch unterblieben.
Dieser Rechtsirrtum des Berufungsgerichts erwies sich auch nicht deshalb ohne weiteres als unschädlich, weil den Geschäftsführer einer GmbH, der wegen des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, grundsätzlich eine sekundäre Darlegungslast trifft. Ob ein Parteivortrag der sekundären Darlegungslast genügt, hat der Tatrichter im Einzelfall zu beurteilen. Dabei ist zu beachten, dass sich der Umfang der sekundären Darlegungslast einerseits nach der Intensität des Sachvortrags der beweisbelasteten Partei richtet und er andererseits seine Grenze in der Zumutbarkeit der den Prozessgegner treffenden Offenbarungspflicht findet.
Die Annahme des Berufungsgerichtes, die Klageforderung sei nicht verjährt, weil die Verjährung durch wirksame öffentliche Zustellung der Klageschrift im Januar 2006 rechtzeitig vor dem Ablauf der Verjährungsfrist Ende 2006 gehemmt worden sei, war gleichfalls rechtsfehlerhaft. Denn durch eine öffentliche Zustellung der Klageschrift, die unwirksam ist, weil ihre Voraussetzungen für das bewilligende Gericht erkennbar nicht vorgelegen haben, wird die Verjährung nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die ordnungsgemäße Anmeldung eines Wohnsitzes im Ausland rechtfertigt für sich genommen noch nicht die eine öffentliche Zustellung ausschließende Feststellung, der Aufenthaltsort sei nicht allgemein unbekannt. Die Voraussetzungen des § 185 Nr. 1 ZPO waren auch durch die Nachforschungen der Klägerin nicht dargetan worden. Denn aufgrund der wenigen Angaben in der Klageschrift hätte die öffentliche Zustellung nicht bewilligt werden dürfen. Die Klägerin hatte nur zwei Auskünfte des Einwohnermeldeamtes eingeholt, die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung mehr als ein Jahr zurückgelegen hatten und schon deshalb nicht als zeitnaher Nachweis für einen unbekannten Aufenthalt genügten.
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