Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Schwester des Erblassers. Der Erblasser war Kommanditist der H-GmbH & Co. KG (H-KG). Weitere Kommanditisten waren O und R. Persönlich haftende Gesellschafterin der H-KG war die H-GmbH. Am 17.12.2012 verkaufte und übertrug die H-KG ihr Anlagevermögen einschließlich aller immaterieller Vermögensgegenstände mit Ausnahme ihrer Anteile an verbundenen Unternehmen sowie ihrer Forderungen diesen gegenüber mit Wirkung ab dem 1.1.2013 an die A-GmbH & Co. KG. Ferner verkaufte die H-KG ihr Vorratsvermögen mit Wirkung ab dem 1.1.2013 an die AA Gesellschaft mbH. Diese trat mit Wirkung ab dem 1.1.2013 in die mit der H-KG bestehenden Arbeitsverhältnisse ein.
Das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Klägerin zuständige Finanzamt forderte mit Schreiben vom 29.7.2015 beim beklagten Finanzamt eine gesonderte Feststellung des Wertes des Anteils des Erblassers an der H-KG an. Die Klägerin gab am 10.9.2015 beim beklagten Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, mit der sie den Wert des Anteils des Erblassers an der H-KG mit einem negativen Wert angab. Hierzu gelangte sie, indem sie das positive Kapitalkonto des Erblassers mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammenrechnete. Das beklagte Finanzamt stellte der Klägerin gegenüber den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG auf den 7.5.2014 fest. Dabei folgte es im Wesentlichen den Angaben der Klägerin in ihrer Feststellungserklärung, rechnete das positive Kapitalkonto des Erblassers jedoch nicht mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das beklagte Finanzamt hat den Wert des Anteils des Erblassers an der H-KG zu Recht mit einem positiven Wert festgestellt.
Nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG ist der Wert eines Anteils am Betriebsvermögen gesondert festzustellen, wenn er für die Erbschaftsteuer von Bedeutung ist. Nach § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Einen Gewerbebetrieb bilden nach § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 BewG insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die Gesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 S. 2 EStG gehören. Anders als die Klägerin meint, handelte es sich bei dem Anteil des Erblassers an der H-KG am Bewertungsstichtag (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11, 12 Abs. 5 ErbStG) um Betriebsvermögen i.S.d. §§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1, 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG. Die Annahme von Betriebsvermögen setzt nicht voraus, dass sich der Betrieb noch in einer werbenden Phase befindet.
Vielmehr liegt Betriebsvermögen über das Ende der werbenden Tätigkeit einer Personengesellschaft hinaus so lange vor, wie an dem jeweiligen Stichtag noch positives oder negatives Betriebsvermögen vorhanden ist. Zu dem negativen Betriebsvermögen gehören insbesondere betrieblich begründete Verbindlichkeiten. Deshalb ist auch für eine Personengesellschaft, deren Auflösung beschlossen ist und die sich im Stadium der Liquidation befindet, noch gem. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG ein Wert festzustellen. Ertragsteuerlich führt die Auflösung einer Kommanditgesellschaft nicht dazu, dass der Betrieb der Personengesellschaft dadurch aufgegeben oder veräußert wird. Die Gesellschaft tritt vielmehr in ein Abwicklungsstadium ein. Sie betreibt in dieser Phase der Verwertung des Gesellschaftsvermögens ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 EStG. Das gilt auch dann, wenn sie jedwede werbende Tätigkeit eingestellt hat.
Das beklagte Finanzamt hat den Wert des Anteils des Erblassers an der H-KG zutreffend ermittelt. Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG ist der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BewG genannten Personengesellschaft dergestalt zu ermitteln und aufzuteilen, dass die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung ist es nicht zulässig, ein positives Kapitalkonto des Gesellschafters, dessen Anteil zu bewerten ist, mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten zu saldieren. Insbesondere ist hiernach eine Bereinigung des dem betreffenden Gesellschafter zuzurechnenden positiven Kapitalkontos mit etwaigen negativen Kapitalkonten anderer Gesellschafter nicht vorgesehen.
Im Rahmen von § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG ist vielmehr nur der Anteil des Erblassers zu bewerten, der Gegenstand des Erwerbs (§ 12 Abs. 5 ErbStG) ist. Maßgebend ist hierbei nur der Wert des Anteils des Erblassers am Bewertungsstichtag (§ 12 Abs. 5 ErbStG). Es kommt mithin nicht darauf an, wie sich die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft nach dem Bewertungsstichtag (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11, 12 Abs. 5 ErbStG) auseinandersetzen (§§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Gem. § 155 Abs. 1 HGB sind nämlich erst nach der Berichtigung der Schulden etwaige aktive und passive Liquidationsanteile unter den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft auszugleichen.
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