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Zur irreführenden Werbung mit Testergebnissen

OLG Frankfurt a.M. 22.5.2014, 6 U 24/14

Eine nach § 11 I 1 Nr. 2 HWG n.F. ver­bo­tene Wer­bung mit ei­ner Emp­feh­lung kann auch dann vor­lie­gen, wenn die Emp­feh­lung nach dem In­halt der Wer­bung nicht von ei­ner natürli­chen Per­son, son­dern von ei­ner Or­ga­ni­sa­tion ab­ge­ge­ben wurde. Die Wer­bung für ein Arz­nei­mit­tel mit dem einem Tes­tin­sti­tut zu­ge­schrie­bene "Ge­samt­ur­teil sehr gut" ist ir­reführend, wenn sie den - un­zu­tref­fen­den - Ein­druck er­weckt, Ge­gen­stand des Tests sei auch Wirk­sam­keit des Arz­nei­mit­tels ge­we­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler ist ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein, der gemäß sei­ner Sat­zung im In­ter­esse sei­ner Mit­glie­der aus dem Be­reich der Arz­nei­mit­tel­bran­che u.a. die Ein­hal­tung der Lau­ter­keits­vor­schrif­ten für die Wer­bung mit Heil­mit­teln über­wacht. Die An­trags­geg­ne­rin stellt Phar­ma­pro­dukte her. Sie hatte im Sep­tem­ber 2010 in ei­ner Zeit­schrift eine An­zeige für ein nicht ver­schrei­bungs­pflich­ti­ges Arz­nei­mit­tel ge­gen Na­gel­pilz ge­schal­tet und darin auf ein "ÖKO-TEST Ge­samt­ur­teil sehr gut" ver­wie­sen.

Der An­trag­stel­ler ver­langte von der An­trags­geg­ne­rin, es zu un­ter­las­sen, für das Fer­ti­garz­nei­mit­tel mit der An­gabe "ÖKO-TEST Ge­samt­ur­teil sehr gut" zu wer­ben. Das LG gab der einst­wei­lige Verfügung zunächst statt und stützte seine Ent­schei­dung auf §§ 3, 4, 8, 12 ff. UWG, § 11 HWG. Nach­dem die An­trags­geg­ne­rin gem. §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO die Auf­he­bung der einst­wei­li­gen Verfügung we­gen veränder­ter Umstände be­gehrt hatte, hob es die einst­wei­lige Verfügung wie­der auf und wies den An­trag zurück.

Grund­lage der einst­wei­li­gen Verfügung sei das Ver­bot in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG a.F. ge­we­sen. Die Neu­fas­sung mit ih­rer Be­zug­nahme auf eine Emp­feh­lung von u.a. Wis­sen­schaft­lern und "an­de­ren Per­so­nen, die auf Grund ih­rer Be­kannt­heit zum Arz­nei­mit­tel­ver­brauch an­re­gen können", knüpfe ausdrück­lich an eine natürli­che Per­son an. Die Wer­bung, die Ge­gen­stand der einst­wei­li­gen Verfügung war, ver­stoße da­mit nach neuer Rechts­lage nicht mehr ge­gen das Heil­mit­tel­wer­be­ge­setz.

Auf die Be­ru­fung des An­trag­stel­lers hob das OLG das Ur­teil auf und wies den Auf­he­bungs­an­trag der An­trags­geg­ne­rin zurück. Das Ur­teil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Zu Un­recht hatte das LG an­ge­nom­men, dass das Ver­bot auf die Be­stim­mung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG nach ih­rer im Jahr 2012 in Kraft ge­tre­te­nen Neu­fas­sung nicht mehr gestützt wer­den kann. Denn der An­wen­dungs­be­reich der Vor­schrift ist nicht auf natürli­che Per­so­nen be­schränkt. Viel­mehr ver­mag eine dem Ver­brau­cher gut be­kannte In­sti­tu­tion wie die Zeit­schrift "Öko-Test" eine größere Ein­fluss­nahme zu er­zeu­gen als ein dem Pu­bli­kum na­ment­lich nicht be­kann­ter Wis­sen­schaft­ler, der, wenn er als sol­cher in der Wer­bung er­kenn­bar ist, ohne Zwei­fel in den An­wen­dungs­be­reich des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG fiele.

Die An­gabe "ÖKO-TEST Ge­samt­ur­teil sehr gut" be­zog sich auch auf eine Emp­feh­lung. Der Be­griff "Emp­feh­lung" muss in der Wer­bung nicht ausdrück­lich ver­wen­det wer­den. Es lag aber auf der Hand, dass die Aus­sage von "ÖKO-TEST" ge­eig­net war, bei den Adres­sa­ten der Wer­bung eine den Arz­nei­mit­tel­ver­brauch an­re­gende Wir­kung zu er­zeu­gen. Denn mit der At­tes­tie­rung ei­nes sehr gu­ten Test­er­geb­nis­ses wird un­ter­schwel­lig eine Emp­feh­lung für das Pro­dukt aus­ge­spro­chen. Je­den­falls fas­sen die Ver­brau­cher dies so auf.

Die An­gabe "ÖKO-TEST Ge­samt­ur­teil sehr gut" in der an­ge­grif­fe­nen Wer­bung war letzt­lich ir­reführend i.S.d. § 3 S. 1 HWG. Da­bei kam es nicht dar­auf an, dass der Verfügungs­be­schluss des LG al­lein auf § 11 HWG Be­zug ge­nom­men hatte. Denn war ein ge­gen die kon­krete Ver­let­zungs­form ge­rich­te­ter Verfügungs­an­trag auf ver­schie­dene Be­an­stan­dun­gen gestützt und wurde die Un­ter­las­sungs­verfügung durch das Ge­richt nur mit ei­ner die­ser Be­an­stan­dun­gen begründet, kann sich die Prüfung in­ner­halb ei­nes Auf­he­bungs­ver­fah­rens nach § 927 ZPO auch dar­auf er­stre­cken, ob eine an­dere die­ser Be­an­stan­dung die Auf­recht­er­hal­tung der einst­wei­li­gen Verfügung recht­fer­tigt.

So ist etwa nach § 3 S. 1 HWG eine ir­reführende Wer­bung un­zulässig. Bei ge­sund­heits­be­zo­ge­ner Wer­bung gel­ten da­bei be­son­ders strenge An­for­de­run­gen an die Rich­tig­keit, Ein­deu­tig­keit und Klar­heit der Wer­bung. Die An­gabe "ÖKO-TEST Ge­samt­ur­teil sehr gut" sug­ge­rierte eine um­fas­sende Prüfung des Pro­dukts, wozu ins­be­son­dere die Wirk­sam­keit gehört. In Wahr­heit hatte hier aber nur eine sehr be­grenzte Überprüfung statt­ge­fun­den. Es kam noch hinzu, dass im Text der streit­ge­genständ­li­chen Wer­be­an­zeige ober­halb des Test­sie­gel-Ban­ners ge­rade die Zu­verlässig­keit des Wirk­stoffs her­vor­ge­ho­ben wurde.

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