Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Stiftung. Der Stifter hatte im Juni 1997 ein eigenhändiges Testament mit folgendem (auszugsweisen) Inhalt verfasst:
"... Sollte mir plötzlich und unerwartet einmal etwas zustoßen ..., bestimme ich Folgendes: Mein gesamtes Vermögen Geld, Häuser, Grundstücke, Sparvorhaben, Girokonten, Solarien, Geräte, etc. außerhalb bei Kunden kommen einer allgemein nützlichen A.-Stiftung für ältere durch nicht selbst verschuldete Armut bedrückte deutsche Mitbürger zugute. ... Es dürfen keine Häuser und anderen Objekte verkauft werden. Die Netto-Einnahmen fließen der Stiftung zu. Das Geld auch aus meinen Geldanlagen ... darf nur in die Stiftung fließen und nicht dem Staat Deutschland und auch nicht dem Finanzamt zukommen. Es muss so gewirtschaftet werden, dass keine staatliche Stelle hiervon was bekommt. Die Verwaltung sollte ehrenamtlich erfolgen mit Aufwandsentschädigung für die Verwalter, evtl. Kirche oder andere Personen auf keinen Fall staatlich, denn die haben alle ca. 90 % keine Ahnung. ....".
Der Stifter verstarb im November 2004. Die Klägerin wurde im Januar 2007 gem. § 80 BGB von der Bezirksregierung als rechtsfähig anerkannt. Der Anerkennung der Stiftung lag die eingereichte und unterzeichnete Satzung der Klägerin zugrunde, die der Nachlasspfleger zuvor übermittelt hatte. Der auf die Klägerin ausgestellte Erbschein wurde mit Beschluss des OLG vom 17.12.2008 erstellt, nachdem die Wirksamkeit des Testaments zuvor angefochten worden war. Die Beendigung der Nachlasspflegschaft erfolgte zum 24.2.2010. In den Streitjahren 2005 und 2006 wurden mit dem Stiftungsvermögen Vermietungseinnahmen, Zinseinnahmen sowie weitere Einnahmen erzielt.
Das Finanzamt erkannte die Klägerin nach einer Außenprüfung nicht als gemeinnützig an und setzte die Körperschaftsteuer für 2005 und 2006 fest. Die Klägerin war der Ansicht, selbst wenn man eine rückwirkende Entstehung der Körperschaftsteuerpflicht bejahe, lägen zumindest die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG vor. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin ist zwar subjektiv körperschaftsteuerpflichtig, die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung liegen aber nicht vor.
Die Steuerpflicht begann mit der zivilrechtlich wirksamen Gründung. Die Steuerpflicht begann mit der zivilrechtlich wirksamen Gründung. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind gem. § 80 Abs. 1 BGB das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Das war in den Streitjahren zwar noch nicht der Fall. Die Klägerin galt aber als juristische Person "Stiftung" schon vor dem Tode des Stifters entstanden. Denn nach § 84 BGB gilt eine Stiftung, die erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt wird, für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden. Damit ermöglicht es das Gesetz der Stiftung mit Blick auf § 1923 Abs. 1 BGB, als Erbin Vermögen vom Stifter im Erbgang zu erwerben. Sie ist hinsichtlich des Vermögensanfalls so zu behandeln, als habe sie im Todeszeitpunkt des Stifters bereits existiert und wird durch die gesetzliche Fiktion mit der staatlichen Genehmigung rückwirkend zur Vollerbin.
Die Klägerin war in den Streitjahren nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Danach sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der Körperschaftsteuer befreit. Gem. § 59 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Die tat sächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.
§ 61 Abs. 1 AO schreibt vor, dass eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) nur dann vorliegt, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt wird, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Dabei muss die Satzung gem. § 60 Abs. 2 AO den vorgeschriebenen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift während des ganzen Veranlagungs- oder Bemessungszeitraums entsprechen. Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich.
Im Streitfall lag eine Satzung, die diesen Anforderungen entspricht, in den Streitjahren nicht vor. Sie existiert erst nach Anerkennung der Steuerpflichtigen durch die zuständige Behörde ab dem Jahr 2012. Die Voraussetzung einer Satzung in den Veranlagungszeiträumen der Streitjahre 2005 und 2006 ist auch nicht mit der Anerkennung der Steuerpflichtigen als rechtsfähige Stiftung im Jahr 2012 rückwirkend für die Streitjahre erfüllt. Denn die Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB wirkt sich nicht auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geregelten Voraussetzungen der Steuerbefreiung aus. § 84 BGB fingiert das Entstehen der Stiftung als juristische Person nur für die Zuwendungen des Stifters vor dem Tode des Stifters.
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