Der Sachverhalt:
Die Klägerin war als Angestellte bei der X-GmbH tätig gewesen. Deren alleinige Gesellschafterin hatte u.a. der Klägerin bei einer Veranstaltung im März 2007 einen Scheck überreicht. In einem Begleitschreiben hieß es, es handele sich um eine Schenkung, über die das zuständige Finanzamt informiert worden sei. Die Klägerin löste den Scheck i.H.v. 5.200 € ein. Eine Schenkungsteuererklärung gab sie wegen des Freibetrags nicht ab.
Der Berichterstatter des FG teilte mit, eine Terminierung sei nicht absehbar. Im Dezember 2011 erhoben die Kläger Verzögerungsrüge. Daraufhin erläuterte der Vorsitzende, dass wegen der Geschäftslage in absehbarer Zeit nicht mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Im Oktober 2012 erhoben die Kläger eine zweite und im April 2013 eine dritte Verzögerungsrüge.
Im April 2013 lud das FG zur mündlichen Verhandlung am 7.5.2013. Kurz vor dem Termin übermittelte das Finanzamt einen durch die Kläger persönlich gestellten Antrag, das Ruhen des Einspruchsverfahrens anzuordnen, bis der BFH rechtskräftig über die Revisionsverfahren in gleichgelagerten Fällen entschieden habe. Der Prozessbevollmächtigte erläuterte, es handele sich um ein Missverständnis. Mit Urteil vom 7.5.2013, zugestellt am 17. bzw. 28.5.2013, wies das FG die Klage ab. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin begehrten die Kläger Entschädigung nach § 198 GVG. Der BFH gab der Klage statt.
Gründe:
Die Dauer des Ausgangsverfahrens war im Umfang von zwölf Monaten unangemessen. Dafür ist an jeden der Kläger eine Entschädigung i.H.v. 1.200 € zu leisten.
Der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 S. 1 GVG setzt u.a. die unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens voraus. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gem. § 198 Abs. 1 S. 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 S. 2 GVG nach Art von Regelbeispielen genannten Kriterien bietet kein eindeutiges Bild. Die Schwierigkeit des Verfahrens war im vorliegenden Fall jedenfalls nicht unterdurchschnittlich, seine Bedeutung gemessen an der durch die streitigen Einkünfte verursachten Steuerbelastung im mittleren Bereich. Allerdings hatte das klägerische Vorbringen mit seinen unerheblichen Beweisantritten den Rechtsstreit für das FG komplexer erscheinen lassen als er tatsächlich war.
Der Umfang der Verzögerung ergab sich aus einer Betrachtung des konkreten Verfahrensablaufs. Die erste Phase war entweder bereits im Oktober 2010 oder kurz darauf, spätestens aber im April 2011 beendet. Das FG hätte gut zwei Jahre nach Eingang der Klage und damit im März 2012 mit der Bearbeitung des Verfahrens beginnen müssen. Es war auch nicht deswegen ab April oder Mai 2011 zur vorrangigen Bearbeitung verpflichtet, weil die Kläger im April 2011 vorgetragen hatten, das Verfahren sei Bezugsverfahren für zahlreiche ruhende Einspruchsverfahren. Diese Behauptung war nicht belegt. Die Kläger hatten sich selbst hierauf auch nicht mehr berufen.
Erst mit der im April 2013 verfügten Ladung zur mündlichen Verhandlung hatte das FG das Verfahren weiter betrieben. In vollen Monaten gerechnet war danach das Verfahren von April 2012 bis März 2013 und damit für insgesamt zwölf Monate als verzögert anzusehen. Für diese Verzögerung ist Entschädigung zu zahlen. Liegt ein Grund vor, ein Verfahren zum Ruhen zu bringen, hat das FG das Ruhen aber nicht angeregt, so rechtfertigt dies allein noch nicht, statt einer Entschädigung in Geld lediglich die Feststellung unangemessener Verfahrensdauer auszusprechen.
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