Der Sachverhalt:
§ 5 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags beinhaltet, dass die Komplementäre und die geschäftsführende Kommanditistin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind. Nach § 6 des Vertrags bedarf die Veräußerung von Grundbesitz bedarf der Beschlussfassung durch 66 % aller abgegebenen Stimmen. Das Immobilienvermögen der Beklagten besteht aus drei Grundstückskomplexen. In der Gesellschafterversammlung vom 8.7.2005 fassten die Gesellschafter den Beschluss, die Fondsimmobilien mit dem Ziel der Liquidation der Gesellschaft zu vermarkten.
Im Rahmen der Umsetzung dieses Beschlusses fasste die Gesellschafterversammlung unter Beteiligung der geschäftsführenden Kommanditistin am 23.3.2017 den Beschluss, die drei Grundstückskomplexe für 20,5 Mio. € an die F.V.R. AG zu veräußern (von 5.242 vertreten Stimmen entfielen 2.836 auf die F.V.R. AG).
Die Klägerin behauptete der Beschluss sei nichtig, da die F.V.R. AG entsprechend § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG nicht habe mitstimmen dürfen. Ihre auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses gerichtete Klage hatte vor dem LG Erfolg. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Die Gründe:
Das HGB enthält keine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters bei der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über einen Vertrag zwischen der Gesellschaft und ihrem Kommanditisten. Ob auf diese Fälle die Regelung des § 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG analog anzuwenden ist, ist streitig. Dies wird aber in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in weiten Teilen der Lehre bejaht. Die Auffassung ist vorzugswürdig, da § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG Ausfluss eines allgemeinen Grundsatzes ist, dass von einem selbst am Geschäft Beteiligten nicht zu erwarten ist, er werde bei der Stimmabgabe die eigenen Belange denen der Gesellschaf nachstellen, sodass diese verbandsfremden Sonderinteressen durch einen Stimmrechtsausschluss bei Insichgeschäften vor der Einwirkung auf die Verbandsentscheidungen fernzuhalten sind.
Die Annahme eines Stimmverbots scheitert im Streitfall auch nicht daran, dass der Kaufvertrag nicht zwischen der KG und einer ihrer Gesellschafter, sondern zwischen der Gesellschaft und einer oder mehrerer Tochtergesellschaften einer ihrer Kommanditisten geschlossen werden soll. Denn auch bei dieser Konstellation kommt es zu einem Stimmrechtsausschluss, wenn der Gesellschafter mit dem Vertragspartner der Gesellschaft wirtschaftlich so stark verbunden ist, dass das persönliche Interesse mit dem des Vertragspartners gleichzusetzen ist. Maßgebend ist das in der anderweitigen Beteiligung des Gesellschafters verkörperte Interesse, das eine unbefangene Stimmabgabe ausschließt. Dies ist bei Tochtergesellschaften des Gesellschafters der Fall, da er an ihr eine Mehrheitsbeteiligung hat.
Die F.V.R. war auch nicht ausnahmsweise vom Stimmverbot ausgenommen. Eine solche Ausnahme käme nach der BGH-Rechtsprechung nur bei Vorliegen eines sog. körperschaftlichen Sozialakts in Betracht, da der Gesellschafter dabei in erster Linie sein Mitgliedsrecht ausübt. Der streitgegenständliche Beschluss ist jedoch kein körperschaftlicher Sozialakt. Es ging nur noch um die Frage, an wen zu welchem Preis verkauft werden soll. Der Gesellschaftszweck wurde dadurch nicht verändert. Schließlich führt auch die in § 5 Ziffer 1 Gesellschaftsvertrag enthaltene Befreiung der Komplementäre und der geschäftsführenden Kommanditistin nach § 181 BGB nicht dazu, dass der F.V.R. AG ein Stimmrecht zugestanden hätte. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik, da sich § 6 des Gesellschaftervertrags auf Gesellschafterbeschlüsse bezieht und diese regelt.
Aufgrund des Stimmverbots der F.V.R. AG bei der Beschlussfassung vom 23.3.2017 zur Veräußerung der Grundstückskomplexe, sind die von ihr abgegebenen 2.836 Ja-Stimmen nicht zu berücksichtigen. Es fehlt daher an der nach § 6 Abs. 1 lit. a der Satzung für einen Beschluss erforderlichen Mehrheit von 66 % aller abgegebenen Stimmen.
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